Ein Echo aus der Vergangenheit, wieder mal. Aber diesmal kein Nostalgie-Anfall. Es geht vielmehr um eine Band, deren frühere Platten ich immer noch sehr gut finde, die ich aber im Renfield-Winterschlaf etwas aus dem Augen verloren habe.
Das LO FAT ORCHESTRA war in Renfield-Hausen immer hoch angesehen, weil ihre Songs immer einen ordentlichen Drive hatten, dazu auf schöne Tasteninstrumente zurückgegriffen wurde und es außerdem eine gute Eingängigkeit gab. Post-Punk mit Heimorgel-Charakter, der mich bei jedem Album immer so gut mitgenommen hat, als würde ich an der Auffahrt zur nächsten Musik-Autobahn mit dem Daumen raus stehen und mal schauen, wohin mich dieser Lift bringt. Mit dem LFO ging es gefühlt immer sehr weit raus und das war schön.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich die Band aus Schaffhausen im Laufe der Jahre sang- und klanglos aufgelöst hatte, wie so viele andere Bands, aber das war wohl nicht der Fall. Nun gibt es eine neue 7inch auf Tomatenplaten, dem Label von Beatsteaks-Drummer Thomas Götz, der immer wieder die interessanten Pflanzen in seinem musikalischen Gewächshaus heranzüchtet. Und deshalb passt ja das LFO super dorthin. Weil irgendwie schon immer Indie oder Post-Punk, aber nicht so richtig einzuordnen.
"ALL I GOT, ALL I WANT" ist eine hübsche treibende Synthie-Punk-Nummer mit knackigem Basslauf, der in seiner Geradlinigkeit das Gefühl vermittelt, du würdest in einer Rakete sitzen, die gerade Richtung Andromedanebel start. Space also. So einen leichten Sci-Fi-Retro-Touch hatten die LFO-Songs sowieso immer mal wieder. Es war dieses treibstoffartige Nachvorne-Preschen mit diesen weltraum-artigen Synthie-Sounds, wie man sie im letzten Jahrhundert gern mal zur Untermalung von Sci-Fi-Filme genutzt hat.
Auch "ALL I WANT", zweiter Song der A-Seite, womöglich die Response für den vorangegangenen Call "ALL I WANT" geht ähnlich gut nach vorne, ist auch viel knackiger und kürzer. Allerdings mit sehr verhalltem Gesang, denn das Verträumte, das Spärische, das immer auch typisch war für die Band, soll ja nicht verloren gehen.
DEAD MAN auf der B-Seite dagegen, ist ein hübscher langsamer Schieber mit Heimorgel-Beat und -Sounds, psychedelisch-verträumt, dabei aber so eingänging wie eine Pop-Ballade und so entspannt wie ein Spaziergang auf einem Trampelpfand durch einen zugewucherten Garten. Erinnert mich dann doch ein wenig an MOGWAI oder die vergessenen Finnen von MAGYAR POSSE, nur weniger rockig und dem 7inch-Format geschuldet,auch kürzer. Macht es natürlich nicht schlechter. Eher besser.
E auf der 26,5-teiligen Renfield-Rezensions-Skala
Gary Flanell
ALL I WANT vom LO FAT ORCHESTRA erscheint auf Tomatenplatten
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Samstag, 26. August 2023
Sonntag, 20. August 2023
Schön, wenn Menschen Musik machen, Nostalgie-Edition Teil 2
Also. Nostalgie.
Auch wenn ich ihr eigentlich eher ablehnend gegenüber stehe, gab es doch neulich einen Moment, in dem ich anhand einer neuen Platte wirklich nostalgich wurde.
Auf Wegen, die ich nicht mehr so richtig nachvollziehen kann, bin ich auf VANILLA BLUE und derene zweite LP "Sweetheart" gestoßen. Eine Band aus Frankreich, genauer gesagt aus St. Etienne. Es kommt selten vor, dass ich über Bandcamp Platten kaufe, hier war es der Fall.
Denn VANILLA BLUE habe mich an den glücklichen Moment erinnert, an dem ich eine sehr rockige Art von Punk gehört habe. Bands wie MEGA CITY FOUR, NOZEMS, DEAD MOON, DOUGHBOYS, NOMADS. Waren und sind irgendwie geil. Keine Idee, dass man das oft als Garage-Punk bezeichnen konnte, es war einfach eine schöne relaxte Art von Punk, die nicht unter ein Label oder in eine Szene gepackt werden konnten. Eher Jeansjacke als Leerkutte passt da als Outfit. Und sicher gab es dafür schon große Vorbilder aus den USA oder Australien, wie THE SAINTS, CELIBATE RIFLES und ähnliches, aber die waren eben für mich in den 90ern nicht so greifbar.
Jedenfalls: Ich höre VANILLA BLUE zum erstenmal, dann zu zweiten Mal, zum dritten Mal. Und auf Bandcamp ein komplettes Album dreimal hintereinander hören, ist für mich schon ein Zeichen großer Liebe. Damit hatten sie mich soweit, dass ich mir über ihr Label NINETEENSOMETHING das orangene Vinyl bestellen musste. Großartige und abwechslungsreiche Songs sind das. Manchmal schleichen sich sogar Bläser ein, und quelle surprise - bei "Panic" hat sich JERRY A. von POISON IDEA als Gastsänger dazugestellt. Interessante Kombi, denn Poison Idea hätte ich als Verbindung zu dem Sound von VANILLA BLUE so gar nicht gesehen.
Die wahren Connaisseur*innen wissen natürlich, auch, dass "Vanilla Blue" der Titel eines Songs von NAKED RAYGUN ist. Die wiederum kenne ich nur sehr flüchtig, obwohl es mich musikalisch sicher ansprechen würde, habe ich mich mit denen noch nie näher beschäftigt. Aber Musikinteresse folgt nicht immer den logischen Wegen.
Darüberhinaus musste ich beim Hören als Vergleich nicht nur an MEGA CITY FOUR & Co. denken, sondern auch an einen eher obskuren Sampler, der hier immer noch im Regal steht, und für mich, ganz subjektiv, immer noch eine ganz großartige Compilation eben jener Bands war, die sich im Feld zwischen Punk und Garage tummelten.
"The Violence Inherent In The System" erschien 1991 in Frankreich, die meisten Bands kamen auch von dort, aber ein paar Combos auch aus Finnland, der Schweiz oder Schweden - wo es recht große Garage-Punk-Szenen gab. Mit NOISE ANNOYS war sogar eine Hamburger Band dabei, wobei ich finde, dass die im gesamten Setting soundmäßig eher rausstechen. Ich mag diesen Sampler immer noch, es ist für mich eine fast perfekte Zusammenstellung von gutem Garage/Punkrock. Songs wie "Surfin' in the bars" von den Nomads oder "Sex my soul on fire" von den BACKSLIDERS kennt wohl fast kein Mensch mehr, es sind aber immer noch Perlen.
Genauso wie "All around" von den SCUBA DRIVERS. Hübsch-melancholische Pop-Punk-Nummer, von einer Band, die wieviele andere Bands, damals nicht über ein Mini-Album und eine 7inch heausgekommen ist. Diese Mini-LP steht hier schon seit fast 30 Jahren im Regal, es gibt Momente, da lege ich sie immer noch gerne auf. "All Around" ist auch auf dem einen oder anderen Mix-Tape für Frauen, in die ich hemmungslos verschossen war, gelandet. Mehr Emotion zeigen, war mir damals leider nicht möglich. Dieser Song ist also schon sehr wichtig für meine kleine Nostalgie-Perspektive auf die Musik der 90er-Jahre.
Das führt mich wieder zu VANILLA BLUE und NINETEENSOMETHING"-Records. Denn beim Rumklicken auf deren Homepage stoße ich im Merch-Bereich nicht nur auf eine CD-Compilation eben jener SCUBA DRIVERS, sondern auch auf ein T-Shirt der Band. Dass es diesen usammenhang zwischen lang vergangenen und ganz aktuellen Bands gibt, die einen solchen Sound gespielt haben, freut mich natürlich wie Bolle. Ich mache mir aber nichts vor: Das ist schon ziemliches Schubladenwissen und nicht von großer popkultureller Relevanz. Aber egal - Relevanz Firlefanz. Für einen Moment ist das Leben beim Hören dieses Songs und all dem anderen Kram, der sich auf der NINETEENSOMETHING-Seite findet, so leicht wie damals zwischen 19 und 22, als ein gutes Mix-Tpe oder eine gute CD reichte, um den Sommer gut zu machen. Und das ist meine kleine Quelle von Nostalgie, aus der ich mir ab und zu einen Schluck gönne. Aber nur manchmal.
Gary Flanell
Auch wenn ich ihr eigentlich eher ablehnend gegenüber stehe, gab es doch neulich einen Moment, in dem ich anhand einer neuen Platte wirklich nostalgich wurde.
Auf Wegen, die ich nicht mehr so richtig nachvollziehen kann, bin ich auf VANILLA BLUE und derene zweite LP "Sweetheart" gestoßen. Eine Band aus Frankreich, genauer gesagt aus St. Etienne. Es kommt selten vor, dass ich über Bandcamp Platten kaufe, hier war es der Fall.
Denn VANILLA BLUE habe mich an den glücklichen Moment erinnert, an dem ich eine sehr rockige Art von Punk gehört habe. Bands wie MEGA CITY FOUR, NOZEMS, DEAD MOON, DOUGHBOYS, NOMADS. Waren und sind irgendwie geil. Keine Idee, dass man das oft als Garage-Punk bezeichnen konnte, es war einfach eine schöne relaxte Art von Punk, die nicht unter ein Label oder in eine Szene gepackt werden konnten. Eher Jeansjacke als Leerkutte passt da als Outfit. Und sicher gab es dafür schon große Vorbilder aus den USA oder Australien, wie THE SAINTS, CELIBATE RIFLES und ähnliches, aber die waren eben für mich in den 90ern nicht so greifbar.
