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Dienstag, 24. März 2020

Musikgruppen mit Zukunft in Zeiten der Pandemie Pt. II

Weiter geht's mit der alphabetischen Aufführung von MusikantInnen, die auch trotz social distancing den Rehearsal-Betrieb aufrecht erhalten können.

Hier also die Tipps der interessantesten 2-Personen-Bands aus Sicht der Renfield-Crew.
Diese Liste ist erstmals in Renfield No. 27 im Jahre 2013 erschienen. Soviel hat sich da gar nicht geändert.

2013: LAS GRECAS oder LIAISONS DANGEREUSES: Lässt man sich auf erstere ein, könnte das früher oder später zu zweiten führen. Wörtlich gesprochen.

2020: LUTZILLA ziehen ins Feld. Zwei Berliner Kumpels machen in klassischer Garage-Punk-Besetzung (Drums, Gitarre, Vocals) das späte Abi in der Hamburger Schule.

MODERN TALKING - Ein Verweis auf den ersten Gedanken bei HURE wäre angemessen. Werden hier nur aufgeführt, weil man sie, was den Output von schrecklichen Plastik-Hits angeht, gar nicht ignorieren kann. Wer’s nicht aushält, darf sich an MEL & KIM halten, gleiches Zeitalter, weniger Plattenverkäufe, dafür hübscher.
Weil Bohlen und Anders eh schon so sauviel Aufmerksamkeit bekommen haben, als sie noch aktiv waren, hier mal eine schöne Coverversion. Der Gesang ist viel besser als im Original.



NEW YORK WANNABEES- Sowas wie die White Stripes aus Südwestdeutschland. Reicht als grobe Einordnung, alles andere klärt sich aufm Platz.



OUTKAST - Rapper. Oder doch Hip-Hopper? Die kennt sogar der Gitarrenmusikhörer, auch wenn er das Publikum auf einem Konzert nicht leiden könnte. Gefällt ihm aber zuhause zeitweise ganz gut. Hey-Ya.



PET SHOP BOYS - Grau. Alt. Schwul. Poppig. Britisch. Aber immer noch würdevoll. Und ziemlich gute Songschreiber. Somit als Großmeister der in Würde ergrauten gealterten schwulen britischen Poppig-Musik durchaus eine Empfehlung wert.



Q-TIPS - Ab ins Ohr damit. Und am besten mit der Watte vornweg. Wahrscheinlich der Name, der als Metapher für die dargebotene Musik (irgendwas mit Trash-Punk, für die Plattensammler-Nerds) am besten funzt.

RUINS oder ROXETTE: Japan oder Schweden. Krach oder Kommerz, Maigabutsu oder EMI. Graviyaunosch oder Joyride. Die Wahl fällt nicht leicht. Sollte man beides irgendwie kennen.



STEREO TOTAL - Kein Grund zur Begründung. Beste Zweimenschband ever. In eigenen Worten: „Die Frau in der Musik stört!“ Ja bitte.



Knapp dahinter, 2013 noch nicht existent, dafür aber 2019 und 2020 medial sehr umtriebig: STUMPF - elektronisches, experimentelles Finsterzeug. Passend zur Zeit eben. Zu ihrem Superhit "Schmutz" gibt es ein großartiges Video.



TEARS FOR FEARS oder TENACIOUS D - Da fällt die Wahl schwer. Die ersteren hatten natürlich die hübscheren Selbstmitleid-Hits. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt sind Jack Black und Kyle Gass, die dir gutgemeint bierdosenweise simple Rockweisheiten über den Schoß kippen, einfach überlebenstauglicher.



UNERWÜNSCHT - Vaters alte Pink-Floyd-Scheiben als Becken fürs Schlagzeug zu benutzen, ist schon ziemlich Punk. Die Pioniere des rustikalen Zwei-Teenie-Jungs-ohne-Freundin-Kellerlärms aus dem westfälischen Nirgendwo der 90er-Jahre sind heute stolze Eigenheimbesitzer und fahren ihre Kinder zweimal die Woche zum Training des Schützenvereins Horst-Wessel.

