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Dienstag, 24. Februar 2015

Ballad of the homeless Art director

Wut und Zorn steigen in mir hoch.
Je weiter ich die Manteuffelstraße zum Görlitzer Park runterlaufe, um so schlimmer wird es. Mit jedem Stromkasten und jedem Laternenpfahl, den ich passiere, nehmen Flüche und Verwünschungen zu. Denn an jedem dieser Pfeiler und Flächen klebt ein Aushang. Es ist immer der gleiche Zettel. Man findet jeden Tag ähnliche Zettel an den Strom- und Postkästen dieser Stadt. Es sind Wohnungsgesuche. Da ich derzeit keine Wohnung zu vermieten habe, ignoriere ich die meisten. Oft schaue ich auch interessehalber mal drauf, was sich der/diejenige denn so preislich vorstellt. Manche von den Zetteln sind auch überaus sympathisch geschrieben, bei den meisten denke ich, wenn ich die preisliche Einordnung für eine „dringend benötigte“ 1-Zimmer-Suche sehe: Armer Irrer.

Viele von denen, die diese Zettel in der Stadt verteilen, hängen immer noch der romantischen Vorstellung nach, dass es in Kreuzberg reihenweise billigen Mietraum gibt. Dass die Vermieter und Makler und Hausverwaltungen dieser Stadt einen Endorphinausstoß kriegen, wenn sie endlich, endlich, endlich die auf dem Zettel vermerkte Nummer wählen dürfen, um mal jemandem ihre Wohnung andrehen zu können. Vielleicht war das mal so in Kreuzberg. Es muss lange her sein. Die Erinnerungen an solche Zeiten wird in meinem Kopf von einem grauen Nebel der Depression verpackt. „Ach, was waren das für Zeiten, lalalalala…“ pfeife ich dann innerlich die Melodie eines alten Ton-Stene-Scherben-Songs daher, in dem es primär ums Kiffen geht. Vielleicht glauben heute nur noch ein paar verträumte Provinzkiffer, das die Mieten in Kreuzberg so billig sind, wie eine Tonne Haschisch im marokkanischen Bergland.
Wenn ich diese Wohnungszettel also normalerweise wahrnehme, überkommt mich Mitleid ob all dieser Illusionen, die die Verfasser dieser Zettel habenn. Am liebsten würde ich ihnen dann das harte Nudelholz der Realität über den Kopf ziehen. „Billige Wohnungen in Kreuzberg?“ würde ich dann am liebsten schreien. „Vergiß es! Wach einfach mal auf! Hier ist nix mehr billig, nicht mal der Döner, den du gerade in dich reinstopfst.“, würde ich brüllen. Und gleichzeitig rot anlaufen. Multitasking kann ich.


Die Zettel, an denen ich heute vorbeigelaufen bin, sind anders. Die hier verhandelten Wohnungsgesuche wurden von einem Art director aufgehangen. So betitelt er sich selber auf seinem Aushang. Der Art Director ist bereit, für eine 60qm-Wohnung bis zu 900 Euro zu zahlen. Das wäre ein Quadratmeterpreis von knackigen 15 Euro. Dazu ist der junge Mann auch bereit, jedem, der ihm eine Wohnung vermittelt, 1000 Euro Vermittlungsgebühr zu zahlen. Mein Puls fährt langsam in die Höhe, nachdem ich das alles gelesen und realisiert habe. 900 Euro für eine Wohnung. Für eine! Nicht für ein Luxusapartment in Charlottenburg oder ein Hausboot in Flugzeugträgerformat am Müggelsee, sondern für eine stinknormale Wohnung in Kreuzberg. Auf einmal bin ich richtig sauer. Ich würde gern was kaputt treten.

Aber warum werde ich eigentlich so wütend, wenn ich diese Zettel da sehe, auf denen mich auch noch das eigentlich ganz nette Gesicht von dem Art director angrinst? Ist es nur Wut? Ist es Neid, weil der solche Preise zahlen kann? Oder bin ich verärgert, weil ich mich so hilflos fühle? Neid ist es eher nicht, soviel wird mir schnell klar. Es ist eher die Wut darüber, hier am ganz konkreten Beispiel zu sehen, wie Gentrifizierung die Mieten in die Höhe schnellen lässt und somit den Kiez für weniger betuchte Leute unbewohnbar macht. Ich kenne persönlich niemanden, der 900 Euro für eine 60-qm-Wohnung hier zahlen kann. Zwar warm, aber dieses Detail lässt mich gerade kalt.