Jedenfalls: Ich höre VANILLA BLUE zum erstenmal, dann zu zweiten Mal, zum dritten Mal. Und auf Bandcamp ein komplettes Album dreimal hintereinander hören, ist für mich schon ein Zeichen großer Liebe. Damit hatten sie mich soweit, dass ich mir über ihr Label NINETEENSOMETHING das orangene Vinyl bestellen musste. Großartige und abwechslungsreiche Songs sind das. Manchmal schleichen sich sogar Bläser ein, und quelle surprise - bei "Panic" hat sich JERRY A. von POISON IDEA als Gastsänger dazugestellt. Interessante Kombi, denn Poison Idea hätte ich als Verbindung zu dem Sound von VANILLA BLUE so gar nicht gesehen.
Die wahren Connaisseur*innen wissen natürlich, auch, dass "Vanilla Blue" der Titel eines Songs von NAKED RAYGUN ist. Die wiederum kenne ich nur sehr flüchtig, obwohl es mich musikalisch sicher ansprechen würde, habe ich mich mit denen noch nie näher beschäftigt. Aber Musikinteresse folgt nicht immer den logischen Wegen.
Darüberhinaus musste ich beim Hören als Vergleich nicht nur an MEGA CITY FOUR & Co. denken, sondern auch an einen eher obskuren Sampler, der hier immer noch im Regal steht, und für mich, ganz subjektiv, immer noch eine ganz großartige Compilation eben jener Bands war, die sich im Feld zwischen Punk und Garage tummelten.
"The Violence Inherent In The System" erschien 1991 in Frankreich, die meisten Bands kamen auch von dort, aber ein paar Combos auch aus Finnland, der Schweiz oder Schweden - wo es recht große Garage-Punk-Szenen gab. Mit NOISE ANNOYS war sogar eine Hamburger Band dabei, wobei ich finde, dass die im gesamten Setting soundmäßig eher rausstechen. Ich mag diesen Sampler immer noch, es ist für mich eine fast perfekte Zusammenstellung von gutem Garage/Punkrock. Songs wie "Surfin' in the bars" von den Nomads oder "Sex my soul on fire" von den BACKSLIDERS kennt wohl fast kein Mensch mehr, es sind aber immer noch Perlen.
Genauso wie "All around" von den SCUBA DRIVERS. Hübsch-melancholische Pop-Punk-Nummer, von einer Band, die wieviele andere Bands, damals nicht über ein Mini-Album und eine 7inch heausgekommen ist. Diese Mini-LP steht hier schon seit fast 30 Jahren im Regal, es gibt Momente, da lege ich sie immer noch gerne auf. "All Around" ist auch auf dem einen oder anderen Mix-Tape für Frauen, in die ich hemmungslos verschossen war, gelandet. Mehr Emotion zeigen, war mir damals leider nicht möglich. Dieser Song ist also schon sehr wichtig für meine kleine Nostalgie-Perspektive auf die Musik der 90er-Jahre.
Das führt mich wieder zu VANILLA BLUE und NINETEENSOMETHING"-Records. Denn beim Rumklicken auf deren Homepage stoße ich im Merch-Bereich nicht nur auf eine CD-Compilation eben jener SCUBA DRIVERS, sondern auch auf ein T-Shirt der Band. Dass es diesen usammenhang zwischen lang vergangenen und ganz aktuellen Bands gibt, die einen solchen Sound gespielt haben, freut mich natürlich wie Bolle. Ich mache mir aber nichts vor: Das ist schon ziemliches Schubladenwissen und nicht von großer popkultureller Relevanz. Aber egal - Relevanz Firlefanz. Für einen Moment ist das Leben beim Hören dieses Songs und all dem anderen Kram, der sich auf der NINETEENSOMETHING-Seite findet, so leicht wie damals zwischen 19 und 22, als ein gutes Mix-Tpe oder eine gute CD reichte, um den Sommer gut zu machen. Und das ist meine kleine Quelle von Nostalgie, aus der ich mir ab und zu einen Schluck gönne. Aber nur manchmal.
Gary Flanell
Samstag, 19. August 2023
Schön, wenn Menschen Musik machen, Nostalgie-Edition Teil 1
Ach, Nostalgie. Ich mag dich nicht. Keine Entschuldigung dafür. Wehmütiges Abfeiern von Bands, die im Kontext von Punk/Hardcore einmal sehr präsent waren, finde ich gelinde gesagt, echt gruselig. oder wenn sie nochmal für einen Gig vorbeischauen, wobei die Läden immer kleiner werden. Band wie MDC oder DOA, beide vor gar nicht langer Zeit hier mal in Berlin zu sehen. Haben vielleicht auch einen Slot bei Festivals bekommen. Ich hab mir beide Gigs in den Kalender eingetragen, hingegangen bin ich zu keinem.
Sieh es ein, Punk-Opa: So schön wie damals, als du jung, die Knochen hart, die Gelenke elastisch und Körper wie Geist insgesamt flexibler waren, wird es nicht mehr. Kümmer dich lieber um deinen Garten.
Ich find's scheiße, nur den alten Quatsch abzufeiern, sich irgendwelche Wiederveröffentlichungen von Uralt-Bands zu kaufen, die, wenn man ehrlich ist, auch nur so semi-spannend waren. Aber das ist ja sehr subjektiv, ich weiß. Auch wenn deine Lieblingsband von damals musikalisch nicht die hellsten Sterne am Musikantenhimmel waren, ist es gut möglich, dass sie für dich sehr viel bedeuten. Immer noch. Und dass du dafür auch eine Menge Geld für die neuen Vinylversion irgendwelcher krumpeliger Demo-Aufnahmen bezahlst, auch ok. Aber was machen diese Aufnahmen dann heute mit dir?
Sie bringen Erinnerungen hoch, Assoziationen an gute Zeiten, schöne Nächte, eine gewisse Sorgenfreiheit, all das. Ist nicht verkehrt. Bedenklich finde ich allerdings, wenn sich die Lebenswelt und -realität komplett an diese im Nachhinein glorreichen Zeiten anpasst. Wenn das Heute so gar nichts mehr gibt. Ich spreche hier in erster Linie von Musik bzw. der Teilnahme an einer Subkultur.
Dass das Leben im 23. Jahr des 21. Jahrhundert viele Krisen und auf persönlicher Ebene Anforderungen bereit hält, vor denen man nicht wirklich die Augen verschließen kann, kommt ja noch dazu.
Ich finde es sehr schwierig, sich in Zeiten von Ukraine-Krieg, deutlichen Auswirkungen des Klimawandels, Rechtsruck in Deutschland, mit Nostalgie zuzukiffen, als wären die 80er- oder 90er die besten Zeiten im HC-Kosmos gewesen. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind bei so einer Retro-Vison natürlich nur das eine, der ganz subjektive Blick auf "Damals" kommt dazu. Die Erinnerung an geile Konzerte im JuZe neben an ist natürlich schön, aber auch nur, weil es eine Erinnerung an eine Oase ist, außerhalb der so ziemlich alles kacke war.
Ich denke, Nostalgie fokussiert sich immer auf einen ganz kleinen speziellen Punkt in der eigenen Biografie, der in der Nachbetrachtung im eigenen Wertesystem als perfekt gesehen wird.
Dieser kleine spezielle Aspekt ist aber nicht ganz eindeutig, sondern setzt sich zusammen aus vielen kleinen Bruchstücken von Erinnerungen, die im Nachklapp zu einem Ereignis zusammenballen. War es jetzt '93, wo Kollege Knolle beim SOIA-Gig auf dem PinkPop-Festival sich zum ersten mal Stagediving ausprobiert hat oder war es 1994? Es ist egal.
Alles blubbert zu einer Erinnerung an eine schöne Zeit zusammen. Kann ja auch Kraft geben. Aber nicht andauernd und nicht, wenn es dazu dient, das Hier und Jetzt größtenteils auszublenden.
Ganz schräg finde ich dahingehend das Rebellion-Festival in Blackpool. Ich war noch nie da, sehe aber natürlich die Ankündigungen und auch Bilder von Alt-Punks, die sich dann im vollen Punk-Ornat dahinbegeben.
Als wäre es nicht 2023, sondern 1984, die letzte CONFLICT-Platte wäre das heiße Ding und die neue von THE DAMNED oder den TOY DOLLS sowieso. Aber es ist ja 2023, tja, sowas auch...
Ich frage mich dann immer: Was machen die Punk Piepels, die da so hübsch raugeputzt stehen, wohl den Rest des Jahres? Wenn wieder Montag morgen im November ist und du dich wieder mit den täglichen Anforderungen herumschlagen musst, was macht ihr dann? Vielleicht denke ich da gerade auch zu schablonenartig, aber das sind Gedanken, die ich anhand von den zugänglichen Bildern bekomme. Was tut ihr, wenn der Punkzirkus weitergezogen ist?
Also: Ich finde Nostalgie insgesamt nicht wirklich cool. Liegt auch an meiner persönlichen Wahrnehmung.
Es gab früher wenig, was in meiner persönlichen Lebenssituation richtig geil war. Für sehr, sehr lange Zeit. Musik und Punk im speziellen war eine Möglichkeit zur Flucht, aber nicht in dem Maße, dass es immer für eine positive Verklärung meiner damaligen Lebenssituation sorgen könnte. Klar, ist alles arschlange her, aber es prägt immer noch. Das Überschreiben mit positiven Erinnerungen geht, dauert aber.
Die letzten 20 Jahre waren z.B. im Nachhinein wirklich gut.
