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Samstag, 18. April 2009

Renfield No.13 Reviews (Part 2)


JOCHEN TAUBERT – DIE PUDELMÜTZENRAMBOS!
„Sie mögen mit der Geschichte nicht einverstanden sein oder sie gut finden – der Zweck der Übung ist es, einen Prozess in Gang zu setzten, zu zeigen , wie das Erfinden einer Figur eine dramatische Aktion hervorbringt, die zu einer Geschichte wird.
Es gibt wie gesagt zwei Wege, an ein Drehbuch heranzugehen:
Eine Idee haben und die Figuren der Idee anpassen oder eine Figur erfinden und die Story aus der Figur sich entwickeln lassen...“ Aus „Drehbuchschreiben für Fernsehen und Film“ Field u.a. Kapitel: Wie aus einer Figur eine Story wird.

Nun, Joachen Taubert und sein Stadtlohner Film-Team werden sich beim Drehbuch von den PUDELMÜTZENRAMBOS wohl gedacht haben: wir lassen aus dem Nichts heraus eine Figur entstehen, oder noch besser: ganz viele Figuren und die bilden dann, irgendwie wird es schon schief gehen, eine Story, Oder sie werden sich gedacht haben: Drehbücher – was für Autorenfilme, für Weicheier wie Wim Wenders. Scheiss drauf.Erzählen wir kurz den Plot: In einer ländlichen Kleinstadt verschwinden auf „mysteriöse“ Art und Weise die Frauen. Sie werden von einer brutalen Guerillaarmee überfallen und entführt. Sie landen in dem Schloss einer Dracula ähnlichen Figur. Warum bleibt unbeantwortet, ob es sich um einen Harem, einen Edelpuff oder eine Folterkammer handelt erfahren wir nicht. Eine Gruppe von Loosern jedenfalls, die Pudelmützenrambos, angeführt von den Buddies „Kondom“ und „Currywurst“ (gnadenlose Alliteration) führen eine Art Bürgerarmee an, die mit Hilfe von Dolly Buster und Jürgen Drews die Frauen befreit und heldenhaft rettet. Der Bösewicht wird dargestellt von Frank Zander, zumindest werden wir im Glauben gelassen es handle sich dabei um Frank Zander. Sicher ist: Ausschnitte aus dem Videoclips des Überhits „Kurt – Ohne Helm und ohne Gurt“ so wie auch seine mir bis dato völlig unbekannte Coverversion von Falcos „Jeannie“ sind in den Film hinein geschnitten. Mit etwas Fantasie und Hilfe der weg weisenden Kostümierung von Frank Zander (schwarzer Mantel und Hut) lässt er sich bestimmt als Übeltäter ausmachen. Um das Namedropping perfekt zu machen: Harry Wijnvoord, bekannt aus RTL-Fernsehgründertagen spielt einen Pfarrer und Ralf Möller, der Gladiator, wird zur Autogrammstunde aufgesucht und mit in den Film geschnitten. Das ist Burroughsche Cut-Up technik von und für Vollidioten. Was den Film auf jedenfalls auszeichnet sind: grenzenlos schlechte Dialoge von Möchtegernlaienschauspielern, miserabelste Hobbyfilm - Überblendungen mit hoffnungslosen Spezialeffekten, schlechte Beleuchtung, völlig überflüssige Stunts, Autoschrott, Minuserotik gerade wegen der angedeuteten Fickszenen und vor allem: der vielleicht schlechteste Soundtrack aller Zeiten.Was den Film erst Film werden lässt sind vielleicht die relativ professionelle Aufmachung der DVD-Hülle, der logische Aufbau (Vorspann – Film – Abspann) und das obligatorische Making-Of mit Pannenszenen am Ende des Films. Wer zwischen den Zeilen einen Trashhammer wittert liegt falsch. Selbst Fans von beispielsweise Rosa von Praunheims „Die Bettwurst“ werden feststellen müssen das Kunst eben doch von können kommt und sich Talent bei aller Bauernschläue nicht erhaschen lässt. In meinem Fall, nach unverschämten 130 (!!!) Minuten muss ich mit Schmerzen feststellen: LEIDER! Selten ist mein Humor so hart auf die Probe gestellt worden, selten kam ich mir auf dem Sofa dümmer vor. Wenn das die unbewusste Zielsetzung gewesen sein mag: Bitte schön. Ich ergebe mich, nur bitte verschone mich die Welt mit dem nächsten Jochen Taubert Film. Möge der Kelch an mir vorüber gehen. Das wäre mir sogar eine kleine Spende wert. Ingo Auge 