V - Das Niemandsland im Alphabet der Zweimenschbands. Ok, es gibt VERN & RAY, THE VERONICAS, THE VYGORS, VULGAR UNICORN und sowas. Aber braucht die jemand unbedingt? Nein.

WHITE STRIPES – Originell? Nein. Gut? Auf jeden Fall. Garage? Aber mit roten und weißen Kuschelkissen ausgekleidet. Das Streifenshirt übrigens stammt von Jonathan Richman – und das allein würde schon reichen zum Verlieben.



TRIKE - 1. Es sind Kanadier. 2. Endlich mal Straßenmusiker, die mit ihrem Synthesizer-Violinen-Discotrash in der Berliner U8 wirklich unterhalten und nicht genervt haben. Xania wird mittlerweile wieder in Kanada, Stephen aber als Solo-Straßenmusiker desöfteren am Kottbusser Damm gesichtet. Zumindest war es um 2013 so.



XIU XIU - Allein für die wunderbare Zeile "I like my neighborhood I like my gun" sollten die beiden mit Preisen überschüttet werden. Wenn die erst hauchende, dann sich irgendwann fast überschlagende Stimme von Jamie Stewart noch "I am your girl and I will protect you" hinzufügt, möchte man einfach nur noch in die Knie gehen.



YOU'RE ONLY MASSIVE – Punk ist Pop ist Punk, DIY. Alles selber machen und noch was erfinden, was sonst keiner macht. Musik ist Leben. Male-fronted Feminism. GG Allin knutscht Britney in Spezialblond. Fucking amazing. Try this at home.



Alternativ: YAHOO - Netter Versuch der Irreführung, hehehe. Gemeint ist natürlich YAZOO. Die TAZ titelte am 03. Mai 1982: “Alison Moyet ist nicht fett und Vince Clarke nicht schwul, die beiden sind schlicht Mutter und Sohn.” Der folgende Artikel drehte sich dann um Popmusik und Inzest, irgendwie so was.

ZWEIKANT - Nehmen keine Mikros auf die Bühne mit. Warum auch, sie reden nicht und singen auch nicht. Nie. Helme auf und rein ins Unwetter. Auf die Fresse aber melodisch, laut, laut, verzerrt, Gitarre, Schlagzeug, Schlagzeug, Gitarre, direkt, ohne jeden Quatsch, durchdringend, intensiv, noch einen, puh, das fühlt sich so, so gut an.




Fun Fact: Eine diese Bands ist Fake und nichtexistent. Wer rausfindet, welches Duo das sein könnte, kriegt das erste Album dieser Band zugeschickt.
Antworten in Mailform bitte an renfield-fanzine@hotmail.de oder PM an Gary Flannell auf Facebook.

Stichwort: Dalli Dalli

Montag, 23. März 2020

Musikgruppen mit Zukunft in Zeiten der Pandemie

Um die Ansteckungsgefahr durch Capt'n Corona noch weiter einzudämmen, ist es in Deutschland nur noch gestattet, sich zu zweit zu treffen.
Das bringt natürlich allerlei Probleme für Bands und Musikgruppen mit sich. Ska-Bands sind auf Eis gelegt, die klassische Rockbesetzung auch, DJs haben irgendwie noch Glück und zum PingPong an den Turntables reicht es auch noch.

Es ist also die Zeit der Duette.

Man könnte denken, dass das Renfield über die Gabe des In-die-Zukunft-Sehens verfügt. Anders kann ich gar nicht erklären, wie wir schon 2013 in Renfield No.27 als kleine Handreichung eine Liste der BESTEN ZWEI-MENSCH-BANDS VON A-Z zusammengestellt haben.

Solche wichtigen Informationen wollen wir der Stay-At-Home-Menge natürlich nicht vorenthalten.

Deshalb hier Teil 1 der besten Zwei-Mensch-Bands von A-K.

ACTION ATTENTION – die einzige Band jemals, bei der eine Renfield-Schreiberin durchgehend auf und ab gehüpft ist und aus vollem Hals geschrien hat. Das Restpublikum ebenso. Danach wurde vor Freude ganz viel getrunken und geknutscht. Erinnerungen daran sind ungenau. Die Erinnerung an diese Band dagegen glasklar.