Von daher bin ich sehr froh, im Hier und Jetzt zu Leben. Stabil leben zu können, neue Bands und Musik entdecken zu können, auch wenn vieles davon nicht mehr so wirklch mit Punkrock zu tun hat. Ich hab keinen Bock, mich andauernd im Kreis zu drehen. Lieber beim Kollegen eine schräge Afro-Beat-Platte hören, als alleine in der Bude die komplette Cock-Sparrer-Vinyl-Sammlung (die ich nicht habe) streicheln...
Das alles lag mir wohl auf dem Herzen. Aber eigentlich sollte es hier um einen positiven Augenblick der Nostalgie in den letzten Wochen gehen. Und um einen ganz aktuelle Platte, die damit zu tun hat. Abe dazu mehr im nächsten Teil der Nostalgie-Edition von "Schön, wenn Menschen Musik machen".
Sieh es ein, Punk-Opa: So schön wie damals, als du jung, die Knochen hart, die Gelenke elastisch und Körper wie Geist insgesamt flexibler waren, wird es nicht mehr. Kümmer dich lieber um deinen Garten.
Ich find's scheiße, nur den alten Quatsch abzufeiern, sich irgendwelche Wiederveröffentlichungen von Uralt-Bands zu kaufen, die, wenn man ehrlich ist, auch nur so semi-spannend waren. Aber das ist ja sehr subjektiv, ich weiß. Auch wenn deine Lieblingsband von damals musikalisch nicht die hellsten Sterne am Musikantenhimmel waren, ist es gut möglich, dass sie für dich sehr viel bedeuten. Immer noch. Und dass du dafür auch eine Menge Geld für die neuen Vinylversion irgendwelcher krumpeliger Demo-Aufnahmen bezahlst, auch ok. Aber was machen diese Aufnahmen dann heute mit dir?
Sie bringen Erinnerungen hoch, Assoziationen an gute Zeiten, schöne Nächte, eine gewisse Sorgenfreiheit, all das. Ist nicht verkehrt. Bedenklich finde ich allerdings, wenn sich die Lebenswelt und -realität komplett an diese im Nachhinein glorreichen Zeiten anpasst. Wenn das Heute so gar nichts mehr gibt. Ich spreche hier in erster Linie von Musik bzw. der Teilnahme an einer Subkultur.
Dass das Leben im 23. Jahr des 21. Jahrhundert viele Krisen und auf persönlicher Ebene Anforderungen bereit hält, vor denen man nicht wirklich die Augen verschließen kann, kommt ja noch dazu.
Ich finde es sehr schwierig, sich in Zeiten von Ukraine-Krieg, deutlichen Auswirkungen des Klimawandels, Rechtsruck in Deutschland, mit Nostalgie zuzukiffen, als wären die 80er- oder 90er die besten Zeiten im HC-Kosmos gewesen. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind bei so einer Retro-Vison natürlich nur das eine, der ganz subjektive Blick auf "Damals" kommt dazu. Die Erinnerung an geile Konzerte im JuZe neben an ist natürlich schön, aber auch nur, weil es eine Erinnerung an eine Oase ist, außerhalb der so ziemlich alles kacke war.
Ich denke, Nostalgie fokussiert sich immer auf einen ganz kleinen speziellen Punkt in der eigenen Biografie, der in der Nachbetrachtung im eigenen Wertesystem als perfekt gesehen wird.
Dieser kleine spezielle Aspekt ist aber nicht ganz eindeutig, sondern setzt sich zusammen aus vielen kleinen Bruchstücken von Erinnerungen, die im Nachklapp zu einem Ereignis zusammenballen. War es jetzt '93, wo Kollege Knolle beim SOIA-Gig auf dem PinkPop-Festival sich zum ersten mal Stagediving ausprobiert hat oder war es 1994? Es ist egal.
Alles blubbert zu einer Erinnerung an eine schöne Zeit zusammen. Kann ja auch Kraft geben. Aber nicht andauernd und nicht, wenn es dazu dient, das Hier und Jetzt größtenteils auszublenden.
Ganz schräg finde ich dahingehend das Rebellion-Festival in Blackpool. Ich war noch nie da, sehe aber natürlich die Ankündigungen und auch Bilder von Alt-Punks, die sich dann im vollen Punk-Ornat dahinbegeben.
Als wäre es nicht 2023, sondern 1984, die letzte CONFLICT-Platte wäre das heiße Ding und die neue von THE DAMNED oder den TOY DOLLS sowieso. Aber es ist ja 2023, tja, sowas auch...
Ich frage mich dann immer: Was machen die Punk Piepels, die da so hübsch raugeputzt stehen, wohl den Rest des Jahres? Wenn wieder Montag morgen im November ist und du dich wieder mit den täglichen Anforderungen herumschlagen musst, was macht ihr dann? Vielleicht denke ich da gerade auch zu schablonenartig, aber das sind Gedanken, die ich anhand von den zugänglichen Bildern bekomme. Was tut ihr, wenn der Punkzirkus weitergezogen ist?
Also: Ich finde Nostalgie insgesamt nicht wirklich cool. Liegt auch an meiner persönlichen Wahrnehmung.
Es gab früher wenig, was in meiner persönlichen Lebenssituation richtig geil war. Für sehr, sehr lange Zeit. Musik und Punk im speziellen war eine Möglichkeit zur Flucht, aber nicht in dem Maße, dass es immer für eine positive Verklärung meiner damaligen Lebenssituation sorgen könnte. Klar, ist alles arschlange her, aber es prägt immer noch. Das Überschreiben mit positiven Erinnerungen geht, dauert aber.
Die letzten 20 Jahre waren z.B. im Nachhinein wirklich gut.
Von daher bin ich sehr froh, im Hier und Jetzt zu Leben. Stabil leben zu können, neue Bands und Musik entdecken zu können, auch wenn vieles davon nicht mehr so wirklch mit Punkrock zu tun hat. Ich hab keinen Bock, mich andauernd im Kreis zu drehen. Lieber beim Kollegen eine schräge Afro-Beat-Platte hören, als alleine in der Bude die komplette Cock-Sparrer-Vinyl-Sammlung (die ich nicht habe) streicheln...
Das alles lag mir wohl auf dem Herzen. Aber eigentlich sollte es hier um einen positiven Augenblick der Nostalgie in den letzten Wochen gehen. Und um einen ganz aktuelle Platte, die damit zu tun hat. Abe dazu mehr im nächsten Teil der Nostalgie-Edition von "Schön, wenn Menschen Musik machen".
Donnerstag, 6. April 2023
Men out of time (Charley Crocket & Friendly Rich)
Neulich war ich bei IKEA - unnd danach mit sehr viel Weltschmerz und Depression erfüllt. Soviel Sinnlosigkeit. Soviele Menschen, die wie die Lemminge Sinn im Kauf suchen. Ihr Narren. ihr Wahnsinnigen. Ok, lustig war es auch. Im Kino hätte ich weniger Spaß gehabt, aber mehr Eintritt bezahlt.
Kino hätte aber mehr Vergnügen geschafft. Denn trotz aller Häme im Möbelhaus: Solche Besuche erschöpfen mich einfach und ich fühle mich viel älter als ich bin. Soviel Quatsch, den man eigentlich nicht braucht, von alle zuviel, vor allem von Menschen.
Kann mich mit diesem Gefühl der Erschöpfung ob soviel gefühltem Unsinn nur dem Kollegen Nals anschließen, der seine Perspektive auf Shopping-Malls ja vor einigen Tagen hier eingebracht hat.
Zum Glück gibt es Gegengifte zu solchen Gefühlen - meistens und am wirksamsten ist Musik. Interessanterweise Musik, die selber nicht besonders hoffnungsvoll und optimistisch daher kommt. War es Townes Van Zandt, der gesagt hat: "Nicht alle meine Lieder sind traurig, manche sind auch hoffnugslos"? Großartig. Da muss ich doch wieder herzlich lachen und mit mir die Krähen im Baum über mir und dann ist die Welt wieder ok. Für ein Wochenende.
Hier also mal zwei meiner derzeitigen absoluten Seelenbalsam-Songs gegen die Depression, die sich aus Überdruss, Erschöpfung und Sinnlosigkeit speist und dort am besten gedeiht, wenn zuviele Menschen unfreiwillig aufeinanderhocken und man dir zwanghaftes Feel-Good-ehm, Feeling einimpfen will.
1. Charley Crockett - Lesson in Depression
Crockett liebe ich schon seit Jahren. Entdeckt habe ich ihn vor einiger Zeit im Urlaub in Posnan. Lag im Hostelbett, hatte nix zu tun und dann kam "Welcome to the hard times" beim YT-Scrollen daher. Soviel Spaß an Western-Musik und Cowboy-Romantik hatte ich lange nicht mehr. Eine detailliertere Betrachtung von Charleys wirklich umfangreichen Werk (10 Platten in acht Jahren) steht auf der To-Do-Liste für diesen Blog. Kommt dann demnächst.
Aber was ich jetzt schon empfehlen kann, ist "Lesson in Depression". Geiler Song, um mit dem Thema umzugehen. Psychic Appropriation nenne ich das hier mal, die Umkehrung der Depression als Makel, da finde ich mich voll wieder. Man kann auf Depressionen nicht stolz sein, sie hindern eine*n sehr häufig an einfachen alltäglichen Dingen, aber thematisieren sollte man sie. Und Charley hat das sehr schön gemacht.
2. Friendly Rich - Man Out Of Time
Nächster Kandidat für den paradoxen Feel-Good-Soundtrack: Friendly Rich. Kommt aus Kanada und hat jetzt gerade eine neue Platte raus, "Man out of time". Ha! Und auch da fühle ich mich sofort gut abgehoben. Wie nennt man sowas? Outsider Music? Weird Folk? Na, sowas halt.