 
Maximum Rock´nRoll # 258
Noch so ein Fanzinekoloss, der rollt und rollt wie ein VW-Käfer. Ähnlich wie beim Ox wird man hier mit Information zu Punkbands aus allen Ecken zugeschüttet, was einen langen Lesegenuss verspricht, vorausgesetzt man kann englisch. Die 258 ist aber deshalb ein ganz besonderes Heft, weil hier Michael Graves interviewt wird. Michael Graves war mal Sänger bei den Misfits, ist aber in letzter Zeit eher dadurch aufgefallen, dass er bei den Schwachmaten der ConservativePunk-Homepage eine eigene Kolumne hat. Mutig und gut vom MRR, den Mann mal zu seinen Ambitionen zu befragen, was dabei rauskommt wirft kein gutes Licht auf den Typen. Ansonsten werden noch No fucker, Dominatrix, Career Suicide, The Diffs u. ähnlich unbekannte Bands interviewt, mal abgesehen von den -zig Anzeigen kleiner und Kleinstlabels. Wahnsinn, so was (MRR, PO Box 460760, San Francisco, CA 94146-0760)
 
OXO 86 – Fröhlich sein und singen
Das Pumuckl Thema. Glatt wiedererkannt. Umgemünzt auf den Bandnamen: „Die Oxos sind da!“ OXO86 hauen ganz schön auf die Pauke. Schmissige Oi-Ska Rhythmen treffen auf noch schmissigere Texte im „Ich bin ein Poet oder ich hau dir aufs Maul“-Verfahren. Schillers Galle, Goethes Blase oder E.T.A. Hoffmans Stechäpfel werden schön säuberlich mit Schnaps und Bier durchgespült und erbrochen. Ein Beispiel gefällig? „Eine Droge beherrscht das ganze Land – Im flüssigen Aggregatzustand – Ein kleiner Teufel aus der Flasche – zieht dir die Kohle aus der Tasche“ (Alkohol). Ja meine lieben OXOS, da bin ich ganz sprachlos, selten gingen Chemie-Grundkurs und Oberlehrer-zum50.Geburtstagsständchen-Poetry so wahnwitzig und haarscharf zusammen auf dem Bürgersteig entlang. Musikalisch untermalt durch Bläser und Humtaschlagzeug sind eure Fetenhits ein Stimmungsgarant für jedes Biergelage. Und wenn mal ein Schnäpschen reinflutscht, dann sagen die OXOS nicht nein. Sie singen frei von der Leber weg: „ENDSTATION! Dort wo ich im Rausch versinke! ENDSTATION! Weil ich mich hoffnungslos betrinke! ENDSTAION! Der Treff(punkt) für Härtefälle! Endstation! Willkommen in der Hölle!“. Da darf der anonyme Alkoholiker ruhig mal einen mitheben. Die Sucht kommt klar reflektiert rüber! Bei den OXOS ist das ganze Jahr Karneval, die Kostümierung ist Punk. Ich finde die OXOS sollten nicht nur eigene Musik machen um ihren lyrischen Ergüssen Raum zu bieten, nein, sie sollten auch einen eigenen Schnaps brennen, den OXO 86, das klingt amtlich nach Spirit in the Sky, und mein alter Arbeitskollege Karl hat auch schon den passenden Slogan für das Produkt: OXO 86 – Frauen und Musik machen das schönste Fest kaputt. An die göttlichen DER DURSTIGE MANN reicht ihr leider nicht heran, aber darf denen auch nur das Wasser reichen?!? (www.pukemusic.de) Willy Waga
 