BRUCE & BONGO - G-g-g-g-geil, nicht nur die und ihre überragenden Frisen. Was mag aus denen geworden sein? Vermutlich sitzen die noch immer in irgendeiner niederländischen TV-Maske und warten auf den Auftritt. Lasst sie uns da abholen! (ganz heiß in der Diskussion um die zu nennenden Bands wären unter B natürlich auch die BLACK KEYS, BENAUTIC oder BEEHOOVER. Scheint ein guter Buchstabe für diese Kategorie zu sein).

THE CONGREGATION - So süß und so retro, als wären sie aus Grant Woods American Gothic-Bild gesprungen. Und dann machen sie auch noch Blues, der so trocken und reduziert daherkommt, dass Holly Golightly vor Rührung ein Tränchen aus dem Augenwinkel plumpsen würde. Plumps.



DŸSE - Vielleicht sowas wie die Pioniere, der Noise-Instro-Frickel-zwei-Typen-Combos. Würde mich freuen, bald mal eine eigene Schublade dieses Genres im Plattenladen meines Vertrauens zu sehen. Natürlich mit DYSE-Platten vorne weg.



ERASURE- Oh l’amour. Eine Platte die ich mir als Teenager öfter mal von meiner Schwester ausgeliehen habe. Und im stillen Kellerchen ganz gut fand. Wäre aber total peinlich gewesen, das vor den Kumpels mit den Metalkutten und EXPLOITED-Aufnähern zuzugeben.



FICKI FACKI FRUCHTEIS - Schlüpfrig bescheuerter Name. Klingt nach Freibad, Minigolf und israelischen Teenagerkomödien. Ist aber für eine Billo-Trash-Nur-die-Frauen-Deutschpunk-Band mehr als passend. Achja, rumpelig aufgenommen muss sowas natürlich auch sein.

GUTS PIE EARSHOT - Merke: Cello kann doch Punk sein. Könnten so langsam mal Pflichtaudioprogramm im Musikunterricht werden. Würde die Beliebtheit des Instruments bei angeödeten Zehntklässlern sicher ins Unermessliche steigern.

HURE – Musik? Nein, Kunst mit Kettensäge. Hannibal the Cannibal trifft Freddy Krueger mit einem Soundsystem in deinem Kopf. Der Name? Ist das Gegenteil von gut gemeint.



IFA WARTBURG - Seltsames Phänomen der Neunziger: Zwei Schweden im kompletten DDR-Ornat schrieben mit Hilfe des Wörterbuchs so staatstreue Sozialismushymnen, auf die Erich Mielke nicht mal im Kolchosentraum gekommen wäre. Große Verwirrung, als sich nach Konzerten rausstellte, dass sie gar kein Deutsch sprachen. Was die wohl jetzt so machen?



JUCIFER - Zwei Namen wie bei Dr. Snuggles: Frau Gazelle Amber Valentine und ihr Ehemann Edgar Livengood aus Athens, Georgia lassen schon seit Jahren die Noise-Keule anstelle des Nudelholzes schwingen und thematisieren dabei auch gern mal französische Kaiserinnen, die der Revolution zum Opfer gefallen sind. Das scheint ein ganz gutes Mittel zu Ehehygiene zu sein.



KRISS KROSS: Kriss Kross heißen eigentlich Jada Pinkett und Will Smith und waren damals noch Geschwister. Gehupft wie gesprungen, dachte man sich. Erst zu spät konnten Studien abgeschlossen werden, dass Batzentaschen am Sack und Knöpfungen am Arsch zu irreversiblen Schäden bei sich selbst und schlechtestenfalls der Umwelt führen.

Die besten Zwei-Mensch-Bands von L-Z gibt's morgen. Hier auf dem Renfield-Blog.