Stell dir irgendwas seltsam kauziges von Tom Waits vor, wenn der sich an Metal-Growls mit Vaudeville-Band versuchen würde. Ja klar, der Waits-Vergleich kommt auch wegen der Stimme daher. Schön düster, als würde sich Friendly Rich beim Spielen zum Sterben in die Wälder zurückziehen. Oder zum Rendez-Vous mit dem Wendigo.
Auf der Fusion hat er schon gespielt, also sollte seine neue LP "Man out of time" (Ende März erschienen) nicht nur irgendwo in kanadischen Plattenläden zu kriegen sein, sondern auch in ausgewählten Plattenläden in dieser Gegend des Planeten. Total verrückt wäre es natürlich, wenn er demnächst auch mal hier stinknormale Clubgigs spielen würde. Ins Bassy hätte er super gepasst, ähnlich wie Sean Rowe, damals. Aber das Bassy gibt's ja gar nicht mehr. Hmmmm.
Zum Glück gibt es Gegengifte zu solchen Gefühlen - meistens und am wirksamsten ist Musik. Interessanterweise Musik, die selber nicht besonders hoffnungsvoll und optimistisch daher kommt. War es Townes Van Zandt, der gesagt hat: "Nicht alle meine Lieder sind traurig, manche sind auch hoffnugslos"? Großartig. Da muss ich doch wieder herzlich lachen und mit mir die Krähen im Baum über mir und dann ist die Welt wieder ok. Für ein Wochenende.
Hier also mal zwei meiner derzeitigen absoluten Seelenbalsam-Songs gegen die Depression, die sich aus Überdruss, Erschöpfung und Sinnlosigkeit speist und dort am besten gedeiht, wenn zuviele Menschen unfreiwillig aufeinanderhocken und man dir zwanghaftes Feel-Good-ehm, Feeling einimpfen will.
1. Charley Crockett - Lesson in Depression
Crockett liebe ich schon seit Jahren. Entdeckt habe ich ihn vor einiger Zeit im Urlaub in Posnan. Lag im Hostelbett, hatte nix zu tun und dann kam "Welcome to the hard times" beim YT-Scrollen daher. Soviel Spaß an Western-Musik und Cowboy-Romantik hatte ich lange nicht mehr. Eine detailliertere Betrachtung von Charleys wirklich umfangreichen Werk (10 Platten in acht Jahren) steht auf der To-Do-Liste für diesen Blog. Kommt dann demnächst.
Aber was ich jetzt schon empfehlen kann, ist "Lesson in Depression". Geiler Song, um mit dem Thema umzugehen. Psychic Appropriation nenne ich das hier mal, die Umkehrung der Depression als Makel, da finde ich mich voll wieder. Man kann auf Depressionen nicht stolz sein, sie hindern eine*n sehr häufig an einfachen alltäglichen Dingen, aber thematisieren sollte man sie. Und Charley hat das sehr schön gemacht.
2. Friendly Rich - Man Out Of Time
Nächster Kandidat für den paradoxen Feel-Good-Soundtrack: Friendly Rich. Kommt aus Kanada und hat jetzt gerade eine neue Platte raus, "Man out of time". Ha! Und auch da fühle ich mich sofort gut abgehoben. Wie nennt man sowas? Outsider Music? Weird Folk? Na, sowas halt.
Stell dir irgendwas seltsam kauziges von Tom Waits vor, wenn der sich an Metal-Growls mit Vaudeville-Band versuchen würde. Ja klar, der Waits-Vergleich kommt auch wegen der Stimme daher. Schön düster, als würde sich Friendly Rich beim Spielen zum Sterben in die Wälder zurückziehen. Oder zum Rendez-Vous mit dem Wendigo.
Auf der Fusion hat er schon gespielt, also sollte seine neue LP "Man out of time" (Ende März erschienen) nicht nur irgendwo in kanadischen Plattenläden zu kriegen sein, sondern auch in ausgewählten Plattenläden in dieser Gegend des Planeten. Total verrückt wäre es natürlich, wenn er demnächst auch mal hier stinknormale Clubgigs spielen würde. Ins Bassy hätte er super gepasst, ähnlich wie Sean Rowe, damals. Aber das Bassy gibt's ja gar nicht mehr. Hmmmm.
Dienstag, 4. April 2023
Die Hölle
Ich weiß jetzt wie die Hölle aussieht:
Es ist ein Einkaufszentrum, so ein riesiges wie der Alexa in Berlin am Alexanderplatz.
Oder heißt es ‚das Alexa’? Oder – naheliegenderweise –‚die Alexa’? Also, die Alexa an einem Samstag, das müsste der Hölle ziemlich ähnlich sehen. Da überkommen die dafür empfänglichen Besucher grundsätzliche Fragen der Menschheit – und bleiben doch vollkommen unbeantwortbar:
Woher kommen wir eigentlich?
Wohin gehen wir?
Wer hat das alles so eingerichtet?
Wie sind wir hier hineingeraten?
Wieso kommen wir nicht mehr heraus?
Wieso ist hier plötzlich die Voltairestraße?
Hat das alles einen Sinn?
Wieso gibt es überhaupt einen Starbucks und nicht vielmehr nichts?
Sartre hat in "Die geschlossene Gesellschaft" geschrieben: »Die Hölle, das sind die anderen.« Jetzt weiß ich, was er gemeint hat. Es sind vor allem diejenigen anderen, die ihre Kleidung hektoliterweise kaufen und in mehreren Papiertüten hinter sich herschleifen. Das ist kein Einkaufszentrum. Korrekterweise muss es ‚Shopping Mall’ genannt werden. Denn kaufen tut man Notwendiges.
Shoppen dagegen ist eine religiöse, eine ganzheitliche Erfahrung, die Gaffen, Unnötiges erstehen (das eine Woche später auf Ebay landet) und teuer Aufgetautes aus der System-Gastronomie Herunterwürgen umfasst. Die vollständige Abwesenheit von Sinn empfinden die Buddhisten als Befreiung und nennen sie Nirwana.
Als unumkehrbar Okzidentaler bedeutet sie für mich nur die Hölle. Wissen alle hier Anwesenden, all die Katholiken, Protestanten und Muslime, dass sie gerade religiös querpudern? Werden sie nicht dereinst gerade deshalb in die Hölle kommen – also in ihre Hölle?
Und warum müssen Atheisten wie ich durch die Hölle auf Erden, wenn sie nicht an die Hölle im Untergeschoß des Himmels glauben? Die anderen können sich hier wenigsten vorbereiten; die haben wenigstens was davon; die kommen dann unten an und sagen: »Ach sooo! Wie in der Alexa ist das hier. Vielleicht kann ich jetzt endlich meine Sammelkarte vervollständigen und kriege den zehnten Peitschenhieb gratis.«
Aber wir?
»Der Herr schaut noch?«
Nein, der Herr hört leider auch noch. Nämlich diesen Electro-R ’n’ B-Angriffskrieg gegen jeglichen musikalischen Geschmack, der dennoch zur Konsens-Musik erklärt worden ist. Das soll die Musik sein, die allen gefällt? Und in der U-Bahn-Station nebenan wird Klassik über die Lautsprecher gespielt, um die Säufer zu vertreiben.
Bach soll die Menschen abstoßen – und dieses Disco-Geblubber sie anziehen. Warum, zur Hölle, ist mir das unbegreiflich?
Aber es sind ja zehn Schuhgeschäfte in dieses Einkaufszentrum gepresst und ich brauche Schuhe, dringend, gegen die Knieschmerzen, die langsam unerträglich werden. Nach dem zehnten Paar, das ich im dritten Schuhgeschäft probiert habe, will ich der sechsten Verkäuferin eine Verdienst-Medaille verleihen, weil sie diese Umgebung erträgt mitsamt der Muzak, all den Jugendlichen ohne vernünftige Freizeitbeschäftigung, den Erwachsenen im Schnäppchenrausch – und mitsamt mir, der sich noch immer nicht für das knieschonendste Paar entscheiden kann.
Aber wie soll man auch die weichen Sohlen überhaupt wahrnehmen können, wenn die Musik im Fahrstuhl Richtung Untergeschoß am ganzen Körper Krämpfe verursacht stärker als die eines Epileptikers? Easy listening is a heavy duty.
Nach zwei Stunden versuche ich fluchtartig, irgendwie einen Ausgang zu finden, weil mittlerweile der Knieschmerz vom Ohrenschmerz und vom Weltschmerz überdeckt wird.
Aber die Sache hat einen Pferdefuß: In weiser Voraussicht haben die Architekten keine Balkone oder Terrassen an der Shopping Mall angebracht, weil es naheliegend wäre, sich von dort direkt hinunterzustürzen – entweder um der Qual durch einen Suizid ein sofortiges Ende zu bereiten oder weil man schlicht den Ausgang nicht findet.
Raus hier, völlig egal, ob aus dem Leben oder nur aus der Mall! Nachdem mir der Selbstmord verwehrt geblieben, jedoch endlich der Ausgang gefunden ist, bleibt mir nur eine Lösung: Ich kaufe mir fünf Pilsator, setze mich auf die Bank zu den Säufern und höre mit ihnen Bach. Dabei ist mir dann vollkommen egal, ob von Johann Sebastian, Carl Philipp Emanuel oder David Josef. Und Alkohol lindert bekanntlich selbst höllische Knieschmerzen.
Herr Nals
Die Hölle als Einkaufszentrum? Einkaufszentren als gescheiterte Höllen?
Gibt es unter retailhellunderground
Labels:
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Herr Nals,
Hölle,
Kaufwasbaby,
Kolumne,
Konsum Konsum Konsum,
Shopping
Standort:
Berlin, Deutschland
Sonntag, 5. März 2023
Schamanen-Punk im Badehaus: VHK & Törzs, live 04.03.2023
Intro. Am Tresen.
Typ: Bist du nicht der Goldschmied aus der Gräfestraße?
Ich: Nee, seh ich so aus?