The Spook – Some like it dead
Nein, ich sage nicht, wo ich diese Platte herhabe- sagen wir mal, der Transfermarkt hatte eine ungewöhnlich günstige Kaufoption geboten und jeder Bundesligamanager weiß, da muss man zuschlagen, bevor sich der Markt im Winter wieder schließt. Und der Neuzugang hat sich gelohnt. Im Gegensatz zur 10inch haben sich The Spook auf wichtigen Positionen durch den Einkauf von Deathorgelspieler (auch Stammmitglied im transsilvanischen Nationalteam) Terence Tula eklatant verstärkt und sind somit in der Lage, ihr bisher durch einen starken Offensivdrang geprägtes Auftreten um einiges vielseitiger zu gestalten. So sind sie mittlerweile nicht nur versiert, im kurzen schnellen Horrorflankenspiel, sondern können den Ball auch mal flach halten, durch langsam gehaltene Pässe eine angenehm unheimlich-atmosphärische Stimmung ins Spiel bringen, dennoch blitzschnell auf gefährlich schnelle Konter umschalten und den einen oder anderen Song direkt zum Erfolg verwandeln. Dies alles dürfte ausreichen, um dem Team auf Dauer einen Platz auf den vorderen Rängen der Bundesliga der außergewöhnlichen Horrorpunkgentlemen zu sichern. Auch international könnte dies – ein beständiges Halten der Form vorausgesetzt - einen dauerhaften Aufenthalt in der Championsleague auf Augenhöhe mit Arsenal Misfits (die nach neusten Meldungen nicht nur ihren Namen an einen bedeutenden Versicherungskonzern, sondern auch mittlerweile ihre Seele vollständig dem Merchandiseteufel verkauft haben und von diesem in eine Aktiengesellschaft transformiert wurden) bedeuten. (auf People like you Rec.)
 
Morrissey – Irish heart, english blood - Single
Komisch, es ist schon lang her, daß ich mir mal ´ne Vinylsingle im Laden gekauft habe, dass ich mich nicht mehr dran erinnern kann. Ich meine, so ganz offiziell im Plattenshop eine aktuelle Hitsingle zu kaufen, hat mehr so den Charme der 80er Jahre. Was aber ganz gut zu Morrissey passt, schließlich war er ja DER 80er-Indiediscoheld. Den ich als Jungpunkrocker damals eigentlich eher scheiße bzw. belanglos fand. War irgendwie Mädchenmusik oder was für blasse Grufties, die mit Basketballfrisur todtraurig im Oktober auf dem Schulhof rumstehen. Chaos Z oder Inferno waren zu der Zeit einfach geiler, aber - noch´n Zitat – „The times they are a-changing“ und Morrissey kann ich mir mittlerweile sehr gut verpacken – wenn auch „Irish heart…“ gegenüber „It`s hard to walk, when you´re small“ auf der B-Seite (auch so’n fast ausgestorbenes Relikt aus alten Zeiten: Die B-Seite. Gibt´s nur bei Vinylplatten. Oder kann mir mal jemand bei einer CD bzw. bei Mp3-Files die B-Seite zeigen? Hab neulich mal eine CD umgedreht und abgespielt, war ein sehr interessantes Hörerlebnis) der haushohe Sieger ist. Trotzdem kommen mir die neuen Morrissey-Sachen um einiges rockiger und energischer vor, als das, was er früher gemacht hat. In letzter Zeit mehren sich sogar die Sonntage, an denen ich versucht bin, mir auf dem Trödel eine alte Smiths-CD zuzulegen. Für die Tage, an denen ich mich als blasser Gruftie fühle und depressiv auf dem Hof der Fachhochschule stehe. (auf Attack Rec.)
 
For promotional use only #2 – Musikvideos aus dem Off
DVDs werden im RENFIELD ja eher selten besprochen, aber wenn mal eine hier landet, dann...ja, dann. Nicht wahr? Wird sie mit höchster Aufmerksamkeit begutachtet. Die Vorliegende Scheibe ist eine Veröffentlichung aus dem Hause Staatstakt, was sich das Label der Türen ist. Ok, damit war’s das mit der Objektivität, denn die Türen werden bei mir für ihr Schaffen und auch persönlich hoch geschätzt. Was gibt’s zu sehen auf dieser DVD? 15 töfte, flippige, freche, flotte und pfiffige Musikvideos von allem möglichen Volk, was in Deutschland zur Zeit recht interessante Popmusik macht, fast eine Werkschau durch den aktuellen Stand hmmja, „alternativer“ Popmusik (huh, das klingt jetzt aber seltsam) Die Türen sind natürlich mit dabei genau wie die Goldenen Zitronen, Blumfeld, Chicks on Speed, Rocko Schamoni, International Pony und so was. Alls so eine angenehm abseitig-skurrile Mische aus NDW-Gitarren-Pop-Elektrosachen. Der Fachmann würde wohl das Wort Elektroclash oder auch „Diskurspop“ in die Datei hacken, aber da scheiß ich drauf. Natürlich sind auch ein paar Schattenseiten dabei, die seltsame Elektroblubberversion von „Jo le Taxi“ von Hanayo ist einfach öde, genau so wie der seltsam tuntige Clip von Felix Kubin. Dafür hat Peter Licht (genau, der Sonnendeck-Mann) mit „Die transsylvanische Verwandte“ nicht nur ein tolles Video hingebastelt, sondern auch einen geilen Antihit an sich. Also 13 mal Spaß, 1-2 mal Kack und achja, 4 spaßige Kurzfilme sind noch drauf, von denen zwei überraschenderweise schon vor ein paar Jahren auf einer DER besten Kurzfilmcompilations schlechthin- PEARL HARBOUR III - veröffentlicht wurden. Jetzt könnte ich mich natürlich noch über die verschiedenen Menüs zum Anwählen der Videos auslassen, die sind aber insgesamt so nutzerfreundlich gestaltet, dass auch der medieninkompeteste Depp damit gut zurecht kommen wird. (auf Staatsakt Rec., www.staatsakt.de)
 
It`s a question of Crust – Das Power-it-Up-Special
Tja, so ist das bei Grind und Crustcore. Der voreilige Hörer wird schnell sagen: Ach, geh weg mit dem Krach, da versteh ich eh nix. Aber könnte man denn nicht sagen: Grindcorefans sind die besseren Zuhörer? Denn Crust ist nicht gleich Crust und Krach ist nicht gleich Crust, und nur wer sich die Muße nimmt, nicht alles über einen Kamm zu scheren, wird einiges entdecken, denn Unterschiede gibt’s bei den Power-it-Up-Releases alle mal. Wobei ich finde, das Grindcore eine Musik ist, die man sehr dosiert einsetzen sollte, homöopathisch vielleicht. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum in diesem Bereich so viele Singles. EPs und 7inches erscheinen. Die Wirkung ist gerade hier, auch mit kleiner Dosierung beträchtlich. Ich kann mir nicht 24 Stunden am Tag das totale Gebolze geben, aber es gibt Situationen, da ist es einfach geil, die Electro Hippies aufzulegen und den Lautstärkeregler ganz nach rechts zu drehen. Schaut man sich die Veröffentlichungen der letzten Zeit bei P.I.U., dem kleinen Label, aus Vechelde mit Kontakten zur gesamten Grind/Crustszene in der ganzen Welt an, kann man schon einen ganz guten Überblick kriegen, wo was da im Augenblick angesagt ist. 

Japan scheint da traditionsgemäß ganz weit vorn zu sein. Schon in den 80ern tummelten sich dort ein Haufen extremer Hardcorebands, S.O.B., Lipcream, Gauze, Gastunk, Gism, Execute und wie sie alle heißen. Das setzt sich fort bis heute und mit den Bathtub Shitters haben Power-it-Up eine absolute Oberband am Start. Die „Wall of World is word“-CD ist gerade mal 20 Minuten lang, aber das reicht um dem geneigten Hörer 12 Grindgranaten (na sagen wir 10, wenn wir das akustische Intro/Outro abziehen) um die Ohren zu hauen. Der Sound ist fett und ein Holy-Moses-Cover ist auch am Start. Die perfekte Hintergundmusik bei kleineren Reparaturen im Haushalt, z.B. um die rostige Fahrradkette wieder mit einer Rohrzange zu flicken.

Auf der „One Fun“-7“ machen die Badewannenschisser ziemlich genau da weiter, wo sie auf der CD aufhören: 7 mal derbes, aber doch recht abwechslungsreiches Gegrinde, mal mit Grunzgesang, mal mit Gekeife. 2 Coverversionen gibt’s, 1x von Terrorizer, einmal von S.O.B., dazu noch einen Livetrack und einen japanischen Spoken-Word-Track. Geil.