Der smarte Art Director weiß sicherlich, wie die Mietpreise hier sind. Das Problem ist, dass er 1.) diese Preise wohl zahlen kann und 2.) auch bereit ist, das zu bezahlen. Ich glaube aber nicht, dass er weiß, dass er mit dieser Bereitschaft, einkommensschwächeren Kiezbewohnern die Möglichkeit hier (weiterhin) bzu leben, verbaut. Wenn die Mieten erst mal oben sind, dann werden sie da auch bleiben. Denn in Kreuzberg will man ja auch gern leben. Ist ja schön hier. „Geh doch nach München, Art Director,“ denke ich, während ich auf den Zettel schaue, „da ist es auch schön“. Oder weniger nett gesagt: „Verpiss dich doch, Alter.“
Was kann ich also dagegen tun, dass Menschen, ohne Nachzudenken bereit sind, jeden Preis für eine Wohnung hier im Quartier zu zahlen? Leider überwiegt meine Hilflosigkeit. Zu der Wut gesellt sich jetzt am Spätnachmittag auch eine gewisse Verbitterung, die sich lautmalerisch nur mit „Grmpf“ ausdrücken lässt.
Mir fallen spontan zwei Möglichkeiten ein.

Möglichkeit eins: Ich hole Nägel und Hammer und rufe dann den wohnungssuchenden Art Director an. Gebe vor, eine Wohnung zum aufgerufenen Preis in bester Lage anzubieten und verabrede ein Treffen mit ihm. Beim vereinbarten Termin nagele ich ihm dann seine gesammelten Wohnungsgesuche auf die Stirn und setze ihn ohne Fahrkarte in den nächsten Zug der U1, in dem gerade fünf schlechtgelaunte BVG Kontrolleure unterwegs sind. Das wäre bestimmt machbar, aber das würde das Problem ja nur kurzfristig lösen. Es werden nämlich immer neue Art Directoren kommen; mit dem gierigen Verlangen hier wohnen zu wollen und mit der Bereitschaft, dafür immer absurdere Summen zu zahlen. Und ich kann ja nicht jedem von diesen jungen Leuten was auf die Stirn nageln. Oder doch?

Möglichkeit zwei: Den Informationsfluss unterbrechen. Das ist ganz einfach. Der Typ soll nie eine Wohnung hier im Kiez bekommen, weil niemand weiß, dass er eine sucht. Also reiße ich alle seine Zettel einfach ab. Systematisch von jeder Straßenlaterne, jedem Stromkasten und jedem schwarzen Brett, wo ich sie finde. Damit verhindere ich zwar auch nicht, dass die Mieten weiter steigen, aber mit jedem abgerissenen Zettel, den ich mit Lust zusammenknülle und auch noch draufspucke, geht es mir etwas besser.

Gary Flanell

P.S.: Lieber unbekannter obdachloser Art Director: Ich hoffe, die Wohnungssuche hier frustriert dich trotz deiner unglaublichen Zahlungswilligkeit schon bald so sehr wie alle anderen Umzugswilligen. Und ehrlich, München ist doch auch ganz hübsch.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Kinky, Sarah und Freddy


Nachdem hier unter dem Eindruck des gestrigen Kinky-Friedman-Konzerts der virtuelle Cowbyhut aufgesetzt und in den Sonnenuntergang geritten wurde...

(Kleine Konzertrezi gefällig? Kinky Friedman ist ein Spitzentyp. Und mit 70 unterhaltsamer als manch 25-jähriger-Post-Bachelor-Prä-Burnout-Indiespacken. Dazu auch sehr stilvoll, so ganz in Schwarz mit großem Cowboyhut und großem texanischem Akzent und ganz allein auf der großen Lidobühne. Es gibt Witze aus dem Stand und Songs aus der Akustikgitarre und eine kurze Lesung aus Kinkys neuestem Buch. Manchmal ist der Humor recht schenkelklopfrig, aber das stört aber keinen der Anwesenden im gut gefüllten Lido. Wir sind halt alle Cowboys, die auch mal einen derberen Scherz vertragen. Auf Deutsch wäre manches doch zu sehr in die Mike-Krüger-Ecke gedriftet, aber einem älteren legendären Schriftsteller mit Countrybackground, der sich auch gut in einer Big-Lebowski-Fortsetzung machen würde, verzeiht man einiges. Am Ende lasse ich mir von Kinky einen Fünf-Euro-Schein signieren, der noch in der Nacht seinen Platz auf meinem Altar findet.)

...empfiehlt die Renfield-Crew eine Ausstellung zweier Künstler, die wir hier im Renfield-HQ sehr schätzen:


"Teacup Storms" - An exhibition from Freddy Fudd Pucker & Sarah Steiner. @ Let it be, Treptower Straße 90, 12059 Berlin

Freddy Fudd Pucker a.k.a. Tom Young wird hier eh immer geknuddelt und gelobhudelt. Nicht zuletzt seit er das wirklich wunderbare Cover zur aktuellen Renfield-Ausgabe geschaffen hat und den Herrn Flanell auch bei der Buchpräsentation seiner Kurzgeschichtensammlung "Stuntman unter Wasser" musikalisch unterstützt hat. Sarah Steiner kennt man als eine der treibenden Kräfte hinter den 40-Sekunden-Pop-Wunderwerk ON ON ON und dem Tapelabel TRIM TAB TAPES.
Letzteres wurde in Renfield No. 27 von LRTT* schon einmal vorgestellt - und gibt es jetzt auch hier zum nachlesen.