Typ: Jau. Du siehst voll so aus wie der Goldschmied aus der Gräfestraße.
Ich: Nee, sorry, kann ich nicht mit dienen. Aber wenn ich so ausseh, dann geh ich vielleicht mal da hin und mach ein bißchen was mit Gold.
Typ: Gute Idee, mach mal.
*****
Die Rasenden Leichenbeschauer spielen im Badehaus auf dem RAW-Gelände. Ich nenne sie hier mal VHK, das ist die Abkürzung des ungarischen Namens Vágtázó Halottkémek, den ich kaum aussprechen kann. Rasende Leichenbeschauer. Allein mit dem bescheuerten Namen hatten sie mich in den 90ern schon am Wickel. Hab mir bei Malibu diese LP bestellt, die auf Alternative Tentacles raugekommen ist, "Hammering at the gates of nothingness". Auch das ein schöner sprechender Name. Was das heißen sollte, wusste ich damals nicht. Ich weiß es auch heute nicht. Es könnte so einiges heißen, alles vielleicht. Oder gar nichts. Aber es klingt toll.
VHK habe ich lange Zeit vergessen. Keine Ahnung, wo die in den letzten Jahrzehnten so waren. Im Fußball-Sprech gibt es ja die Phrase von den Toren, die man machen muss. Ich denke, es gibt auch Konzerte, die man machen muss. In den 90ern habe ich kein VHK-Konzert gemacht. Wie auch, die haben ja nie in unseren Breiten gespielt? Und die Informationslage zu ungarischem Schamanen-Punk war eher dürftig.
Jetzt also die Info, dass sie in Berlin spielen. Wieder der Gedanke wie bei vielen alten Bands: Was, die gibt's noch? Große Freude. Und Unruhe. Was, wenn das Konzert ausverkauft ist? Das wär scheiße. Also schnell Tickets besorgt, wer weiß, was da los ist. Will nicht auf dem RAW-Gelände stehen und in die Kälte frusten, weil alles sold out ist. Nela und Alex kommen mit, drei Tickets sind dann doch fix gebucht. Danke Alex.
Das Badehaus ist nicht ansatzweise ausverkauft. Meine Befürchtungen waren umsonst, allerdings auch meine Einschätzung der Relevanz von VHK. Alles verschwindet. Relevanz als erstes, dann Bands und dann die eigene Wahrnehmung. Nichts ist mehr so wichtig, wie wir es gern hätten.
Das Badehaus ist zwar nicht menschenleer, aber auch nicht proppevoll. Wir sind so pünktlich, dass die Vorband schon angefangen hat. TÖRZS. Klingt vom Einlass aus so zurückhaltend, als würde die Musik aus der Bluetooth-Box kommen. Ist dann aber doch schon live. Drei jungen Typen, alle sehr konzentriert und introvertiert auf der Bühne. Bass, Gitarre, Schlagzeug, das übliche. Kein Gesang, aber gut machtes Instrumentalzeug.
So eine flirrende dünne Gitarre, die wie eine verträumte Libelle über den Rhythmusteich schwebt, dazu stoisch korrekter Bass und entspanntes Trommeln. MONO und MOGWAI fallen mir ein, TÖRZS sind definitiv nicht schlechter, vielleicht ein bißchen zu unauffällig insgesamt. Bei Bands aus Berlin, die sowas veranstalten, würde ich rausgehen und einen rauchen, hier gefällt mir das zur Akklimatisierung sehr gut.
Das Badehaus ist eh eine schöne Location. Angenehme Größe, Bar und Konzertraum gut getrennt, guter Sound und rauchfrei. Das ist schon geil. Die Klamotten stinken nur nach Schweiß und Mensch und nicht nach stickigen Rauch. Sowas ist wichtig mittlerweile.
VHK fangen... wann an? Lass es neun Uhr sein oder so. Zeit ist nicht so wichtig, wie wir feststellen werden. Raum irgendwie auch nicht. Wahrnehmung schon eher. Wahrzunehmen ist bei der anstehenden Schamanen-Punk-Performance erst einmal folgendes: Gleich sieben Männer stehen auf der Bühne. Nur Typen. Alles ist doppelt vorhanden: En Sänger, zwei Gitarristen, zwei Bassisten, zwei Trommler. Einer davon mehr so der Percussionist mit riesigen galeerenartigen Trommeln und Schlagwerkzeugen. Er dann auch noch so in Fell gehüllt. Alle Musiker mit kryptischen Zeichen, Linien und Mosaiken an Laib und Kopf versehen. Schlachtbemalung für den kosmischen Tanz eben. Kann also losgehen.
Hinter der Band ein riesiges Backdrop mit archaisch anmutenden Zeichnungen, wie man sie von den VHK-Platten kennt. Dieser Hybrid aus Rinderschädel und Steinzeitadler, links und rechts riesige Traumfänger, vor der Bühne an der Ecke ein rot beleuchteter Rinderschädel. Es sieht aus, als hätte jemand ein Goa-Zelt von der Fusion im Badehaus ausgepackt. Sonne, Mond und Sterne - made in Schamania.
Es geht dann ohne Vorwarnung los. Peng, eine Eruption mitten in die Fresse. Die ersten fünf Minuten stehe ich mit geschlossenen Augen da. Bin mitten drin im Sturm aus Tribal drums, humanem Wolfsgeheul, Gitarrenlärm und Bassgeblubber. Die Mitte des Universums ist in diesem Moment Attila Grandpierre. VHK-Sänger. Neben dem Bassisten schon von Anfang an dabei. Laut Wikipedia unglaubliche 71 Jahre alt und dabei so knackig und sehnig wie ein junger Hirsch. Astrophysiker ist er auch. Warum passt das mit dem, was er da auf der Bühne abzieht so wunderbar zusmmen und ist so gar kein Widerspruch? Steht da in einem bunten Talar wie ein animistischer Priester, auf dem auch wieder die Symbole von Hirsch, Sonne, Mond und Sternenwirbel zu finden sind. Gleich zu Beginn bricht alles los, als wollte die Band den Urknall reenacten. Strobo auf volle Pulle, man muss sich abwenden vor soviel Helligkeit und akustischem Druck. 90 Minuten lang wird im folgenden das All, die Galaxie, das Universum, alle Sternbilder, die sich so finden, in Sound und Licht komprimiert. Das Badehaus fliegt davon und alle anwesenden Zeug*innen dieses Infernos gleich mit.
Meine Augen bleiben lange geschlossen. Ich muss auch gar nichts sehen; sich in diesen Mahlstrom fallen zu lassen, reicht aus. Merke irgendwann, dass ich mir vor langer Zeit, es mag ein oder zwei Äonen her sein, mal eine Limo holen wollte. Geht aber nicht. Die Leichenbeschauer lassen keine*n Anwesenden aus dem Bannstrahl, peitschen Publikum und sich selber 90 verdammt kosmische Minuten lang durchs Universum. Lärm, Rhythmen, Extase. Das wollten wir und das haben wir bekommen. Egy kozmikus tombolás.
Wildes, unverständliches Geheul. Ob das Ungarisch ist oder animalische Lautäußerungen, wer kann das sagen? Ein einziges Brodeln, ein Kochen, keine Ansagen, keine Begrüßung, keine Verabschiedung. Würde alles nur den Zauber zerstören. Ich erwarte, dass es klopft, und der Mond reinkommt, weil ihn jemand gerufen hat. Jupiter und Venus waren neulich am Himmel zu sehen, sagten die Facebook-Spatzen. Ich glaube zu wissen, was sie mit ihrem Erscheinen ankündigen wollten. Das hier.
Füße wieder auf der Erde. Realitätscheck.
Es gab dann doch ein paar Punkte, die mir bei aller Faszination aufgefallen sind:
1. Keine Leichenbeschauer*innen:
Von ausgeglichenem Männer/Frauenverhältnis ist auf der Bühne keine Spur. VHK bestehen in der derzeitigen Konstellation nur aus sechs weißen jungen und alten Männern. Die einzige Frau von der Crew verkauft Shirts am Merch-Stand. Aufgabenteilung also wie so oft im Punkzirkus. Schamanen-Punk könnte gut eine Prise Geschlechterparität vertragen.
2. Die Posen der Schamanen:
Attila und Bassist Soós Lajos Szónusz sind die einzigen verbliebenen VHK-Urmitglieder. Derzeit haben die beiden Silberrücken eine ziemlich junge Grupe an Musikern um sich geschart. Die wirken, als hätten sie intensiv die Posen alter 80er-Metalbands studiert. Ein beinn auf die Box gestellt, die langen Haare zurückgeworfen, die Gitarre auch mal af dem Rücken gespielt oder ins Publiku gegeben. Rücken sich aber nie zu sehr in den Vordergrund damit, den da dreht sich und steht ja Attila, das Zentrum des VHK-Universums und das sei ihm auch gegönnt.
3. The Joy of Schamanisten aging & welcome to the working week:
Alle Welt redet von Iggy Pop und wie fit der noch wäre für sei Alter. Scheiß doch auf ollen Pop. Wenn ihr einen rüstigen Rockrentner sehen wollt, dann geht zu einem VHK-Konzert. Attila is the man. The old man. Der Gig war im übrigen eine einmalige Sache. Der nette TÖRZS-Gitarrist erzählt, dass beide Bands nur für diesen einen Gig von Budapest nach Berlin gefahren sind. Während ich diese Zeilen schreibe ist also sicher ein Trail von ungarischen Schamanenpunks auf schneeverwehten Autobahne unterwegs Richtung Südosten. Denn Lohnarbeit macht auch vor Rock-Derwischen nicht halt. Und am Montag muss man halt wieder an die digitale oder analoge Schippe. Nur Attila Grandpierre wahrscheinlich nicht, es sei ihm zu gönnen, mit über 70 den Ruhestand eines Astrophysikers zu genießen. Soós Lajos Szónusz natürlich auch.