Ebenfalls aus Japan, genauer gesagt aus Nagoya kommen Unholy Grave, die schon einiges veröffentlicht haben und wohl so was wie die Bestseller im P.I.U.-Programm sind. Die Against Terrorism – 7“ sagt vom Titel schon, worum s geht und ist schon so was wie eine Konzeptplatte zum Thema Terrorismus. Daß U.G. nicht gerade dafür sind, dürfte klar sein, wird aber dann auch bei den Songtitel deutlich, die allesamt das Wörtchen Terror in sich tragen. Von „Bullshit Terrorism“ über „Stop Terrorism or die“ zu „Against Terrorism“ ist alles dabei, die Aufnahmen vom November 2002 wurden dabei deutlich von den Ereignissen des 11.9. 2001 beeinflusst. Wie nicht anders zu erwarten sind Unholy Grave denn auch ziemlich kompromisslos in ihren Grindkloppern und ans Ende der ersten Seite haben sie dann noch ein kleines Zitat von George Bush drangehängt. Vielleicht sollten die Amis mal ihre Strategie überdenken und statt Soldaten mit dieser Platte Jagd auf Terroristen machen, hätte bestimmt mehr Erfolg, als sich im Irak immer sinnloser in einen Guerillakrieg verstricken zu lassen.

Daß sie noch mehr können, als über Terrorismus zu singen, zeigen Unholy Grave dann auf der einer der neuesten P-I-U.-Releases, der Splitsingle mit KADAVERFICKER (Anwärter auf den besten deutschen Bandnamen seit langem) aus Dortmund. 5-mal dürfen die Japaner ran, wobei die Songs in wechselnden Besetzungen zwischen 1997 und 2003 aufgenommen wurden. Die sind also schon etwas länger dabei und wenn man´s nicht wüsste, könnte das auch einfach guter Japsencore aus den 80ern sein. 

Die KADAVERFICKER haben nebenbei mal eben ein neues Genre erfunden, dessen einzige Vertreter im Augenblick wohl sie selber sind. Willkommen bei der wahrscheinlich ersten NEKROCORE-Band der Welt. Als Nekrocore-Legende hat man wahrscheinlich von Natur aus ein Faible für Horrorfilme und lässt es sich nicht nehmen, aus deren Tonspuren mal immens lange Intros für seine Songs zu basteln. Das mag ganz witzig sein, gefällt so ´nem ungeduldigen Menschen wie mir aber nicht so gut, zu mal die richtigen Songs, die sich irgendwo zwischen ultraschnellem Grind und schleppendem Deathmetal bewegen, so was gar nicht nötig haben. Vom Auftreten, Herkunft (auch Ruhrpott), Namen und Styling her haben die fast schon so das Zeug zur Kultband wie die frühen SODOM. Tolle Intros haben die Herren Fäkalpapst, Goreminister und Spermanavigator auch für ihre zwei Songs der Splitsingle mit Agathocles gefunden. 2 Granaten, deftig und herb, wie es im Ruhrgebiet manchmal so ist. AGATHOCLES könnte man schon irgendwie als Godfathers of Grind bezeichnen: Ein Blick auf die Liste ihrer Releases zeigt, dass die Belgier schon seit Jahren unermüdlich mit allen möglichen Bands zusammenarbeiten und sich dabei immer selbst treu bleiben. Die Splitsingle bringt dem Hörer gleich 4 neue Granaten ans Ohr, die allesamt mit ´nem 4-Spurrecorder aufgenommen wurden. Noch was zu den Texten: Die sind zwar recht schwer zu verstehen, aber es gibt sie und AGATHOCLES stehen nicht nur weit und offensiv links, sondern wettern gegen Faschisten, Politiker und das GATT-Abkommen. Gut das.

So. Machen wir mal ´nen Sprung. Nach Finnland. Für dieses Land habe ich eine Schwäche. Wegen der netten Frauen, wegen der witzigen Sprache, von der ich mir immer vornehme, sie mal zu lernen und wegen der guten, etwas obskuren Vorliebe der Finne für seltsamen Humor und gute Musik. Katastrofialue zum Beispiel. Nach intensivem Hören ihrer „Taivaasta Roskiin“-EP bin ich zu dem Schluß gekommen, es hier mit echten Naturfreunden zu tun zu haben, denn es gibt wahrscheinlich selten Bands, die es schaffen in den 10 Songs ihrer EP einen wütenden Hornissenschwarm perfekt akustisch umzusetzen. Geiles Teil, eins der besten Dinger hier, leider schon von 94, könnte mir fast vorstellen, das die sich schon aufgelöst haben. Heinz Sielmann und Dr. Grzimek wären stolz auf diese Band.