Als meine Anlage abgeraucht ist, die ich seit meinen Jugendjahren habe, bin ich in einen Laden gegangen, dessen verstaubter Name den Subtext: „Reparaturen & Unterhaltungselektronik“ hatte. In diesem kleinen chaotischen Geschäft habe ich mir einen Technics Amp und ein dazu gehöriges Doppeltapedeck gekauft. Das war 2006. Zum einen weil ich dachte, dass CDs auch in mein Laufwerk passen und zum anderen, weil ich doch noch das eine oder andere Tape habe.

Nachdem ich peu à peu viele der Tapes (und auch Platten) entsorgt hatte, blieben doch bis heute zumindest noch diejenigen, die ich selbst zusammen kompiliert habe oder die mir geschenkt wurden. Und da ist genau der Punkt. Im klassischen Fall, hat man mit einer leeren Kassette Radio-Bootlegs aufgezeichnet und Mixtapes für andere gemacht. Meistens für Menschen, die einem etwas bedeuten. „Home Taping is Killing Music“ sagt für mich demnach genau das Gegenteil aus! Es hat lediglich den kommerziellen Erfolg von Tapes „gekillt“. Derselbe Fluch wurde ein paar Jahre später auch der mp3 nachgesagt. Naja! Mittlerweile befindet sich das kleine Plastikding in irgendeiner Nische und traut sich langsam wieder hervor. Erlebt das Tape ein Comeback?


Die Kassette wird sicher nicht in den Genuss kommen eine Art Renaissance wie das Vinyl zu erfahren. Der Umsatz von Vinyl stieg allein im ersten halben Jahr 2013 um ca. 30%. Ein ähnlicher Erfolg ist bei dem Tape nicht zu erwarten, aber es gibt heute zweifellos eine neue Faszination an diesem Format. In den Statistiken der großen Musikvertriebe wird das Tape weiterhin ignoriert werden, weswegen wir hier nur über Dunkelziffern spekulieren können. Tatsächlich wurden um die Jahrtausendwende über 70 Millionen Musikkassetten in den USA ausgeliefert, während die offiziellen Zahlen behaupten, dass im Wesentlichen keine Tapes vertrieben wurden. Die Kassette macht also den Eindruck etwa so verbreitet zu sein wie Mini-Discs oder DAT. Wenn sich eine Band dazu entscheidet ihre Musik (auch) auf Tape zu veröffentlichen, dann nehmen sie das oft selbst in die Hand, übernehmen die Gestaltung und verkaufen sie auf Tour, was so viel heißt, dass Tapes oft nur gegen Bares über einen improvisierten Merchandise-Tisch gehen.

Zwei Menschen, die die neue Popularität von Tapes gut kennen sind Clooos On und Sarahhh On. Ziemlich genau 50 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Tapes auf der Bildfläche haben die beiden in Berlin ein kleines DIY-Tapelabel namens TrimTabTapes gegründet. Irgendwie aus Versehen und nicht beim Anblick des letzten Kontoauszugs. Beide haben zwar nie so ganz mit dem Tape-Hören aufgehört, doch seit sie selbst in die Produktion gegangen sind, ist das Format mehr in den Fokus ihres Lebens gerückt. Die Leute sollen wieder Tonträger kaufen (können). Sie selbst sagen: CDs sind scheiße und unsexy und Vinyl ist leider nicht so „leicht und billig“ wie das Tape. Nach dem 2007 gegründeten „Record Store Day“, der internationale Tag unabhängiger Plattenläden, gab es am 07. September 2013 den ersten, von Burger Records initiierten „Cassette Store Day“. Kassetten werden auf jeden Fall immer noch verkauft, wenn auch nicht vergleichbar mit anderen Formaten.

Ein Tapelabel zu betreiben ist keine "Hipster"-Sache. Es geht nicht darum, ein Analog-Heini zu sein. Das Medium ist ein Artefakt aus dem Ursprung der Szene, denn tatsächlich sind Kassetten aus der Noise-, Punk- und generell Schrubb-Gitarren-Szene nie verschwunden. Hier konzentriert man sich eher auf eine Art Gesinnung und das Individuelle einer Band, die man heutzutage auch in keine Genreschublade mehr packen kann. CDs sind Einwegware; Zwischenlager für Musik, bevor man sie nach dem Kauf auf den Rechner lädt, so man sie denn überhaupt noch kauft.

Mit einem Tape verbindet einen etwas anderes. Es altert mit dir und ist wie ein akustisches Fotoalbum oder ein Tagebucheintrag. Es ist fast, als wäre das entschleunigte Musikhören ein Protest gegen die Digitalisierung, die alles leicht verfügbar und dadurch scheinbar wertloser macht.

