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Donnerstag, 22. Oktober 2015

Picknick at The Boulevard - Neulich in Casablanca



Casablanca? Da bringen die Synapsen oft nicht viel mehr als Assoziationen zu Humphrey Bogart und Ingrid Bergman zustande. Was aber heutzutage dort los ist, dass diese Stadt nicht nur die größte des Landes, sondern auch das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Marokkos ist, das haben seltsamerweise nicht allzu viele auf dem Schirm.

Denn Touristen verirren sich gar nicht so viele dorthin, obwohl die Stadt eine ähnlich lebendige Atmosphäre wie viele Metropolen in Südeuropa hat – und mittlerweile eben auch eine vielfältige, subkulturelle Szene, in deren Mittelpunkt das Kulturnetzwerk EAC L’Boulevard steht. Dazu gehört auch das gleichnamige Open-Air-Festival auf dem seit 15 Jahren marokkanische neben international bekannten Bands (SEPULTURA und NAPALM DEATH waren auch schon mal dabei) am Start sind. Aber wie funktioniert ein Rockfestival eigentlich in einer von Islam geprägten Monarchie, die als eines der wenigen Länder der Region die letzten Jahre recht stabil überstanden hat? Höchste Zeit also, sich das geballte Musikprogramm im dicken C mal genauer anzuschauen.

Wer sich 15 Jahre lang nicht davon abbringen lässt, ein Projekt voran zu treiben, hat entweder einen ausgeprägten Knall oder viel Hingabe für seine Sache. Sowas kennen und schätzen wir ja im Hause Renfield besonders und deshalb war ich besonders neugierig, das L’BOULEVARD-Festival mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Inklusive Rahmenprogramm erstreckt sich das Festival mittlerweile über 10 Tage. Die ersten sechs Tage gehören größtenteils dem Nachwuchswettbewerb Tremplin, dessen Gewinner unterschiedlicher Stile dann an den letzten vier Tagen nochmal beim eigentlichen Festival auftreten dürfen.

Drei Mal war ich bisher in Marokko, und jedes Mal war ich ausschließlich in Casablanca. Zu einer Einladung zu einem der größten Festivals des Landes sage ich also nicht Nein. Gegen zehn Uhr abends schlage Ich an einem warmen Mittwochabend im September am Flughafen in Casablanca auf. Nach kurzer hektischer Suche finde ich mit Adir den richtigen Mann, der mich ins Hotel bringen soll. Auf der Fahrt über die leere Autobahn entpuppt er sich als überzeugter Fan des VfL Bochum und so quatschen wir entspannt über marokkanische Spieler beim VfL und über die Musik, die da gerade aus dem Radio läuft.

Adir lässt es sich nicht nehmen, während der Fahrt auf der dreispurigen Straße im Handschuhfach zu kramen, um die CD-Hülle zu suchen. Weil die sich so schnell nicht finden lässt, hält er mal eben auf der rechten Spur, macht den Warnblinker an und sucht genauer. Mitten auf der Autobahn. Kann man auch mal machen.

Das Hotel, in dem ich einquartiert werde, liegt so zentral, wie es besser kaum geht. Beste Lage heißt das wohl, direkt gegenüber der Medina, an der vielbefahrendsten Kreuzung der Innenstadt erhebt sich eine sehr schmucke weißgetünchte edel wirkende Fassade. Von innen versprüht es einen charmanten Charme wie das Etablissement in „Shining“. Abgewetzte Teppiche, leicht muffiger Geruch, Putz bröckelt von den Wänden, der zweite Stock ist komplett abgesperrt. Geil. Der lange dunkle Flur im dritten Stock wird nur von zwei kahlen Glühbirnen erhellt, und am Ende von einer überdimensionalen Spiegelwand beherrscht, auf der ich manchmal Schatten hin und her huschen sehe. Ich hoffe, es ist die Putzfrau.

