Phall Fatale - Moonlit Bang Bang
Vielleicht sollte diese Rezension aus tagesaktuellem vielleicht doch die Worte "David" und "Bowie" enthalten. Also dann soviel: David Bowie hätte an dieser Platte sicher aufgrund ihrer Vielfalt und nicht eindeutigen Zuordnung sicher seinen Spaß gehabt. Das ist wohl die Kunst.
Bei der Frage „Ist das Kunst oder kann das weg?“ kann der verhandelte Gegenstand eigentlich nur verlieren. Es gab eine Zeit, da fand ich diese Frage recht witzig. Jetzt nicht mehr so.
Denn die Herabwürdigung dem gegenüber, was da gemacht wird, steckt schon in der Frage. „Kann weg.“ lautet meistens die Antwort und wird unterschwellig gleich mitgeliefert. Meist aus Unverständnis heraus. Unverständnis.
Das war auch das, was mir beim ersten Hören von Phall Fatale durch den Kopf ging. Aber mit Interesse verbunden. „Was machen die da eigentlich?“war das erste, was mir durch den Kopf schoß, als ich schon beim fünften Song „Ring the bell“ angekommen war. Diese Frage so schnell zu beantworten, wie heutzutage alle Fragen schnell beantwortet werden sollen, weil alle schnelle Antworten auf schwierige Fragen erwarten, ist aber fast nicht möglich. Auch das Infoblatt hilft mir nicht bei der Wort-Und Urteilsfindung. Keine Chance, die Ahnungslosigkeit hinter harten Fakten zu kaschieren,weil außer der Titelliste keine Info da ist. Könnte ja im Netz gucken, wer und was hinter dieser Band steckt, das weiß ja alles. Will ich aber nicht, lieber erhalte ich mir für einige Zeit den Charme des Mysteriösen.
Bei einer Punkplatte mit drei Akkorden wäre alles kein Ding, aber das hier ist nun mal keine 3-Akkordeplatte. Dabei geht alles mit „The girl, the Beat“ recht einfach los. Der Bass spielt kommt ziemlich rhythmisch rüber, die Perkussion erinnern an irgendwas afrikanisches und dazu spricht Joy Frempong ihre Texte mehr als dass sie sie singt. Danach nimmt „Moonlit bang bang“ eine ziemlich wilde Fahrt auf. Es bleibt nicht bei der irgendwie netten aber auch vorhersehbaren Kontrabass-Elektro-Gesang-Kombination. Vielmehr blitzen hier schon bald so viele verschiedene Genres auf, ohne dass man aber sagen könnte: „Ha, das ist es. Steck sie doch in die Schublade mit der und der Aufschrift.“ Erinnert die eine Sequenz latent an Massive Attack, folgt darauf irgendwas, das die Slits auch so drauf hatten.
Aber nur, damit kurz darauf ein Hardcore-Gitarrenteil reindreschen kann, den man vielleicht bei Fugazi, aber an dieser Stelle so gar nicht erwartet hätte. Ähnlich schaffen – um doch mal eine Referenz zu bringen – The Ex ab und an mal. Vielleicht auch Antibalas auf ihrer Securityplatte. Aber das alles sind nur vage Anhaltspunkte. Phall Fatale bleiben schillernd, nicht greifbar zwischen Punk, Indie-Pop (gerade bei der Single "The girl the beat", Noise, Improvisation, Jazz (Jazz? Ja irgendwie auch.) und Dichtung.
Das einzige, was hier mit Sicherheit zu sagen ist: Es groovt. Und bleibt durchgehend spannend. Trotz all der Unvorhersehbarkeiten, die diese Platte so mit sich bringt, wippt mein Kopf die ganze Zeit mit. Bei den ruhigeren Passagen ebenso wie bei den krachigen Ausbrüchen. Vielleicht schon jetzt eine der spannendsten Platten 2016, ui. Mit Genres ist das, was Phall Fatale so treiben, eher ungenau zu beschreiben. Das in einer Zeit zu schaffen, in der doch vermeintlich alles schon mal da war und auch alles schon mal zusammengewürfelt und fusioniert wurde, ist mal Kunst. Und die kann bleiben.
(C) Gary Flanell
Moonlit Bang Bang erscheint am 15. Januar auf Slowfoot und Quilin Records.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen