Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 28. August 2018

Der Alte Mann, III

Ich esse morgens gern Ei. Gekocht. D.A.M. nicht. Zugegeben es ist eine ambitionierte Aufgabe sich jeden Tag hinzusetzen, und über das Leben des Alten zu schreiben. Denn es passiert nicht mehr viel bei ihm. Nachts wird geschlafen, morgens dann ein neuer Platz zum Schlafen gesucht, Sofa oder Stuhl, geht alles. Wenn ich aufgestanden bin, zieht er nochmal um, in mein Bett. Komme ich nachmittags oder abends wieder, weil ich Dinge getan habe, die zu tun waren, liegt er immer noch im Bett. Man könnte denken, er hat eine Depression.
Aber das herauszufinden ist schwer, den D.A.M. spricht ja kaum. Außer wenn es ums Essen geht und selbst dann gibt es nur kurze Anweisungen. Frage mich, ob bei ihm früher mal mehr los war. Ist er in jungen Jahren mal um die Häuser gezogen? Hatte er aufregende Affären mit Männern und Frauen? War immer klar, welchen Weg er einschlagen wird? Gabe es Zeiten des Zweifels, der Krise, Zeiten, in denen er sich wie der jeder mal klein, traurig und allein gefühlt hat? Hatte er Stress mit seiner Familie? Ich merke, dass ich kaum etwas über seine Familie weiß. habe keine Ahnung von Eltern, von Geschwistern, Partner_Innen.
War er ein scharfer Zahn, der jede Nacht in einem anderen Bett aufwachte? Der die Hühner nicht zufrieden ließ, bis er satt war? Oder war er schon immer so, wie er jetzt ist: Schläfrig, müde, nur aktiv, wenn es um die Nahrunsgaufnahme geht? Nobody knows the trouble he's seen. nobody but him. Er legt kein Zeugnis ab, von nichts. Was er wahrnimmt, ist gleich wieder vergessen. Ein Goldfisch dürfte ein ähnliches Gedächtnis haben wie D.A.M.. Deswegen ist das Umziehen für ihn auch so anstrengend. Er mag das nicht. Ist zuviel Stress, habe ich selber gesehen. Obwohl es diesmal beim Einzug in meine Hütte schon besser ging als beim ersten mal. Da ging er geduckt von Raum zu Raum, sehr ängstlich, weil ihm das alles fremd war. Hatte Angst, dass ihn was anspringen könnte: Ein Handtuch, das zu Boden fällt, eine Gitarre, die unbekannten Lärm macht, ein dröhnender Bass, der gezupft wird. Und all diese Gerüche, die so ganz anders sind.

Auf dem Tisch eine alte Kiwi. Ist faul und leck und hat Schaum vorm Mund. Sie gärt und das ist nicht gut. Die Wespen kommen schon und freuen sich. Da muss ich was machen. Weg damit. D.A.M. ist nicht zu sehen. Wird schon irgendwo ein. Was passiert, wenn er die Wespe fängt? Wird sie ihn stechen? In den Mund? Und wird er es vertragen? Es bleibt unklar, denn bisher hat er noch keine einzige Wespe gefangen. Vielleicht ist es das Alter.

Montag, 27. August 2018

Der Alte Mann, II

Er springt. Vom Boden auf den Schreibtisch. Von dort auf den Stuhl. Habe ein Handtuch auf den Sitz gelegt. Nicht weil D.A.M. inkontinent ist, sondern weil er haart. Immer wenn er am Schreibtisch sitzt und ein Nickerchen hält, verliert er Haare wie blöd. Und dass sind nur die, die ich sehe. Davon ab, passiert nicht viel. John McCain ist tot, aber das interessiert den alten Mann wenig. Auch wenn Donald Trump tot wäre, würde ihn das nicht interessieren.

Habe heute Gitarre gespielt. Im Schlafzimmer. Wollte es nicht direkt neben dem Alten im Wohnzimmer tun. Denke, das ist zu laut oder zu schrill für ihn. Ich habe ein neues Lied komponiert und es einige Male nacheinander durchzuspielen. Um mich zu erinnern und die Ecken und Kanten für mich ein wenig abzuschleifen. Habe dabei wenig an den Alten gedacht. Irgendwann machte ich eine Pause und überlegte, wo er wohl steckt. Befürchtete, er hätte sich vor Schreck über den Lärm unters Bett verzogen. Saß aber im Wohnzimmer und schaute mich durch die offene Tür interessiert an. Seit langem vermute ich. Es schien ihn irgendwie doch zu interessieren.