Während CD-Produktionen immer mehr dieser Wertlosigkeit verfallen (es gibt CDs im Rossmann zu kaufen) und LP-Fertigungen lange und kostspielige Großvorhaben sind, kann man ein Tape in kurzer Zeit und mit geringem finanziellen Aufwand produzieren. TrimTabTapes machen das zu Hause. Ihr Kosten belaufen sich auf etwa 1€ pro Stück. Das hängt natürlich davon ab, wie aufwändig das Artwork werden soll, wie ausgefallen die Farben des Tapes und der Snapbox und wie viele Exemplare sie in ihrer Manufaktur überspielen müssen. Vor allem durch das Internet war es noch nie einfacher, ein Label zu starten. Kassetten-Unternehmen sind oft Schlafzimmer-Projekte von Einzelpersonen, die irgendwelche Jobs haben. Da ist es klar, dass sie es sich nicht leisten können, PR-Agenten zu sein oder außerordentliche Label-Promo zu machen.

Bei Clooos On und Sarahhh On ist es genau so. Beide sind nicht hauptberuflich „Tape-Label-Owner“, aber um auch ihr Label etwas wahrnehmbarer zu machen, ist der sogenannte Tapetresen entstanden, der im Grunde ein gemütlicher Kneipenabend ist, der einmal im Monat in einem Berliner Kellerloch stattfindet und zu dem sie selbst und die kommenden Gäste ihre Lieblingstapes hören. Mixtapes, Alben, Aufnahmen eigener Bands werden da von dem Tonkopf abgetastet.

Die Auswahlkriterien der TTT-Crew für die Sachen, die sie auf ihrem Label veröffentlichen, sind simpel und einleuchtend. Die Musik muss gefallen und die Leute, die die Musik machen, müssen coole Säue sein. Im Idealfall kommt die Musik exklusiv nur bei TrimTabTapes raus, das ist aber natürlich nicht zwingend. Es wird kein Vertrag unterschrieben, sondern gemeinsam Hand angelegt. Die Instrumente werden mal kurz zur Seite gestellt und die Bandmitglieder selbst helfen beim Etiketten kleben und Cover schneiden. Alle setzen sich zusammen und basteln gemeinsam am Layout. Meistens verlieben sich Clooos und Sarahhh On in die Musik und lassen sich zu einem bestimmten Artwork inspirieren. Gemeinsam werden dann Entscheidungen über die Kassetten- und Casefarbe, so wie Cover getroffen.

Die beiden kümmern sich dann um die Bestellung der Rohlinge, die fast ausschließlich Ferrochrombänder sind, das Duplizieren, die Werbung und ein wenig um den Vertrieb. Demnach kann man davon ausgehen, dass, wenn man ein TrimTabTape in der Hand hält, es sich hierbei um Musik von KünstlerInnen handelt, die die beiden begeistert. Neben den regulären Musikalben werden aber auch beispielsweise Hörspiele produziert, die zumeist aus der eigenen Feder stammen.

Das Tape-Revival ist natürlich auch ein bisschen nostalgisch. Das ist zwar scheiße, meint Clooos, aber da kommt man irgendwie nicht drum herum, wobei es nicht das Tape an sich ist, so Sarahhh, sondern der Hype der darum gemacht wird. Retromanie ist also nicht ganz das richtige Wort, wenn es um das Interesse an Tapes geht. Das Interesse könnte eher als Beweis für die Unzufriedenheit mit dem aktuellen Musik-Markt gedeutet werden. Musik ist mehr als nur eine Information, die man in eine Cloud lädt oder von DJ Shuffle durch Billigkopfhörer um die Ohren geschleudert kriegt.

Wir haben sie alle schon gesehen, die iPhone-Schutzhüllen im Tapelook oder Tape-Nachbauten, die einen USB-Stick enthalten. Tape ist schick, aber diese Attrappen sind eben keine Tapes! Sarahhh stellt richtig fest, wenn sie sagt, dass Tapes nicht ersetzt werden können, genauso wie das Tape nie das Vinyl oder die CD ersetzen wird. Diese Formate koexistieren und haben lediglich ein unterschiedliches Zielpublikum. Doch die Herausforderung der Gestaltung eines Tapes liegt für sie in dem Format. Es ist kleiner als LP oder CD und nicht quadratisch. Die Möglichkeiten sind vielfältig – da geht es um die Kassette selbst, die Hülle, Sticker, das Inlay und so weiter. Jedes neue Release fordert eine neue Bastel-Session, an der die beiden Freude haben und die natürlich auch Zeit fordert, die sich die meisten Menschen nicht mehr nehmen.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass vermeidlich „jeder“ Song auf den einschlägigen Plattformen, wie Youtube, Spotify und iTunes verfügbar ist. Die meisten betrachten dies als einen Segen. Indem ein Großteil unserer Musikbibliothek auf unseren Smartphones ist und zu allen Zeiten abrufbar, scheinen wir befreit zu sein von der Zufälligkeit der Stimmung, des Orts und der Zeit. Wir haben es unter Kontrolle, welches Gefühl in uns erzeugt werden soll. Das gibt uns Sicherheit und wir werden zum Radiogott. Ich habe festgestellt, dass dies oft dazu führt, dass ich nie weiß, was ich hören soll, obwohl ich mehr als zwanzig tausend Songs auf meinem iPod haben kann. Ich höre selten Radio, aber es löst eine kleine Euphorie aus, wenn zufällig ein Lied, das ich mag, gespielt wird.