Gary Flanell
Fotos: Frau Knaup
Typ: Bist du nicht der Goldschmied aus der Gräfestraße?
Ich: Nee, seh ich so aus?
Typ: Jau. Du siehst voll so aus wie der Goldschmied aus der Gräfestraße.
Ich: Nee, sorry, kann ich nicht mit dienen. Aber wenn ich so ausseh, dann geh ich vielleicht mal da hin und mach ein bißchen was mit Gold.
Typ: Gute Idee, mach mal.
*****
Die Rasenden Leichenbeschauer spielen im Badehaus auf dem RAW-Gelände. Ich nenne sie hier mal VHK, das ist die Abkürzung des ungarischen Namens Vágtázó Halottkémek, den ich kaum aussprechen kann. Rasende Leichenbeschauer. Allein mit dem bescheuerten Namen hatten sie mich in den 90ern schon am Wickel. Hab mir bei Malibu diese LP bestellt, die auf Alternative Tentacles raugekommen ist, "Hammering at the gates of nothingness". Auch das ein schöner sprechender Name. Was das heißen sollte, wusste ich damals nicht. Ich weiß es auch heute nicht. Es könnte so einiges heißen, alles vielleicht. Oder gar nichts. Aber es klingt toll.
VHK habe ich lange Zeit vergessen. Keine Ahnung, wo die in den letzten Jahrzehnten so waren. Im Fußball-Sprech gibt es ja die Phrase von den Toren, die man machen muss. Ich denke, es gibt auch Konzerte, die man machen muss. In den 90ern habe ich kein VHK-Konzert gemacht. Wie auch, die haben ja nie in unseren Breiten gespielt? Und die Informationslage zu ungarischem Schamanen-Punk war eher dürftig.
Jetzt also die Info, dass sie in Berlin spielen. Wieder der Gedanke wie bei vielen alten Bands: Was, die gibt's noch? Große Freude. Und Unruhe. Was, wenn das Konzert ausverkauft ist? Das wär scheiße. Also schnell Tickets besorgt, wer weiß, was da los ist. Will nicht auf dem RAW-Gelände stehen und in die Kälte frusten, weil alles sold out ist. Nela und Alex kommen mit, drei Tickets sind dann doch fix gebucht. Danke Alex.
Das Badehaus ist nicht ansatzweise ausverkauft. Meine Befürchtungen waren umsonst, allerdings auch meine Einschätzung der Relevanz von VHK. Alles verschwindet. Relevanz als erstes, dann Bands und dann die eigene Wahrnehmung. Nichts ist mehr so wichtig, wie wir es gern hätten.
Das Badehaus ist zwar nicht menschenleer, aber auch nicht proppevoll. Wir sind so pünktlich, dass die Vorband schon angefangen hat. TÖRZS. Klingt vom Einlass aus so zurückhaltend, als würde die Musik aus der Bluetooth-Box kommen. Ist dann aber doch schon live. Drei jungen Typen, alle sehr konzentriert und introvertiert auf der Bühne. Bass, Gitarre, Schlagzeug, das übliche. Kein Gesang, aber gut machtes Instrumentalzeug.
So eine flirrende dünne Gitarre, die wie eine verträumte Libelle über den Rhythmusteich schwebt, dazu stoisch korrekter Bass und entspanntes Trommeln. MONO und MOGWAI fallen mir ein, TÖRZS sind definitiv nicht schlechter, vielleicht ein bißchen zu unauffällig insgesamt. Bei Bands aus Berlin, die sowas veranstalten, würde ich rausgehen und einen rauchen, hier gefällt mir das zur Akklimatisierung sehr gut.
Das Badehaus ist eh eine schöne Location. Angenehme Größe, Bar und Konzertraum gut getrennt, guter Sound und rauchfrei. Das ist schon geil. Die Klamotten stinken nur nach Schweiß und Mensch und nicht nach stickigen Rauch. Sowas ist wichtig mittlerweile.
VHK fangen... wann an? Lass es neun Uhr sein oder so. Zeit ist nicht so wichtig, wie wir feststellen werden. Raum irgendwie auch nicht. Wahrnehmung schon eher. Wahrzunehmen ist bei der anstehenden Schamanen-Punk-Performance erst einmal folgendes: Gleich sieben Männer stehen auf der Bühne. Nur Typen. Alles ist doppelt vorhanden: En Sänger, zwei Gitarristen, zwei Bassisten, zwei Trommler. Einer davon mehr so der Percussionist mit riesigen galeerenartigen Trommeln und Schlagwerkzeugen. Er dann auch noch so in Fell gehüllt. Alle Musiker mit kryptischen Zeichen, Linien und Mosaiken an Laib und Kopf versehen. Schlachtbemalung für den kosmischen Tanz eben. Kann also losgehen.
Hinter der Band ein riesiges Backdrop mit archaisch anmutenden Zeichnungen, wie man sie von den VHK-Platten kennt. Dieser Hybrid aus Rinderschädel und Steinzeitadler, links und rechts riesige Traumfänger, vor der Bühne an der Ecke ein rot beleuchteter Rinderschädel. Es sieht aus, als hätte jemand ein Goa-Zelt von der Fusion im Badehaus ausgepackt. Sonne, Mond und Sterne - made in Schamania.
Es geht dann ohne Vorwarnung los. Peng, eine Eruption mitten in die Fresse. Die ersten fünf Minuten stehe ich mit geschlossenen Augen da. Bin mitten drin im Sturm aus Tribal drums, humanem Wolfsgeheul, Gitarrenlärm und Bassgeblubber. Die Mitte des Universums ist in diesem Moment Attila Grandpierre. VHK-Sänger. Neben dem Bassisten schon von Anfang an dabei. Laut Wikipedia unglaubliche 71 Jahre alt und dabei so knackig und sehnig wie ein junger Hirsch. Astrophysiker ist er auch. Warum passt das mit dem, was er da auf der Bühne abzieht so wunderbar zusmmen und ist so gar kein Widerspruch? Steht da in einem bunten Talar wie ein animistischer Priester, auf dem auch wieder die Symbole von Hirsch, Sonne, Mond und Sternenwirbel zu finden sind. Gleich zu Beginn bricht alles los, als wollte die Band den Urknall reenacten. Strobo auf volle Pulle, man muss sich abwenden vor soviel Helligkeit und akustischem Druck. 90 Minuten lang wird im folgenden das All, die Galaxie, das Universum, alle Sternbilder, die sich so finden, in Sound und Licht komprimiert. Das Badehaus fliegt davon und alle anwesenden Zeug*innen dieses Infernos gleich mit.
Meine Augen bleiben lange geschlossen. Ich muss auch gar nichts sehen; sich in diesen Mahlstrom fallen zu lassen, reicht aus. Merke irgendwann, dass ich mir vor langer Zeit, es mag ein oder zwei Äonen her sein, mal eine Limo holen wollte. Geht aber nicht. Die Leichenbeschauer lassen keine*n Anwesenden aus dem Bannstrahl, peitschen Publikum und sich selber 90 verdammt kosmische Minuten lang durchs Universum. Lärm, Rhythmen, Extase. Das wollten wir und das haben wir bekommen. Egy kozmikus tombolás.
Wildes, unverständliches Geheul. Ob das Ungarisch ist oder animalische Lautäußerungen, wer kann das sagen? Ein einziges Brodeln, ein Kochen, keine Ansagen, keine Begrüßung, keine Verabschiedung. Würde alles nur den Zauber zerstören. Ich erwarte, dass es klopft, und der Mond reinkommt, weil ihn jemand gerufen hat. Jupiter und Venus waren neulich am Himmel zu sehen, sagten die Facebook-Spatzen. Ich glaube zu wissen, was sie mit ihrem Erscheinen ankündigen wollten. Das hier.
Füße wieder auf der Erde. Realitätscheck.
Es gab dann doch ein paar Punkte, die mir bei aller Faszination aufgefallen sind:
1. Keine Leichenbeschauer*innen:
Von ausgeglichenem Männer/Frauenverhältnis ist auf der Bühne keine Spur. VHK bestehen in der derzeitigen Konstellation nur aus sechs weißen jungen und alten Männern. Die einzige Frau von der Crew verkauft Shirts am Merch-Stand. Aufgabenteilung also wie so oft im Punkzirkus. Schamanen-Punk könnte gut eine Prise Geschlechterparität vertragen.
2. Die Posen der Schamanen:
Attila und Bassist Soós Lajos Szónusz sind die einzigen verbliebenen VHK-Urmitglieder. Derzeit haben die beiden Silberrücken eine ziemlich junge Grupe an Musikern um sich geschart. Die wirken, als hätten sie intensiv die Posen alter 80er-Metalbands studiert. Ein beinn auf die Box gestellt, die langen Haare zurückgeworfen, die Gitarre auch mal af dem Rücken gespielt oder ins Publiku gegeben. Rücken sich aber nie zu sehr in den Vordergrund damit, den da dreht sich und steht ja Attila, das Zentrum des VHK-Universums und das sei ihm auch gegönnt.
3. The Joy of Schamanisten aging & welcome to the working week:
Alle Welt redet von Iggy Pop und wie fit der noch wäre für sei Alter. Scheiß doch auf ollen Pop. Wenn ihr einen rüstigen Rockrentner sehen wollt, dann geht zu einem VHK-Konzert. Attila is the man. The old man. Der Gig war im übrigen eine einmalige Sache. Der nette TÖRZS-Gitarrist erzählt, dass beide Bands nur für diesen einen Gig von Budapest nach Berlin gefahren sind. Während ich diese Zeilen schreibe ist also sicher ein Trail von ungarischen Schamanenpunks auf schneeverwehten Autobahne unterwegs Richtung Südosten. Denn Lohnarbeit macht auch vor Rock-Derwischen nicht halt. Und am Montag muss man halt wieder an die digitale oder analoge Schippe. Nur Attila Grandpierre wahrscheinlich nicht, es sei ihm zu gönnen, mit über 70 den Ruhestand eines Astrophysikers zu genießen. Soós Lajos Szónusz natürlich auch.