D.A.M. mag sein Futter trocken. Das Gelee, welches ich ihm immer mitserviere lässt er so lange verdorren, bis es hart ist. dann schmeckt es ihm. Lecker. Es geht aber nichts über seine Cräcker. Oder Cracker. Wie auch immer. Ich will mich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten. Andererseits... warum nicht mal aufhalten lassen?

Wenn ich den Alten sehe, denke ich,dass der sich auch von nichts mehr aufhalten lässt. Er lässt sch von nichts aufhalten, was ihn von einem ausgedehnten Schläfchen abhalten könnte. Dazu legt er sich ins Bett. Mein Bett. Finde ich gut, das ist ein Zeichen von vertrauen, denke ich. Wenn er so lang ausgestreckt, ohne Decke auf der Matratze pennt. Wie hingeflossen liegt er da, die Zierde des gesamten Plattenbaus. Habe vorhin Wäsche aufgehangen und ihm dabei eine Sockenkugel zugeworfen. Dachte, das würde ihm links am Arsch vorbeigehen, aber nein: D.A.M. hat doch noch Spieltrieb in sich und hat die Socken in süßester Manier mit seinen kleinen Beinchen und Nägeln bearbeitet. Es entwickelte sich tatsächlich so etwas wie ein Spiel zwischen uns und das hat mich sehr überrascht, denn so wie ich ihn kenne, weiß ich eins: D.A.M. spielt nie.

Sonntag, 26. August 2018

Der Alte Mann

Freewriting excercise Pt. I

Tag 1
Das hier ist kein Tagebuch. Ich schreibe einfach auf, was mir durch den Kopf geht, wenn es um den alten Mann geht. Es geht nicht um Sinn oder logische Abfolgen. Es geht um das, was mir dazu gerade in den Sinn kommt. Free Writing.

Der Alte Mann. Meine Nachbarin, ist in den Urlaub gefahren, D.A.M. (Der Alte Mann) wollte nicht mit. Also kümmere ich mich um ihn. Wir haben ihn gestern in meine Wohnung gelockt. Mit Milch. Fand er gut. Ich glaube, vieles, was D.A.M. tut, passiert nicht einfach so. Ich glaube, vieles was er tut, ist eine Reaktion auf das, was ich tue. Wenn ich ihm Milch hinstelle, findet er das gut und kommt zu mir rüber. Auch so eine Re-Aktion.

Ich mache morgens etwas Sport. Das scheint ihm völlig unsinnig zu sein. Jedenfalls sitzt er, während ich diverse Workout-Übungen mache, unter dem Bett auf der LKW-Plane, die ich dort verstaut habe und schaut mir ungläubig zu. Ich habe das Gefühl, der alte Mann kann sich nicht vorstellen, warum jemand so etwas machen sollte. Deswegen geht er in Deckung. Vielleicht interpretiert er das, was passiert, auch als feindlichen Akt. Denkt, ich wollte ihn angreifen oder so. Ich weiß es nicht. Weiß eh, wenig, was in dem Alten vorgeht.

Er frisst nicht viel, das war schon mal anders. Er frisst jedenfalls nicht viel, von dem was ich ihm jeden Morgen aufmache. Gestern gab es Fleischstückchen in gelber Glibbersauce. Das hätte ich auch nicht gegessen. Sah aus wie Fleisch in Milch oder Senfsauce. Aber Senf?

D.A.M. isst nicht das, was ich im Kühlschrank habe. Eine Möhre wäre nichts für ihn, ein Kohlblatt auch nicht. Ob er Humus mag? Müsste ich mal probieren. Ich hab gerade eh wenig im Kühlschrank, warum passiert das immer Sonntags? Das Essen von D.A.M. ist in dem Korb, den meine Nachbarin mir für ihn mitgegeben hat. Daran schärft er normalerweise seine Nägel. Deswegen musste der Korb mit rüber. Im Gegenzug habe ich meinen Kontrabass zu meiner Nachbarin gestellt, weil ich nicht wollte, dass D.A.M. daran seine Nägel schärft. Jetzt liegt er auf der Couch und schläft. Das tut er meistens. Couch. Schlafen. Couch. Schlafen. Couch. Schlafen. Dazu Sonne auf dem Rücken. Ab und zu mal strecken. Frage mich manchmal, ob er jetzt gerade vielleicht gestorben ist, während er auf der Couch liegt und ich daneben sitze. Aber dann bewegt er sich wieder. D.A.M. stirbt auch nicht so leicht. Dann würde es sicher auch bald stinken. Sehe außerdem immer wie sich sein Bauch ganz leicht auf und ab bewegt. Süß! Dachte, er könnte mal die Wespe fangen, die mich vorhin geärgert hat. Aber mit Wespen hat er es nicht so. Fliegen könnte er auch mal fangen, aber mit denen hat er es auch nicht so. Ich glaube, D.A.M. hat es mit gar nichts mehr so. Außer trockenen Crackern, die ich ihm jeden Tag hinstelle. Die Cracker sind in einer Blechbox, und die... (Fortsetzung folgt.)