Ankommen, auch auf dem Festival, ist nicht ganz so einfach. Schon das Festivalgelände zu finden, stellt mich vor Herausforderungen. Eigentlich ist es ja ganz leicht: Einfach in die einzige Straßenbahn der Stadt und bis zur angegebenen Haltestelle. Wenn es in einer Stadt nur eine Straßenbahn gibt, und man weiß, in welche Richtung man muss, sollte verfahren eigentlich ausgeschlossen sein. Ich schaffe es trotzdem, da die Bahn irgendwann aus mir unerklärlichen Gründen einen Abzweig nimmt. So fahre ich erst tief bis in wenig besiedelte Außenbezirke Casablancas, um dort festzustellen, dass ich komplett falsch bin. Dabei findet das Boulevard-Festival nicht irgendwo auf einer kleinen Wiese statt, sondern im Stade COC, dem Stadion des Sportclubs Olympique Casablanca.

Da das Open-Air mittlerweile in einem Fußballstadion residiert, lässt schon ein bisschen auf die Größe dieser Veranstaltung schließen. Der Einlass wird von Polizei und Miliz geregelt, die das recht junge Publikum durch zwei Gassen aus Absperrgittern leitet. Vielleicht liegt es an meinem grauer werdenden Bart, aber als ich mich in die Masse einreihen will, winkt mich ein Polizist zu sich und lässt mich auf einer dritten komplett freien Bahn ins Stadion. Gefilzt werde ich zwar nicht, muss aber den Schraubdeckel meiner Wasserflasche abgeben. Die Flasche selber allerdings nicht.

Bei Eintritt ins Stadion wird mir eine Sache klar, die ich so bisher noch gar nicht bedacht hatte: Das komplette Boulevardfestival kostet keinen Eintritt. Bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung hatte ich eigentlich damit gerechnet, an irgendeiner Kasse Geld lassen zu müssen, Künstler wie ASIAN DUB FOUNDATION, LOUDBLAST, GNAWA DIFFUSION oder DJ Vadim müssen ja schließlich irgendwie bezahlt werden, ebenso die Acts, die aus Frankreich, Spanien, Dänemark oder dem Senegal kommen. Mit INWI, der drittgrößten Telekommunikationsgesellschaft Marokkos, hat das Festival allerdings einen sehr zahlungskräftigen Sponsoren an der Hand. Dazu kommen weitere Firmen und Kultureinrichtungen, mit denen man zusammenarbeitet, wie das Institut Francaise, das British Council oder das Goetheinstitut. Auch von seitens des marokkanischen Königs könnte Geld kommen, schließlich hat das EAC vor einigen Jahren in schwierigen Zeiten schon mal eine großzügige finanzielle Unterstützung vom Königshaus erhalten.

Der erste Festivaltag steht ganz im Zeichen von HipHop. Erster Eindruck vom Publikum: Das ist hier eine Sache für junge männliche Marokkaner. Frauen sind an diesem warmen Spätnachmittag fast keine zu sehen. Mit den Gigs der Lokalhelden SHAYFEEN und SA3ERMAN erlebe ich mein erstes HipHop-Konzert auf afrikanischem Boden. Während beide von der einheimischen Crowd angemessen gefeiert werden, schlendere Ich etwas ziellos rum und schaue mir dieses Spektakel neugierig aus der Distanz an. Kurz darauf stehen ALO WALA aus Dänemark auf der Bühne, ein echter erster Höhepunkt, was nicht nur an der sehr charismatischen Sängerin Shivani Ahlowalia liegt. Die Mische aus Hip Hop, Electro, Dancehall und Crunk bringt sogar den etwas fremdelnden Festivalbesucher aus Berlin zum Tanzen. Mit „Little Lotto“ haben sie mindestens einen einprägsamen Hit am Start, was die wie die jungen Hunde zappelnden Casablancanesen genauso sehen.