Die Kassette, noch mehr als die LP, fokussieren unser Musikhörverhalten, weil es schlicht nicht möglich ist, zu skippen. Wenn du das letzte Lied auf einem Tape hören willst, musst du dir erstmal ein paar Minuten das Vorspulgeräusch anhören und hoffen, dass du den richtigen Zeitpunkt triffst. Vergleichsweise ist es einfach in fünf Minuten zehn verschiedene Filme zu sehen.

Wenn du aber ins Kino gehst, bleibst du bis zum Schluss sitzen – meistens zumindest. Ähnlich ist der Vergleich einer Bilddatei mit einem Ölgemälde. Das Hören einer Kassette ist wie eine Gegenbewegung zur immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitsspanne, die sich im Zuge der Menge an ständig verfügbaren Inhalten, entwickelt hat. Tapes verleiten dazu, dass man konzentrierter zuhört und im Gegensatz zu Vinyl, kann man sie auch unterwegs hören. Zwar wurde die Produktion des Walkman 2010 eingestellt, aber das findet Clooos On richtig scheiße und sicher nicht nur er. Für Sarahhh On, die noch einen Walkman hat, war das absehbar, nachdem die Produktion von Tapes in mehreren Ländern eingestellt wurde. Da setzen sich kleinere und leichtere digitale Gerät mit mehr Speicherplatz durch. Außerdem kann man mit denen auch telefonieren und fotografieren und was weiß ich noch für noch andere dolle Sachen machen.

Ein Tape-Label sollte doch irgendwie ernster genommen werden, da nicht nur Inhalte, sondern auch Gefäße für die Inhalte produziert werden, die ebenfalls eigenständige Kunstwerke sind. Selbst wenn es ein Nischen-Produkt ist, das produziert wird und unvereinbar mit den Musikabspielgeräten, die die breite Masse benutzt. Im Vergleich zu einer Datei auf dem Computer ist es etwas ganz anderes, den Tonträger in den Händen halten zu können. Musik geht dann über sich selbst hinaus, denn man ist bei der Produktion gezwungen sich über Dinge wie die Reihenfolge und Dramaturgie oder gar das Konzept eines Albums Gedanken zu machen, was oft nicht irrelevant für die Musik ist. Ist ein Album doch mehr als die Menge seiner einzelnen Songs.

Kassetten sind nicht nur für Audiophile, aber sie zielen auf die Spürbarkeit der DIY-orientierten Künstler ab und stellen handgezeichnete Albumcover über Computergeneriertes. Ein Tape ist irgendwie näher an der ursprünglichen Aufnahme, macht sie greifbar und der Künstler war meistens direkt an dem Look des Tonträgers beteiligt. Ein Tape wird dann irgendwann verbeult und zerkratzt, die Farbe wird verblichen sein, aber wie bei einem Buch, sind die Spuren an den Ecken, die beim Benutzen nun einmal entstehen, ein Zeugnis des eigenen Bezugs zum jeweiligen Werk.

Dies ist am deutlichsten beim Mixtape zu erkennen. Individuelle Mixes gibt es ja nach wie vor. Zum Beispiel DJ-Sets bei Sound- oder Mixcloud, doch das Mixtape hat den Namen gepachtet. Die Wahrscheinlichkeit jemandem das Herz mit einem Mixtape zu erweichen, ist heute größer als je zuvor. Es dient nicht dem bloßen Musikaustausch, sondern enthält vermeintlich verborgene Botschaften, die nur für eine Person bestimmt sind.

Sarahhh On verweist in diesem Zusammenhang auf „Tapetausch“. Eine Online-Plattform, an die jeder Mixtapes schicken kann und bei denen jeder Mixtapes „bestellen“ kann. Hier werden im wahrsten Sinne Tapes getauscht. Clooos und Sarahhh On haben im Laufe der Zeit, die sie nun schon ihre TrimTabTapes produzieren diverse andere Tape-Nerds kennen gelernt, die keiner bestimmten Szene angehören. Es gibt bislang noch kein offizielles Netzwerk, dennoch haben ein paar andere Tapeliebhaber ihren Weg gekreuzt, wie beispielsweise Mustard Mustache, Kill all Human oder Kick Ass Tapes. Bei TrimTabTapes selbst sind bereits Anfragen aus Washington oder Frankreich eingegangen, wobei sie nicht wissen, wie diese auf sie aufmerksam geworden sind.