Samstag, 21. März 2020

Reviews in Zeiten von Covid-19

Body Count - Carnivore

Zeitschleife. Nee, Zeitreise. Zurück ins Jahr 1992. Erste BODY COUNT-Platte haut mich voll von den Socken. HipHop und Metal und so cool und derb, wir haben es alle geliebt. Die Metaller und Punks und HipHop-Typen in den Vorortsiedlungen. Crossover muss gesagt werden. Mehr Crossover ging nicht. Also Crossover als Stil, nicht als Methode. Im Golf II durch die Spielstraßen cruisen und dabei "Body Count's in the house" oder "Cop Killer" aus dem werkseigenen Autoradio hören. Sich dabei wie ein Gangster in L.A. fühlen. Mama machte die Wäsche.

BC brachten den westdeutschen weißen Kleinbürger-Kids realen US-Rassismus nahe. Heute leider immer noch großes Thema. Hat sich in 28 Jahren irgendwas geändert? Die Probleme sind dieselben, dazu noch aktuelle unglaublich viele neue, aber klar, Rassismus - immer noch an der Tagesordnung. Ist somit Ice-Ts Lebensthema. Damn, der ist ja auch schon 60. Krieg bloß kein Corona, Alter.

Neue Platte, die achte wohl. Die sechs Platten dazwischen haben mich alle nicht interessiert. Mal reingehört auf Youtube. War aber alles nix.



Was geht auf "Carnivore"? "The Hate is real" ist ok, klingt wie ausm Slayer-Proberaum, "6 in the morning" wie 90er-Flair mit einem schicken Prince-von-Bel-Air-flow. Ice-T insgesamt immer noch voll sauer. Gestus, Habitus, Wahl der Waffen, alles dasselbe wie vor knapp 30 Jahren. Musikalisch allerdings auch. Keine neuen Zutaten dabei. Metal halt. In allerlei Spielarten. Kaum Überraschungen. Keine Experimente. Alles solide. Weiß halt was er tut, der Ice-T. Und seine Leute halt auch. Von der Originalbesetzung sind fast alle tot, fuck. Jetzt aber gute neue Leute dabei. Naja, vielleicht etwas härter geworden, dazu ein paar Gäste (Sepultura-Max, Evanescence-Amy, puh, das ist echt hart), die die Sache aufpeppen, aber it is all in there. Metal, political lyrics, Gangsta-Habitus, spoken word intros vor Rocksongs. Alles wie immer. Wer kann es Body Count verdenken? Ich seufze, weil es so aussieht, als hätte sich wirklich nichts verändert. Hat sich wohl auch nicht. In vielerlei Hinsicht.



Mittendrin ein Motörhead-Cover, Ace of Spades. Echt jetzt? Ach, komm schon. Muss das echt sein? 1000 Motörhead-Songs und ihr nehmt den abgedroschensten? Da war das Exploited-Medley mit Slayer vor x Jahren pfiffiger. Vgl. OST "Judgment Night", 1993.

Schon schön alles, aber spannend? Nee, nicht so ganz. Die Zeiten sind immer noch finster, vielleicht war es lang nicht mehr so finster. Ice-T ist ein alter wütender Mann, nicht weiß, der seinen Groll in Rockmusik packt, mit der seine Alterskohorte gut was anfangen kann. Schon gut, dass er's immer noch macht. Aber er kriegt mich nicht wirklich. "Carnivore" ist zu solide insgesamt. Vielleicht auch etwas zu ernst. Erste Platte hat noch einen kruden, schwarzen Humor, vgl. "KKK Bitch" oder "Evil dick". Finde ich auf "Carnivore" nicht. Nur Wut. Ist alles soviel schlimmer geworden?

Das wäre es dann wohl. Vor Corona verblasst derzeit auch wirklich alles. Schulterzucken und zuhören. Könnte ich damit im Elektro-Golf durch Ostberliner Vorortsiedlungen fahren und mich wie ein South-Central-L.A.-Gangster-Graurücken fühlen? Ehmn, nein. Liegt aber eher an mir, nicht an Ice-T und seinen Kumpels.

(H) wie (Handwerk, solide gemacht und solide Handwerker kann die Welt immer brauchen) auf der 26-teiligen Renfield-Rezensions-Skala

Gary Flanell

Diese Rezension wurde im FreeWriting-Verfahren nach Ken Macrorie und Peter Elbow innerhalb von 10 Minuten verfasst. Bis auf Rechtschreibfehler wurde nichts verbessert oder redigiert.