Letzter Gast auf der Boulevardbühne am HipHop-Donnerstag ist Yassii Bey. Nie gehört? Kennt man aber doch, denn früher nannte sich dieser Mann Mos Def. Ich habe eigentlich nicht viel Ahnung von HipHop, aber Mos Def sagt sogar mir was. Hip Hop scheint in Casablanca recht groß zu sein, denn kaum steht Yassii auf der Bühne, wird er furios abgefeiert. Und das obwohl er entweder in eine Coladose, einen Akkuschrauber oder ein knallrotes Elvis-Mikro singt. Das ist nicht so genau zu erkennen. Klar erkennbar ist allerdings, dass dem Herrn im Laufe der Jahre seiner langjährigen Karriere die Energie nicht abhandengekommen ist. Munter hüpft er über die Bühne, rappt mit Hilfe der Beats und Samples seines DJs, der sich ganz galant im Hintergrund hält, ganz flüssig seine Hits runter. Die Meute liebt’s und kann so manches sogar mitsingen. Mitsprechen. Wie auch immer. Sauber abgeliefert, Yassii.

Ein Pluspunkt des Boulevards ist definitiv, dass die Veranstalter das Tagesprogramm nicht bis zum Anschlag mit Bands vollgeknallt haben, sondern den Zeitplan recht entspannt gestalten. Vier, höchstens sechs Bands/Acts sind pro Tag angesetzt. Das kommt meiner eh nicht sehr ausgeprägten Aufmerksamkeitspanne sehr entgegen und man ist auch nicht gleich nach zwei Festivaltagen total zermürbt. Was auch sehr Anti-Zermürbend wirkt, ist die Tatsache, dass auf dem Festivalgelände kein Alkohol ausgeschenkt wurde. Ist in islamischen Ländern im öffentlichen Raum eh nicht so angesagt, bei einem Open-Air-Festival wie diesem fällt mir aber die Abwesenheit von torkelnden Druffis oder wild überall hin ausscheidenden Alko-Zombies doch eklatant auf. Gefällt mir eigentlich ganz gut. Wie das wohl wäre, hierzulande ein komplett Alk-freies Festival abzuziehen? Wahrscheinlich ein komplettes Desaster.

Recht früh tauche ich am zweiten Tag beim Boulevard auf, um endlich mal die bekannten Gesichter vom EAC Boulevard-Kulturzentrum zu treffen. Vorher bekomme ich noch das Set von Gee Bayss aus dem Senegal mit, der einen recht geilen Mix aus alten Afro-Beat-Hits zusammenmischt. Kein Wunder, macht er ja auch schon seit 1993 und ist seitdem auch als Mitglied von PEE FROIS unterwegs, einer der bekanntesten senegalesischen Hip-Hop-Crews. Im Zelt der Freunde vom Festivalradio des Boulevard abhängend, läuft der zweiten Act des Tages, ACID ARAB etwas an mir vorbei.
Da war freudiges Wiedersehen mit allen Freunden vom Boulevard doch wichtiger als die etwas nervige Mische aus Kirmes-Techno und Flicker-Electro. Festivalradio geht übrigens in diesem Fall so: Alle Konzerte werden live im Web-Radio übertragen und in den Umbaupausen finden sich immer 3-4 Moderatoren am großen gemeinsamen Tisch zusammen und interviewen jeden Gast, der vorher noch auf der Bühne gestanden hat. Dabei werden Unmengen von Red Bull getrunken, ein bisschen gekifft oder auch hübsche Aschenbecher aus den eben geleerten Red-Bull-Dosen gebastelt.

Danach ASIAN DUB FOUNDATION. Die verbinde ich immer spontan mit den Zeiten, in denen es beim VISIONS noch eine Tape-Beilage gab. Lange her das alles und deshalb bin ich ehrlich überrascht zu sehen, dass die noch am Start sind und immer noch eine sehr energiegeladene Show abliefern können. Interessant auch, dass sie sehr nach, nunja, elektronischer Musik klingen, nach Drum’n‘Bass, nach Dub Step, nach Dancehall, aber all das live mit einer kompletten Bandbesetzung sehr souverän hinkriegen. Davon ab kriegt man einen Querflöten-Spieler, der gleichzeitig auch noch Beatboxen kann, eben nicht in jeder 08/15-Rockkapelle zu sehen.

Auch wenn man das denken könnte, waren ADF nicht der Headliner des Abends. Als sich die Nacht über das Stadion senkt, betritt mit Hamid El Kasri, einer der bekannteste Gnawa-Musiker des Landes, die Bühne und wird aufs Unglaublichste abgefeiert. Gnawamusik gehört zu Marokko wie das Couscous am Freitag.