Für die Zukunft wünschen wir Clooos On und Sarahhh On das, was sie sich selbst wünschen und zwar, dass sie noch viele geile Veröffentlichungen machen, durch die sie noch viele tolle Musik und tolle Menschen kennen lernen und uns hoffentlich weiterhin daran Teil haben lassen.

trimtabtapes.blogspot.de

tapetausch.blogspot.de

LRTT*

Dienstag, 10. Februar 2015

Ella and Gary and four girls with a golden tape

Das Datum mag - je nach Weltanschauung - ein böses oder ein gutes Omen sein. Oder gar keins. Ella Chord & Gary Flanell werden am Freitag, dem 13.02. jedenfalls eine Menge charmanter Songs spielen, die man so kennt oder eben nicht.
Mit dabei ist außerdem der nicht minder charmante Till The Morninglight, den man derzeit eher selten live in Berlin sieht. Also noch ein Grund mehr in unser favourite Schnapsloch zu kommen.
Und hier nochmal Fakten und Flyer:


Live:
Ella Chord & Gary Flanell (Charming covers, Berlin)
soundcloud.com/gary-flanell
Till The Morninglight (Singer/Songwriter),
tillthemorninglight.com
Aftershow Gaudi by DJ DC Reverend (East India Fading Company, Soulcat)

Freitag, 13.02.2015
ab 21 Uhr

at Planet Trickstopia somewhere in your backyard...(you know where it is, if you know where it is)

Bis dahin ist ja noch etwas Zeit, in der man sich den weiteren Teil dieses Postings geben kann. In Renfield Nummer 28 erschienen, hier noch eimal das Feature über die BRUNETTEZ, den girls with the golden Tape.



„Weil wir wissen, dass Leben viel mehr ist als bloß Überleben, und weil Punk Rock heißt, dass wir alles machen können: deswegen machen wir wütenden Grrrl Rock […] für die Kultur und Seele aller Mädchen und Frauen, so wie sie es wollen, nicht wie wir es wollen.“

Diese Erklärung aus dem Riot Grrrl Manifest erschien 1991 in der zweiten Ausgabe des Bikini Kill Zines. Wenn wir über 20 Jahre später hier in Berlin nach einer Band suchen würden, auf die Bikini Kills Ideen passen wie die Faust durch die Wand, dann wären es die BRUNETTEZ aus Kreuzberg. Wütend sind sie ziemlich oft, und das hört man auch. Ihre Texte geben keine Anweisungen, wie Feminismus auszusehen hat, sondern üben Kritik am Repressiven. Die Schärfe dieser Kritik trifft sich mit einer liebevollen Grundhaltung, die Verständnis hat für menschliche Fehler und Schwächen, aber kein Verständnis für Gleichgültigkeit und Anbiederung an patriarchale Strukturen. Sie sind ironisch, witzig, subtil, und manchmal erzählen sie einfach nur skurrile Geschichten.
Dass Punk Rock heißt, dass wir alles machen können, haben die BRUNETTEZ bewiesen, indem sie sich einfach Instrumente schnappten und anfingen zu spielen, ein Mikro schnappten und anfingen hineinzuschreien. Kommt schon beim Spielen, dachten sie sich, und so war es auch. Drei Jahre nach der Gründung haben die BRUNETTEZ ihr erstes Album herausgebracht – auf einem goldenen Tape. Gleichzeitig sind sie mit einem Song auf dem Soli-Sampler „Screaming for a better future Vol. 4“ dabei und hinterlassen einen Knutschfleck auf Vinyl.


Der DIY-Ansatz ist wichtig für die Mädels. Ihre Instrumente haben sie sich selbst beigebracht, das Songschreiben haben sie gemeinsam ausgetüftelt und auch Produktion und Vertrieb des goldenen Tapes machen sie natürlich selbst, zusammen mit ihrem Berliner Label, TrimTabTapes. Musikalisch hat ihr dilettantisch-dynamischer Punk Rock verschiedene Wurzeln, denn Malwi, Lorena, Tabea und Carine bringen ganz unterschiedliche Hintergründe in die Band ein.
Carine, die singt und Texte schreibt, liebt die Beatles, Stoner Rock und Psychedelica. Aber sie hat auch eine Metal-Seite und hat aus Brasilien den Punksong „Papai Noel“ mitgebracht, der auf Portugiesisch vorschlägt, jetzt endlich mal den Weihnachtsmann zu erschlagen, der auf die Armen doch nur spuckt.
Schlagzeugerin Malwi dagegen liebt Bands wie Pascow und Düsenjäger. Nachdem sie sich das Schlagzeugspielen innerhalb einer Woche selbst beigebracht hat, angefangen mit einem Bikini Kill Song, hat sie den Brunettez-Sound erst einmal mit ordentlichen Drum-Wirbeln versorgt.
Außerdem hat sie Bassistin und Songschreiberin Lorena an die Ramones herangeführt. Man hört das schon in „Ice Cream Man“, mehr aber noch in einem phantastischen neuen Song, der leider noch nicht auf dem Tape ist: „Oh what a Gentleman“.
Tabea ist Gitarristin und Grafikerin, sie zeichnet verantwortlich für das Design des goldenen Tapes, für Sticker, Kühlschrankmagneten und die Webseite. Ihr Gitarrenspiel und auch ihr Outfit sind geprägt von 70s Punk und Wave – Gun Club, The Slits, X-Ray Spex – und von den schicksten Strumpfhosen der Stadt.