Finnisch geht´s weiter: Tuomiopäivän Lapset heisst auf Deutsch soviel wie „Kinder des Tages des Jüngsten Gerichts“ – kein sehr optimistischer Name irgendwie. Vielleicht gab’s die Band auch deshalb „nur“ von 1991 bis 1998, dann war´s mit der gemeinsamen Zukunft wohl Sense. In diesen siebeneinhalb Jahren waren Tuomipäivän Läpset aber außerordentlich produktiv, wie die bei P.I.U. erschienene Discographie beweist. Es hat für 8 Singles gereicht, darüber hinaus waren sie an 6 internationalen Compilations zu finden. Brian Wilson hätte die Jungs mal zum Gespräch bitten sollen, dann hätte er seine Smile-CD vielleicht schneller fertig bekommen. All diese Songs sind jetzt auf einer Doppel-CD zusammengefasst und das „Tuomiopäivan…“ kein Opern singen beweist die fast unglaubliche Zahl von 59 schnellen – HC/Crustsongs, wie man sie von Bands wie Kaaos, Tervet Kadeet oder Rattus kennt und in denen gegen alles gewettert wird, was geht: gegen Bullen (die zu verbrennen empfohlen wird, weil das ihr einziger Nutzen ist. Hmm ja, bin generell kein Freund von Menschenverbrennen, ob Bulle oder nicht), gegen Faschisten, gegen die herrschende Klasse, gegen Tierversuche – gegen fast alles. Kommt also recht nihilistisch daher, diese CDs, ist aber trotzdem muckemäßig ordentlich gemacht. Vergleicht man die früheren mit den späteren Songs lässt sich sogar eine gewisse Entwicklung in den Songstrukturen ausmachen, die am Anfang noch sehr, sehr simpel sind und die Songs dementsprechend kurz, aber im Laufe der CD wird´s dann noch etwas ausgefeilter und so ist auch die zweite CD insgesamt doch hörbarer. Als wäre das alles noch nicht genug, gibt’s als Bonus noch alle 10 Songs der „Doomed for Destruction“ – 12inch von Genocide. Ist nur ein bisschen unklar, in welchem Zusammenhang Genocide und Tuomipäivän Lapset stehen – Vielleicht Vorgängerband – Nachfolgerband? Da wären ein paar Linernotes angebracht gewesen. 
Kuomela heisst schlicht und ergreifend zu gut deutsch Tod. Deren „Noise from sick City“ kann man fast schon als historische Aufnahme bezeichnen. 10 Songs (mal wieder) die im grimmig kalten Februar 1983 irgendwo in einem finnischen Studio bzw. Proberaum 
aufgenommen wurden. Das heißt 10mal typisch finnischer Hardcore aus den Achtzigern und die Fachleute wissen, dass so was dann auch ähnlich wie Tervet Kädet (deren Gitarist hier auch mitmacht) oder Rattus klingt: schnell, roh und simpel. Die Soundqualität ist nicht so dolle, deswegen gibt’s leichte Abzüge in der B-Note, sonst wäre es vielleicht eine Top-Platte. Super-Cover übrigens, möchte ja gern wissen, ob das Bild echt ist.
So, bin gerade gut in Schwung, da leg ich doch mal die nächste Platte auf, um meine Finnischkenntnisse zu erweitern. Dissect heißt die Band, „Todellista Todelisuutta“ die EP, vorn auf dem Cover ist ein Atompilz gezeichnet, in den geschickt ein Totenkopf eingeflossen ist, daneben tummeln sich Hochhäuser, Fabriken, Ölbohrtürme, alles recht schlicht gezeichnet und in s/w gehalten. Dann dröhnts dumpf aus den Boxen: der Sound ist zwar nicht optimal (besonders das Schlagzeug klingt, als wäre da ein Sounddesigner für Keksdosen zugange gewesen). Die drei Songs auf der A-Seite sind recht herkömmlicher schneller Discharge-mäßiger Crustcore, klares Highlight auf der EP ist allerdings die B-Seite, wo nur ein Song drauf ist, aber der ist dadurch, dass er nicht nur stumpf und schnell ist, sondern echt variantenreich, sehr gelungen. Wenn Dissect in der Richtung weitermachen, werden sie noch ganz groß. Ist übrigens eine Zusammenarbeit von P.I.U. mit Prole Rec. aus Finnland und Undislessed Records aus Frankreich.
Natürlich gibt es auch in andern Ländern heftige Bands, so haben sich beispielsweise Matka Teresa und F.U.B.A.R. aus Amsterdam zu einer Splitsingle zusammengefunden. Das klingt ganz und gar nicht nach De Heideroosjes oder ähnlichem, was man aus den Niederlanden kennt, sondern es wird gegrindet, daß einem die Tüte aus dem Mund fällt und die Tulpen in der Hand verwelken Matka Teresa machen kurze Grindcoresongs mit ´nem leichten Metaleinschlag und dem bekannten Grunzgeschrei. Ihre Kollegen von der Flipside arbeiten im gleichen Gewerk, irgendwie gibt’s keine Band, die hier deutlich besser ist, aber schlecht sind sie beide definitiv auch nicht.
Das beste Cover der bisher bekannten P.I.U.-Releases haben eindeutig Hibernation aus Griechenland. Und nicht nur artworkmäßig sind die ganz groß unterwegs, auch vom musikalischen her gehört die Band aus Athen für mich schon zu den Highlights. Die Loneliness-EP hat 4 düstere, fast schon metalmäßige Songs, die mich irgendwie an eine Mischung aus Black Sabbath und Wolfpack und Discharge erinnern: Da folgen auf lange, düstere Spoken Word-Parts kurze desperat klingende Hardcore /Crustkracher, die durch den kantigen, griechischen Gesang noch um einiges stimmungsvoller und eindringlicher rüberkommen. Vor ein paar Jahren gab’s schon mal mit NAYTIA `ne Band, die so ähnlich war. Neben Katastrofialue und Bathtub Shitter meiner Meinung nach die beste Band bei P.I.U. 