Freitag, 10. August 2018

Hoffest is the neue heiße Dings!

Genau so ist`s! Während sich der der Mob auf immer größeren Festivals zudröhnt, dabei diverse Hangover-, Geschlechts- und Magen-Darm-Krankheiten billigend in Kauf nimmt, entscheidet sich der/die Connaisseur_In heutzutage für die elegante Stadtvariante. Ohne Kommerzbier- und Fress-Monstrositäten und Höher-schneller-lauter-als-Manowar-es-je-waren-Schallanlagen. Braucht man alles nicht!
Feiern kann man auch ohne großen Aufwand im eigenen Karrée, auf der eigenen Betonscholle, im eigenen Kiez. Was nicht heißt, dass Interessierte ausgeschlossen werden, weil sie dort nicht leben. Nur nett zueinander sollte man sein.
Aus gegebenem Anlass möchte ich deshalb für alle, die in den nächsten Wochen in Berlin abhängen, zwei Hoffeste empfehlen:

1. Schon morgen, am 11. August, findet das Hoffest im der Magdalenenstraße 19, einem Hausprojekt in Lichtenberg statt. Was früher mal eine Platte war, in der die Stasi allerlei Bürotätigkeiten verrichtete, ist mittlerweile ein selbstverwaltetes Hausprojekt gewachsen. Gleich sackweise gibt es da dann allerhand coole Unterhaltung. Von der Körperverschönerung (Soli-Tattoo, Kinderschminken, bitte nicht verwechseln) über Kleiderverschönerung (Siebruckwerkstatt) und interessanten Workshops bis zur Fahrradrallye, Kinderbuchlesung, entspannten Infospaziergängen durch den Kiez und einer Wrestlingshow wird alles aufgefahren, was den und die Hoffestbesucher_in interessiert. Dazu kann man immer wieder nett einen Drink nehmen, Sekt, Aperol oder schlicht ein Bierchen - geht alles.

Musik darf bei so einer Veranstaltung natürlich nicht fehlen. Tut sie auch nicht.
Live spielen ab 18 Uhr INFANT SANCHOS (Elektro-Punk, Berlin) und CHERRY BANDORA (Psychedelic-Oriental Party Music).
Anschließend gibt's die große Technosause mit DJs wie Die Babsi, Kaputse, Inc u.a.

Eine Übersicht übers komplette Programm gibt's hier.


Wer eine ordentliche Party-Kondition hat, kann dann eigentlich nahtlos zum nächsten Hoffest übergehen und muss dazu nur in den übernächsten Kiez zeihen. Denn nur eine Woche später, am 18- August, wird in Kreuzberg, am Schlesischen Tor, im Hof der Spiralfabrik gefeiert. Los geht's ab 16 Uhr im Hof u.a. mit entspanntem Singer/Songwriter-Stuff, z.B. vom ehrenwerten Herrn SAM DALE (wohl nicht verwandt mit Dick D. und auch keine Surfmusik spielend, dafür aber der Frontmann von Berlins Partyrockband No. 1 - THE FEMINISTS), RHYE MAN und ANDY KNITTEL; knackigem Soulpunk von MILKY PRAY, Krautrock von STROUM und einem Cumbia-Dub-Set von DJ FREAK ASS E.

Abends, wenn die Sonne langsam hinter den Bergen aus Bierflaschen untergeht und die Pissestrahlen auf der Oberbaumbrücke in ein verwirrend surreales Licht taucht, wird das schönste Schnapsloch im Kiez bespielt. Das genaue Line-Up lässt sich hier einsehen.

In ganz eigener Sache sei dazu gesagt, dass an diesem Abend auch die Kreuzberger Noise-Drum-Bass-Legende ATOMVULKAN BRITZ nach langer krankheits- und verletzungsbedingter Pause mal wieder live zu sehen sein wird - mit dem Herrn Flanell am Bass.
Links zu irgendwelchen Hörproben gibt es vom ATOMVULKAN nicht - die werden nur, auf Traubenzucker gepresst, einem exklusiven Kreis von Interessierten zugereicht und zersetzen sich danach von selbst.