Sexy Outfits und schicke Strumpfhosen können Teil des BRUNETTEZ -Stils sein, müssen aber nicht – mal gehen die Mädels in roten Minikleidern auf die Bühne, mal in schlabberigen Hoodies. Ihre feministischen und kapitalismuskritischen Texte bestärken Frauen in ihrer Sexualität und auch darin, sie offen zu äußern. „Everybody is having sex but me tonight – all I want to do is fuck!“ in dem Song „Full Moon“ wird von einer Stöhn-Inszenierung untermalt, an der Lorena und Carine hörbar Spaß haben. „Swallow“ liefert eine boshafte Auflistung ironischer Benimmregeln für Frauen und empfiehlt ihnen, bloß nicht aufzumucken, nicht selber zu denken, sich als Ware zu vermarkten und gerne noch ein bisschen abzunehmen, denn: „Less of you will look so nice!“

Den Mythos, dass Frauen sexuelle Objekte seien und nicht aktive Subjekte, attackiert auch „Ice Cream Man“, denn die Erzählerin hat absolut keine Lust, sich für einen Mann oder eine Eiskugel zu entscheiden. „Be happy with what you got, my mum would say... But I don't want to live this way!“ Zugleich ist der Song durchaus konsumkritisch, denn sie ist auch gehemmt durch ihren Zwang, selbst zu wählen: „If I pick one – the rest I lose...“
Die Kreuzbergerinnen spielen sich durch die Läden und besetzten Häusern in Kreuzberg und Friedrichshain: Liebigstraße und Schererstraße, im Tiefgrund, Cortina Bob, SO 36 und zuletzt im Supamolly.
Als lokale Band kommentieren sie auch ihre Umgebung, zum Beispiel die Unsinnigkeit der riesigen O2-Arena am Spreeufer im „O2-Song“, oder empfehlen den stumpfen Partymassen: „You want a boy? You want a girl? You want another line? You want to stand in line forever? So go to Berghain!“


Ob sie bald auf Tour gehen, eine Platte herausbringen, weiter ganz viele Konzerte spielen? Ist zu hoffen. Aber die Mädels lassen sich da auch nicht festnageln. Wie sie selbst sagen: „You and me can be free together, let go of your fear, there is no forever...“ Schade. Aber sehr wahr.

Das in der Überschrift erwähnte Golden Tape gibt es übrigens bei Trim Tab Tapes - aber wer weiß wie lange noch. Also ranhalten!
www.brunettez.de

Alissa Wyrdguth

Freitag, 6. Februar 2015

Damals in Mitte und Kreuzberg...

war das Leben trist, kalt und grau. Jetzt aber nicht mehr. Denn wer immer noch kein Renfield hat, kriegt es jetzt ganz problemlos in zwei weiteren Läden, ohne die Berlin um einiges langweiliger wäre:

1. Kunstkabinett 451 - Fachgeschäft für Bücher, Fanzines, Poster, Siebbdrucke und mehr D.I.Y.-Kunst

und auch im

2. Ramones-Museum auf der Krausnickstraße

Dienstag, 3. Februar 2015

Von Lesungen und Geschlechtsorganen



In ganz eigener Sache ist zu Anfang des dienstäglichen Renfield-Posts auf eine Veranstaltung im Herzen Kreuzbergs hinzuweisen - die natürlich unmittelbar was mit der Renfield-Crew zu tun hat...

Am 07.02.2015 findet im Kremanski, Adalbertstraße 96, direkt am Kotti am Durchgang zur Dresdener Straße (an dieser Stelle bitte keine PEGIDA-Witze) eine Lesung von Gary Flanell und Alissa Wyrdguth statt. Gary liest Geschichten und Gedichte aus seinem (demnächst vergriffenen) Bestseller STUNTMAN UNTER WASSER. Alissa liest Geschichten und Gedichte,die noch kein Zuhause haben. Vielleicht gibt es sogar MUSIK!
Lassen wir uns überraschen.
Hier nochmal die grundlegenden Fakten:

SEID MAL STILL. UND HÖRT GUT ZU.
Lesung mit Gary Flanell & Alissa Wyrdguth
07.02.2015, ab 21 Uhr
@ Café Kremanski,
Adalbertstraße 96,
Berlin-Kreuzberg

Das an sich ist natürlich schon so geil, dass man's kaum bis zum Wochenende aushalten kann.
Noch viel geiler, sozusagen hyper-hyper-geil, ist aber die folgende Kolumne zu einem Thema, das uns alle angeht. Verfasst von einer Expertin, die sich im Rahmen ihrer akademischen Arbeit mit Schwänzen beschäftigt hat. Mit Penissen. Dem männlichen Glied. Schwengeln, Dödeln, Fleischpeitschen, Pimmeln, Beidln, Latten, Lümmeln, Piepmätzen, Schniedeln, Pullermännern, Muttermundkontaktbolzen, erhobenen Zeptern der Liebe und wie ihr es sonst noch nennen wollt.
Ursprünglich in RENFIELD Nummer 27 erschienen, packen wir dieses Highlight der letzten Ausgaben für alle Zu-Spätgekommenen nochmal hier auf den Blog.

All you ever wanted to know about circumcision but never dared to ask.
Von der Fachfrau für den Kenner.