Ursprünglich handelt es sich dabei um die Musik des gleichnamigen Volksstammes der Gnawa. Gnawa ist der marokkanische Begriff für die Nachfahren der schwarzafrikanischen Sklaven in Marokko. Auch Angehörige des in Westafrika beheimateten Stammes der Hausa wurden in Marokko so bezeichnet. Das Wort leitet sich ursprünglich von dem Wort für die Bewohner der früheren Hausa-Hauptstadt Kano, den Kanawa, ab. Musikalisch war Gnawa anfangs etwas gewöhnungsbedürftig für meine mit Rockmusik zugekleisterten Ohren. Die Rhythmen sind ebenso ungewöhnlich wie die Instrumentierung. Charakteristisch für Gnawamusik ist der Einsatz der Gimbri, einer dreisaitigen, ziemlich tiefen Laute, die aus einem Holzkorpus und Saiten aus Schafsdarm besteht, und großen schweren Kastagnetten aus Metal, den Qaraqib.

Lässt man sich allerdings länger darauf ein, stellt sich eine ähnliche Stimmung, wie bei ganz ursprünglichen Bluesaufnahmen oder alten Reggae-Tracks ein. Das ist alles reduziert, sehr repetitiv, hat aber dadurch einen fast schon meditativen Charakter. Da ist es dann wenig erstaunlich, dass Gnawasessions teilweise die ganze Nacht dauern können. Hamid El-Kasri hat Gnawa vielleicht nicht revolutioniert, aber er hat es soundmäßig so aufgepimpt, dass es auch auf einer großen Bühne funktioniert. Ergänzend zu Gimbri und Qaraquib und einem sechs-köpfigen Chor kommen live gleich zwei Schlagzeuge, E-Bass, Gitarre und ein Bläsersatz dazu. So kann man mit Gnawa schnell mal ein ganzes Stadion beschallen und ganze Familien, Frauen, Männer, Kleinkinder und aufmüpfige Teenager dazu bringen, komplett abzutanzen.



Samstag ist Metaltag beim Boulevard. Den Anfang machen IMPULSE aus Rabat mit recht gefälligem Alternative/Psychedelic-Rock, der als Aufwärmübung für die kommenden Lärm gar nicht schlecht daherkommt. Interessant ist dabei, dass IMPULSE die einzige Band des Festivals sind, bei der eine Gitarristin auf der Bühne steht. Die lokalen Helden HINDERMINDS und VISCIOUS VISIONS werden beim Publikum ohne Ende abgefeiert, inklusive Mosh und Pogopit. So recht vom Hocker hauen sie mich allerdings live nicht. Vielleicht sind es auch eher Bands für einen kleineren Club, VISCIOUS VISIONS haben zumindest auf Platte ein paar gute Songs am Start.

Interessant beim Pogomob vor der Bühne ist, dass die Security sich beim Durchgreifen anscheinend was von der FIFA abgeschaut hat. Passt ja, schließlich sind wir ja in einem Fußballstadion. Wenn sich einer im Publikum beim Abtanzen das Shirt vom Leib reißt, ist ganz fix die Sicherheit da und begleitet ihn, tja, wohin? Erstmal raus. Soviel bekomme ich mit. Ob man dann nach einer Fünf-Minutensperre wieder rein darf? Oder ist man dann für den Rest des Abends gesperrt? Größere Revolten oder Aufstände gegen die Staatsgewalt gibt es aufgrund dieses Eingreifens aber interessanterweise nie. Vielleicht auch eine Folge, dass hier kein Alkohol im Spiel ist.

Dritte Band des Abends sind die Spanier ANGELUS APATRIDA, die ich in meinem Kleinhirn unter dem Namen ANGELUS ASPARAGUS abspeichere. Metalbands so, scheint es Gesetz zu sein, müssen auf einem Festival immer ein bisschen lauter als die vorherige Combo sein. Der Speed/Thrash-Stiefel aus der Slayer/Metallica/Pantera-Schule von diesen Spargelengeln ist schon höllisch laut, die darauffolgenden LOUDBLAST, die einen eher Deathmetal-lastigen Sound fahren, legen aber noch eine Schippe drauf. Meine Ohren fiepen wie kleine ängstliche Mäuse und so ziehe ich mich erschöpft ins gemütlich erscheinende Pressezelt zurück. Irgendwann sind LOUDBLAST fertig, Stille folgt und kein DJ legt mehr auf. Gut so.