Nailed Down: „Perth Wolfpack“ – nicht so gerade der typische Power-it-Up-Stuff. Kein Crust/Grind, mehr rauer Old-school-Hardcorepunk, der deshalb schon Sympathiepunkte einfährt, weil er mich stark an die letzten G.G. Allinsachen erinnert. Fast hätte ich sogar gedacht, die hätten bei „Romper Stomper“ was zum Soundtrack beigetragen, denn „Smack in the head“ klingt verdammt ähnlich wie der im Film verwendete Song (mal von der Gewaltverherrlichung abgesehen, das ist nicht so doll). Also sehr abwechslungsreich, die CD, aber die hier vertretenen Songs stammen auch aus verschiedenen Aufnahmestadien. 2 Coverversionen von Blitz und Negative FX sowie einen etwas obskuren Industrial-Meeresrauschen-Track gibt’s auch noch und wer einen Computer hat, kann sich auch einigen schwarz-weißen Liveaufnahmen von Nailed Down-Konzerten anschauen, wobei deren Qualität aber nicht wirklich gut ist.
Daß der Unterschied zwischen Extrem-Grindbands und diversen Deathmetalcombos im Grunde gar nicht sooo groß ist, kann man eigentlich ganz gut bei der Split-LP von Depression und Mesrine sehen. Zumindest beim Artwork könnte das Ding auch ganz klar als Todesmetalplatte durchgehen: Schriftzüge am Rande der Unleserlichkeit. Depression sind aus Deutschland, NRW tippe ich mal und auch vom Sound her kommen die eher aus der Metalecke. Der Grunzgesang, die metalmäßigen Gitarren, die Texte über Blut Fleisch, Aas, Leichenfledderei und anderes Geschmatze sowie das nicht ganz so arg schnelle Tempo könnten auch für den einen oder anderen Cannibal-Corpse-Fan interessant sein. Richtig geil ist allerdings, daß die es sich nicht nehmen lassen, „Hate the kids“ von Turbonegro zu covern!! Da hätten die Norweger bestimmt selber ne Menge Spaß dran.Die Rückseite dieser in schiefergrau gehaltenen LP gehört den Kanadiern von Mesrine. Ansässig im französischsprachigen Teil des Landes, haben sie all ihren Songs die Namen von irgendwelchen Kerlen gegeben, von denen ich denke, dass es alles Massenmörder sind, zumindest ein Song heißt Saddam, dann gibt es noch „The Mangler“, „Jack Bishop“, „Le Restaurateur Georges Tannous“ und so was. Auf den Abdruck der Lyrics wird generell verzichtet, aber das soll ja nicht heißen, dass es keine gibt, höhö. Sehen wir das mal als Chance, Grind (und solchen -schnell, hektisch mit einer derben Metalkante sowie Schrei-und Grunzgesang versehen- spielen sie) als Instrument der internationalen Verständigung zu etablieren, denn wo keine Lyrics stehen, schrecken sie auch keine Fans ab, die kein Französisch sprechen. Das ist ja fast schon ähnlich wie bei Techno, wo gerade der Verzicht auf Texte in den Songs dazu führt, dass es universell auf der ganzen Welt verständlich/einsetzbar/genießbar ist, ohne irgendwelche Sprachbarrieren.