Der Penis: Gegenstand pubertärer und postpubertärer Vergleiche und Kompensationen, Lieblingskritzelei auf Schulheften und fast jeder hat einen - so oder so.
Ich habe vor etwa einem halben Jahr angefangen, mich intensiv mit Penissen zu befassen. Quasi beruflich. Das ist nicht halb so anstößig wie es klingen mag, denn tatsächlich: der Anlass war eine wissenschaftliche Arbeit. Meine Masterarbeit.
Dieser Arbeit verdanke ich den weltbesten Partygesprächs-Opener: „Was machst du so?“ „Ich beschäftige mich mit Penissen“. Wer ein Faible für irritierte Gesichtsausdrücke hat, sollte das probieren. Frauen sind neugierig, Männer verunsichert. Aber jeder kann sofort einsteigen und mitreden (und wird das auch tun)! Ganz im Gegenteil zu meiner Bachelorarbeit, in der es um eine Kambodschanische Diktatur in den 1970er Jahren ging. Khmer Rouge? Kennt kein Mensch. Penis kennt jeder.


Doch dass meine Arbeit von Penissen handelt, ist nur die halbe Wahrheit. Denn das eigentliche Thema meiner Masterarbeit ist die Beschneidung. Ist die erste Irritation meiner Gesprächspartner verflogen, wähnen sie sich beim Penisthema wieder auf sicherem Boden, BÄÄM, bringe ich die Beschneidung ins Spiel. Während bei Frauen die Neugier in echtes, persönliches Interesse umschlägt (Was ist denn nun besser: Beschnitten oder unbeschnitten?), setzen die meisten Männer eine schmerzverzerrte Miene auf, als wollte ich ihnen höchstpersönlich mit einem scharfen Gegenstand zu Leibe rücken.

Besonders interlinguistische Gespräche fördern hier die absurdesten Geschichten zutage:
Ein amerikanischer Künstler, den ich von gelegentlichen Zusammentreffen kenne, fragte mich bei einem solchen Treffen, nach dem Thema meiner Masterarbeit. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich die richtige englische Bezeichnung kenne und fragte ihn, ob es im Englischen den Begriff „Circumcision“ gebe. Sein irritierter Blick und die vorsichtige Antwort „There is. But I really dont’t know if you mean what you’re saying....“ bestätigten, dass ich goldrichtig lag. Inspiriert von diesem Wortwechsel verstrickten wir uns in einen Diskurs über sprachliche Missverständnisse. Dieser gipfelte in der Geschichte, wie er in seiner Anfangszeit in Berlin nach einem Fahrradunfall in eine Bar stolperte und in gebrochenem Deutsch fragte, ob er einmal die Toilette benutzen dürfe. Mit wirrem Haar, völlig verdreckt und wild gestikulierend erklärte er, er habe „bis zum Ellenbogen in eine Fotze gefasst“. Was er eigentlich sagen wollte war: er war bis zum Ellenbogen in einer Pfütze gelandet.
Zurück zur Beschneidung. Die kann, wie gesagt, unterhaltungstechnisch so einiges. Nach einer halbjährigen Probezeit, in der sie sich auf Partys wirklich gut bewährt hat, könnte ich es nun einmal mit Familienfeiern versuchen. Aber das ist eine andere Geschichte. Wer das auch mal ausprobieren möchte: Ich habe eine Liste mit 10 interessanten Fakten zur Beschneidung zusammengestellt, mit denen man auf dem Event seiner Wahl wunderbar glänzen kann. There you go.

10 Fakten zum Thema Beschneidung mit hohem Partygesprächspotential:
1. Etwa ein Drittel der männlichen Weltbevölkerung ist beschnitten.
2. Bei Neugeborenen wird die Beschneidung oftmals ohne Betäubung durchgeführt.
3. Zu den Nebenwirkungen der Beschneidung gehören unter anderem Penis-deformation, Zeugungsunfähigkeit, Spaltung oder Amputation der Eichel und Tod.
4. Die Vorhautverengung, die von Ärzten oft als Indikation zur Beschneidung angegeben wird, bildet sich oftmals bis zum 13. Lebensjahr von ganz alleine vollständig zurück.
5. Bereits die alten Ägypter praktizierten die Beschneidung.
6. Einige indigene Volksstämme in Australien praktizieren neben der Beschneidung auch die Subinzision – die Spaltung der Unterseite des Penis, inklusive der Harnröhre.
7. Muslime stellen mit knapp 70 % die größte Gruppe beschnittener Männer dar – obwohl die Beschneidung im Koran nirgends als religiöse Pflicht erwähnt wird.
8. In Deutschland ist die Beschneidung die bei Jungen am häufigsten durchgeführte Operation 9. Das 2012 erlassene Beschneidungsgesetz ist verfassungswidrig.
10. Es verstößt gegen Art. 3 des GG, nachdem alle Menschen vor dem Gesetz gleich, und Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Da die Beschneidung der männlichen Vorhaut per Gesetz erlaubt wurde, müsste demnach gleiches für die weibliche Klitorisvorhaut gelten.

Text: Nora Zu Pan