Gary Flanell
Fotos: Frau Knaup
Montag, 13. Februar 2023
Tex Perkins & The Fat Rubber Band - Other world
Australische Alt-Rocker feiern ab - und ich find's gut.
Aber zunächst ein Wort zu einer bestimmten Gruppe von Menschen. Jenen alten Mucker-Silberrücken mit Resten von Indie, Punk und Blues im Blut, die Tex Perkins noch von den sagenhaften (passt hier wirklich) Beasts of Bourbon oder The Cruel Sea kennen und seit Jahren mitverfolgen, was er regelmäßig an Soloalben veröffentlicht. Diese Menschen also, die immer weniger werden, die wissen es längst schon. Dem Rest der Welt sollte es auch nicht vorenthalten werden: Tex Perkins hat eine neue Platte raus. Mit der Fat Rubber Band. Klingt spitze. Also alles zusammen. Ok, ist totaler Männer Rock'n'Roll, aber... ach kein Aber...
Jedenfalls: Tex Perkins macht keine 180-Grad-Kehre. Er macht jetzt nicht Electro oder Indie-Polka mit Schlitz im Kleid, sondern eigentlich das, was er schon immer gemacht hat, seit hunderten von Songs, im Bandkontext oder Solo: Halt so Rock. BluesRock. Kernig, dreckig, traurig. Ein alter weißer Mann weint und singt und brüllt ins leere Outback hinein.
Fat Rubber Band - Das klingt nicht nur vom Namen her nach Blues, herrlich schmierigem Rock'n'Roll oder Country (von Country gibt es in Australien ja einiges. Hörte ich. Sagte mal jemand.), sondern auch musikalisch. Was auf YouTube zu hören ist, klingt vielversprechend und landet irgendwo im Staub zwischen groovigem Rumgejamme älterer Herren und desperaten zurückhaltenden Akustikgitarrennummern.
Alles insgesamt der richtige Soundtrack für einen Konzertabend in einem Laden mit heruntergedimmter Beleuchtung. Und Teufel noch eins, das wird's bald geben. Denn Text Perkins & The Fat Rubber Band sind bald auf Tour, in Berlin spielen sie z.B. im Quasimodo. Gute Gelegenheit, den Laden mal anzuchecken. Bis dahin spare ich für ein paar gute Stiefeletten oder richtige Boots und ein neues Hemd mit Schwalben und Rosen drauf.
Tex Perkins & The Fat Rubber Band - 10.05.2023, live in Berlin, Quasimodo.
Aber zunächst ein Wort zu einer bestimmten Gruppe von Menschen. Jenen alten Mucker-Silberrücken mit Resten von Indie, Punk und Blues im Blut, die Tex Perkins noch von den sagenhaften (passt hier wirklich) Beasts of Bourbon oder The Cruel Sea kennen und seit Jahren mitverfolgen, was er regelmäßig an Soloalben veröffentlicht. Diese Menschen also, die immer weniger werden, die wissen es längst schon. Dem Rest der Welt sollte es auch nicht vorenthalten werden: Tex Perkins hat eine neue Platte raus. Mit der Fat Rubber Band. Klingt spitze. Also alles zusammen. Ok, ist totaler Männer Rock'n'Roll, aber... ach kein Aber...
Jedenfalls: Tex Perkins macht keine 180-Grad-Kehre. Er macht jetzt nicht Electro oder Indie-Polka mit Schlitz im Kleid, sondern eigentlich das, was er schon immer gemacht hat, seit hunderten von Songs, im Bandkontext oder Solo: Halt so Rock. BluesRock. Kernig, dreckig, traurig. Ein alter weißer Mann weint und singt und brüllt ins leere Outback hinein.
Fat Rubber Band - Das klingt nicht nur vom Namen her nach Blues, herrlich schmierigem Rock'n'Roll oder Country (von Country gibt es in Australien ja einiges. Hörte ich. Sagte mal jemand.), sondern auch musikalisch. Was auf YouTube zu hören ist, klingt vielversprechend und landet irgendwo im Staub zwischen groovigem Rumgejamme älterer Herren und desperaten zurückhaltenden Akustikgitarrennummern.
Alles insgesamt der richtige Soundtrack für einen Konzertabend in einem Laden mit heruntergedimmter Beleuchtung. Und Teufel noch eins, das wird's bald geben. Denn Text Perkins & The Fat Rubber Band sind bald auf Tour, in Berlin spielen sie z.B. im Quasimodo. Gute Gelegenheit, den Laden mal anzuchecken. Bis dahin spare ich für ein paar gute Stiefeletten oder richtige Boots und ein neues Hemd mit Schwalben und Rosen drauf.
Tex Perkins & The Fat Rubber Band - 10.05.2023, live in Berlin, Quasimodo.
Dienstag, 7. Februar 2023
Schön, wenn Menschen Musik machen Pt. XXIX
PARK BENCH SLEEPERS - Welcome to our duty free shop of natural highs
Klassischer Indie-Pop: so könnte man einen Versuch beschreiben, diese Platte in aller Kürze zU beschreiben. Aber die Kürze ist hier nicht gefragt. Etwas ausholen darf sein, denn diese einzigen Album der PARK BENCH SLEEPERS aus Süddeutschland hat einen traurigen Hintergrund: Jens Kreuzer, der hier singt und außerdem Bass, Keyboard, Piano und Akustikgitarre spielt, ist 2021 verstorben. Hat somit den Release dieses Albums ein Jahr später nicht mehr miterlebt. Sowas lässt die Songs nochmal aners wirken.
Haben wir es hier mit einem so konzipiertes Abschiedsalbum zu tun? Wieviel Gewissheit, dass das Kreuzers letztes Album sein wird, schwingt bei den Arrangements mit? Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Hier klingt nichts dunkel oder desperat. Alle Songs durchzieht eine entspannte Atmosphäre, eine fast schon frühlingshafte Melancholie. Als hätten hier vier Menschen gemeinsam ihren Frieden gefunden und einer ganz besonders.
Es ist seltsam: Wieviele Bands gibt es, die ambitioniert und richtig gut in ihrem Metier waren und dann nach einer oder auch keiner Platte einfach verschwinden? Ohne Spuren zu hinterlassen, aus Gründen, die nicht offensichtllich sind. Klar, kann man sagen: Mach mit deiner Band was außergewöhnliches, was so schrill grell und unkonventionell ist, dass sich noch jeder dran erinnert. Aber die Felder der Popmusik, auf denen so etwas möglich ist UND eine gewisen Eingängigkeit ermöglichen, werde immer kleiner. Denn vieles war eben schon da. Isshaltso.
Den PARK BENCH SLEEPERS wird es wohl ähnlich gehen wie den Armeen von Bands, die mal auf- und dann wieder abtauchen, vermute ich. Könnte sein dass der Schock vom Tod einer zentralen Bandmitglieds so dermaßen auf die Band einwirkt, dass die drei verbliebenen Mitglieder sich anderen Projekten zuwenden.
Un die Songs dieses Albums? Werden wohl nur Kennern und Liebhabern von melodiösem, solidem Indie-/Brit-Pop etwas länger präsent bleiben. Es gibt sicher Millionen von Bands, denen ein ähnliches Schicksal widerfahren ist. Es ist dann einfach vorbei. Nichts passiert. Kein Nachhall, keine Folgen dieses releases. Außer ein paar Reviews wie diese, die ebenso bald von neuem Kram überspült werden. Alles versinkt in dem, was schon am nächsten Tag veröffentlich wird.
Dabei gibt es hier wunderbare Songs. Manche sind hübsch psychedelisch, immer mit einem gewissen 60ies-Touch, eher so knackig wie bei den Kinks, als so mellow wie die Beatles. Und zuweilen, wird es auch mal etwas rockiger, und es scheint als hätten Oasis auf der Bank bei den Schläfern Platz genommen. Das gefällt mir dann nicht so, aber das ist ja Geschmackssache. Vielleicht rührt mich diese Plattte deshalb so an, weil ch mal einen freund hatte, der vor langer Zeit ähnliche Musik gemacht hat und letztes Jahr gestorben ist. Möglicherweise kannn ich das, was hier durchklingt, deshalb derzeit gut nachvollziehen. Und möglicherweise kommt es deshlab zu einer Rezension im hier und jetzt n dieser Stelle.
Also: Ist das hierr eine Platte für die Ewigkeit? Nicht unbedingt. Aber eben auch eine, die nicht auf dem Müllhaufen der Popgeschichte vergessen werden sollte. Sondern einfach schön und in sich sehr harmonisch klingt. Frieldich halt.
G auf der 26,5-teiligen Renfield-Plattenbewertungs-Skala
PARK BENCH SLEEPERS - Welcome to our duty free shop of natural highs ist 2022 auf Rookie Records erschienen.
Labels:
Park Bench Sleepers,
Review
Standort:
Berlin, Deutschland
Samstag, 4. Februar 2023
THANK YOU GARY MUCH - Badewanne Selbstmitleid (Abends)
Zum ersten Mal mehr als zwei Sekunden Sonne im Jahr 2023 und ein Wochenende, an dem nichts wildes geplant ist - wunderbar! Also die Zeit genutzt, die Linernotes zum THANK YOU GARY MUCH-Tape zu Ende zu bringen. Bald ist's geschafft, denn hier kommen ein paar Gedanken zum letzten Song des Flanell'schen Solo-Tapes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und wieder mal nur sanft korrigiert.
11. Badewanne Selbstmitleid (Abends)
Am Bein ein Schorf, die Haut so fleckig wie eine drei Tage alte Brötchentüte. Nachts von einer Maske geträumt, die weiß auf meinem Gesicht liegt.