Ob bei den Platten von Ruido aus L.A. für den uneingeschränkten Hörgenuss unbedingt Spanischkenntnisse nötig sind, lass ich jetzt mal dahingestellt. Jedenfalls hauen sie einem auf der ihrer Live@KXLU-Radio-7“ sieben raue Grindgranaten um die Ohren, die aber ewig gleiches Gebolze sind, sondern schon eine recht eckige, eigene Struktur haben. Wenn Black Flag eine Grindband gewesen wären, und dazu auf Spanisch geschrieen hätten, dann wäre wohl so was wie Ruido rausgekommen. Ab und an geht´s dann aber doch einfach straight nach vorne, was Live im Radio bestimmt ganz gut abgeht. Ruido haben sich dann noch mit Nailed Down für eine 5-Inch-Leckerli-Splitsingle zusammengefunden, die (ich erinnere mich noch an den Wilbur Cobb-Fünfer) bei der mein Plattenspieler aber genau in dem Moment die Nadel anhebt, in dem Musik anfängt. Deshalb für mich unhörbar, aber ich wette, die 2 Ruido-Songs und die drei (!) von Nailed Down dürften dem entsprechen, was es auf den Singles bzw. der CD zu hören gibt.
Eine Ausnahme unter den Power-it-Up-Veröffentlichungen ist auf alle Fälle die LP von Wormwood, die quasi ein Überbleibsel von der Übernahme des Maximum-Voice-Vertriebs ist. Überbleibsel klingt jetzt ein bisschen hart und das wird dieser Platte auch nicht gerecht, denn sie ist richtig gut. Zwar schwierig zu hören, aber doch sehr gut.Das fängt schon beim aufwändig gestalteten Artwork des LP-Booklets an: Sehr düstere, dunkle Bilder, die man eher bei einer Gothicband erwarten würde, als bei einer Band auf diesem Label. Auch die Besetzung ist ziemlich ungewöhnlich, auf Gitarren wird ganz verzichtet, dafür hat man 2 Bassisten an Bord, einen Keyboarder sowie noch jemanden, der diverse Samples einstreut und auch noch für Tribal Percussion zuständig ist. Das man hier also kein stumpfes Gebolze erwarten kann, liegt fast schon auf der Hand, die Aufnahmen gehen wirklich eher in die Neurosisecke bzw. Gothic/Metalrichtung, allerdings ohne dem ganzen damit zusammenhängenden Kitsch zu verfallen. Teilweise sehr schleppende Songs, mit einer Kirchenorgel untermalt, heiserer 
Gesang (den man sogar richtig versteht) und am Ende hängt noch so ein atmosphärisches Klavierinstrumental dran, dass sich so mancher Filzkopf fragen könnte, ob er gerade eine Chopin-Platte gekauft hat. Abwechslungsreich, sehr intensiv, eher untypisch im vergleich zum 
anderen Power-it-Up-Stuff, aber (auch deshalb) sehr gut.

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