Auf dem Heimweg erwarte ich nicht mehr viel, werde aber noch von den schon erwähnten IMPULSE aufgegabelt, die mich noch mit in einen kleine Bar unweit meines Hotels schleppen, in der zwei DJs fröhlich simple Elektromusik auflegen. Zwei Bier, etwas Whiskey-Cola später ist es zwei Uhr und der Laden macht zu. Reicht auch.

Der letzte Boulevard-Tag ist vom Line-Up her wieder um einiges bunter gemischter. Mit Khansa Bathma steht eine marokkanische Rockröhre auf der Bühne, allerdings viel unpeinlicher als Doro Pesch oder Konsorten. Bin ich anfangs noch etwas unbeeindruckt von dem Hardrock der dazugehörigen Band, bekommt das Ganze im Laufe des Sets doch mehr Schwung und Originalität, besonders dann, wenn Khansa zeigt, dass sie an den richtigen Stellen auch sehr eindrucksvoll schreien kann.

DJ Vadim sorgt mit seinem Balkan-Beat-Dub-Funk-Set für die bis dahin ausgelassenste Stimmung des Tages. Beim Interview später im Radio-Zelt wirkt er dann mit seiner Riesen-Brille und der Basecap mit dem hochgeklappten Schirm wie ein sympathischer Nerd, der sich auf dem Weg vom Plattenladen mal eben auf eine Festival-Bühne verirrt hat.

Die Straße von Gibraltar ist an ihrer engsten Stelle 14 Kilometer breit. 14 KM macht da als Name für ein kontinentübergeifendes Kooperations-Projekt von drei marokkanischen und drei spanischen Musikern auf alle Fälle schon Sinn. Musikalsich treffen sich dabei HipHop, Funk und Reggae und werden sehr souverän miteinander gemischt und vom Publikum bestens angenommen. Nur verstanden habe ich mal wieder keine einzige Zeile.

Der allerletzte Slot bleibt natürlich dem absoluten Highlight vorbehalten – und das sind GNAWA DIFFUSION aus Grenoble. Hatte Hamid El Kasri zwei Tage vorher eine eher traditionelle Gnawa-Version abgeliefert, gehen GNAWA DIFFUSION einen Weg, der sich schon bei vielen anderen Bands als besonders interessant erwiesen hat: Die Kreuzung zweier vorher so nicht verbundener Stile. Ursprünglicher Gnawasound wird hier mit Reggae und Dancehall gekreuzt und was dabei raus kommt, ist ein sehr cooler Crossover. Gegründet hat Sänger Amazigh Kateb, der auch die Gimbri spielt, schon 1992. Bis 2007 wurden acht Platten veröffentlicht, die auch in Europa auf viel Beachtung gestoßen sind. Danach war fürs erste Schluss, allerdings fand man 2012 wieder zusammen.



Von der Idee fühlte ich mich ein wenig an diversen Kooperationen erinnernd, die Fermin Muguruza zuweilen auf die Beine stellt, nur halt eben ohne Punkrock-Faktor dabei. Live sind GNAWA DIFFUSION jedenfalls eine großartige Band, die lustigerweise auch ein paar beinharte Casablanca-Punks in ihren Ramones/Misfits-Kutten zum Tanzen bringt. Und dann? Dann ist es vorbei, das ganze Festival. Draußen herrscht wieder Stille in einer warmen Septembernacht. Nur im Radiozelt wird noch lange Zeit bei Red Bull und Kif mit Amazigh Kateb über GNAWA DIFFUSION geredet. Das Stadion leert sich, die Crew macht sich langsam an den Abbau. Und ich? Mache mich, das Lied von Grizzly Adams pfeifend, angesichts des frühen Flugs am nächsten Morgen ganz brav zeitig auf den Weg ins Hotel.

www.boulevard.ma

Gary Flanell

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