Daraufhin erschrocken und im Traum gemerkt, dass es nur ein Traum war. Über dem rechten Auge ein Krater, der sich zu einem weiteren Auge auswächst. Auch das ein Traum. Traum. Schlaf. Es ist gut, Schlaf zu finden. Schlecht, nachts keinen anzutreffen. Der Schlaf im eigenen Bett ist wichtig, aber wichtig, ist überhaupt schlafen zu können. Das kann ich eigentlich immer, meist sogar zuviel.
Ich könnte mich meist überall hinlegen und die Augen für ein paar Minuten schließen. Als Beziehungen beendet wurden, musste ich mich auf ein Sofa im Nebenzimmer legen und erst einmal schlafen. Schlafen als Strategie, gegen alles.
Am Ende eine Tages, eines jeden Tages, da wird der Herzbeat ruhiger, nicht aus Entspannung, sondern aus purer Erschöpfung. Die darf den Kampf nie gewinnen, deshalb muss man sich auf dem Schlachtfeld der täglichen Anforderungen anpassen (Beachte bei diesem Bild: Gekämpft wird immer, der/die Gegner sind aber nicht immer so leicht auszumachen, es ist ein asymmetrischer Kampf mit dynamischen Panoramen und Szenarien, soviel ist mal klar). Kräfte sparen. Hinterhalte erkennen und möglichst vermeiden. Am Ende eines jeden Tages wird alles ruhig. Entspannung wird gesucht, zu oft durch eine scheinbare Zerstreuung ersetzt, die die Augen länger wachhalten als nötig.
All die guten Vorsätze - vor 11 im Bett sein, letzte Stunde vorm Schlafen kein Handy oder Laptop in die Hand nehmen, nicht mehr spät essen - das funktioniert nicht immer. Aber gutes Buch (derzeit: The Lazarus Project von Aleksandar Hemon) im Bett ist mittlerweile besser als den Laptop auf dem Schoß (vgl. Taube-Spatz-Paradoxon). Auch wenn das medial vermittelte Bild des gemütlich im Bett Liegen und irgendwas Wegbingen oft noch präsent ist. Allerdings ist das so ein Bild, in dem junge Menschen mit dem Tablet, Rechner oder Mobilphon gemütlich schon um Acht in der Kiste liegen und nur eben bis 22 Uhr was schauen. Die Wirklichkeit ist natürlich anders.
Und viel anstrengender. 1.) Bin ich nicht mehr jung. 2.) Ist mein Rechner ein einziges altes, schwerfälliges Drecksbrett (das sage ich ganz liebevoll) und 3.) gehört der auf den Schreibtisch. Deshalb ein Buch, um die Schwere des Tages ein wenig wegzuschieben.
Und diese Schwere ist jeden Tag da und jeden Tag auch dieselben Fragen: Was mache ich hier eigentlich? Warum mache ich in diesem Affenzirkus/Rattenrennen/Irrsinn eigentlich mit? Wann hat das mal ein Ende? Wann ist Zeit für die guten Dinge? Wann hört das mal auf? Und die Wichtigste: Wie bin ich eigentlich da hingekommen? (vgl. „Was hat dich bloß so ruiniert?“ oder wie das hieß. Ihr kennt es.) Dann das Sedativum: Es ist ja nicht alles schlecht. Naja.
Au revoir.
Sonntag, 8. Januar 2023
THANK YOU GARY MUCH - Woher ich komme
2023, da bist du ja! Bisher ging es ganz gut los mit uns beiden. Hoffe, es geht so weiter. Jetzt ist zumindest Zeit, die Linernotes zum THANK YOU GARY MUCH-Tape weiter fortzuführen. Also hier wieder ein paar Gedanken zum vorletzten Song des Flanell'schen Solo-Tapes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und wieder mal nur sanft korrigiert.
10. Woher ich komme
Der persönlichste Text? Möglich. Aber wohl der, der am meisten reflektiert. Dinge reflektiert, die lange zurückliegen. Eine gute Übung war das, damals im Kreativ-Schreib-Seminar. Es gab ein Schema dazu, eine Art Lückentext, dazu Anweisungen, welche Begriffe gewünscht waren. Das war toll, auch wenn ich mich nicht ganz an die Anweisungen gehalten habe. Ich schrieb halt das auf, was mir am sinnvollsten erschien, die Worte, mit denen ich mich am wohlsten fühlte. War später recht zufrieden mit dem, was da stand. Es ist kein sehr optimistischer Text, die Lyrics sind eher deprimierend, aber so war vieles damals.
Deprimierend. Im November und Anfang Januar, an all diesen grauen Krähentagen am meisten. Dort, wo ich herkomme. Viel von dem, was scheiße war, ist mir erst später klar geworden. Wie scheiße das war. Trauma weit und breit. Dabei hatte ich großes Glück, dass ich weggehen konnte. Wenn ich manchal darüber nachdenke, dann merke ich, dass meine Wurzeln, dort, wo ich geboren wurde, nicht besonders tief reichen. Es gibt Freunde von mir, deren Familien schon seit Generationen in dieser Stadt leben. Ur-Großeltern, Großeltern, Eltern, alle dort geboren, gelebt, gestorben. Fest dort integriert und angesiedelt. Die Bande zu meinem Geburtsort ist dünn, war vielleicht mal stabiler, aber sie wird dünn. Und immer dünner.
Klar, ich bin dort geboren, groß geworden, aufgewachsen. Meine Familie allerdings dort hingezogen, geflüchtet, nach dem Krieg. Großeltern bei den Nachbarn in den ersten Stock einquartiert, im winzigen Zechenhäuschen. Nachdem man in Stettin ausgebombt wurde und dann irgendwo in Pommern nochmal, dann auf den Weg gemacht und irgendwo in Westfalen angekommen, rein ins Zechenhäuschen, rein in die Arbeit unter Tage. Was früher war, wurde nicht mehr gefragt. Dann vom Zimmer bei den Nachbarn nach nebenan ins Reihenendhaus. Aufstieg, ein bißchen zumindest. Die Körper im Westen, die Köpfe vielleicht noch irgendwo tief im Osten, was weiß ich, konstruiere mir das ja so hin, anhand von Erinnerungen, daran wie gesprochen wurde, an den Akzent, der so ganz anders war, als der von den Familien meiner Freunde. Der Sohn noch im Osten geboren. Dessen Kinder beide hier zur Welt gekommen. Das sind wir.
Aber ist das wichtig, wo und wie tief eine*r verwurzelt ist oder doch ganz woanders? Das Nicht-Verwurzelt-Sein für mich leider ja, auch wenn ich kein Freund von Traditionen bin. Dort groß geworden zu sein, war ok. Je mehr Jahre allerdings vergehen, desto mehr weiß ich, dass ich dort nicht mehr zuhause war. Dass die Jahre dort nur eine Stippvisite waren, im Leben. Hat nicht nur mit Geographie zu tun. Auch wie das Aufwachsen dort erlebt wurde. Um es kurz zu sagen: Es war nicht gut. Ließ mich dort fremd werden. Ein Zuhause erleben, das sich nicht wie zuhause anfühlte, sondern wie etwas, das vermieden, hinterlassen werden musste. Wegzugehen war das beste, sonst wäre alles viel schlimmer gekommen. Ich habe Freunde dort gehabt, die nicht weggehen konnten. Die sind fies und bitterlich an den Umständen und ihrem ganz eigenen Drama dort zerschellt. Und an dieser Stadt insgesamt auch.
Dienstag, 6. Dezember 2022
THANK YOU GARY MUCH - Europa
Weiter geht's! Diese Sammlung von Anmerkungen zum TYGM-Tape sollen ja irgendwann mal fertig werden. Das hier ist ja kein Weihnachtskalender, bei dem 24 Textchen geöffnet werden dürfen. Also hier wieder ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und wieder mal nur sanft korrigiert.
9. Europa (Ich kann nicht mit dir sein und auch nicht allein)
Bißchen größenwahnsinnig geworden, wie? Oder hyper-pathetisch? Oder beides, olle Kitsch-Kröte? Gleich mal einen Song Europa nennen, drunter machen wir es nicht, oder? Und dann so eine komische Andeutung über Zerrissenheit, von wem eigentlich? Den Kontinentaleuropäern? Sag bloß nicht den Briten? Oder sind's bindungsunfähige Großstädter*innen, denen hier Stimme verlehen wird? Jede*r einzelnen? Geht's hier um Geographie, in diesen zwei bis vier Zeilen, oder um Feelings oder um was ganz anderes? Schon klar, immer alles schön kryptisch halten, auch unter der Gefahr, dass eh nur heiße Luft dahinter steckt. Jaja, in Wolkenbildern kann jeder was sehen. Pareidolie up my ass, baby. Also, vielleicht geht es hier ja WIRKLICH um was. Ganz. Anderes. Vielleicht ist's einfach ein Liebeslied, mit Furzbass (nennt Herr Nals so), Glockespiel. D-moll-Arpeggio, einem seltsamen Beat (gibt's bestimmt einen Begriff dafür) und Hall auf dem Gesang. Alleine singen war blöd, mit den Punkrockkumpels passte es hier nicht. Und auf deutsch, och, komm nee, das macht doch der Typ schon. Polnisch passte gut. Einfach mal bei deepl den Text übersetzen. Englisch? Ja, klar, englisch. Englisch hätte man's machen können. Wäre aber ein bisschen platt geworden, ich bin ja nicht Mariah Carey. Französisch, das hätte auch gepasst. Aber irgendwie... nee. Alles so vorhersehbar. Musste polnisch sein. Weil das eine tolle Sprache ist. So schön schwer. Wahnsinn, da brechen wir uns alle einen ab, aber wär doch geil, wenn wir alle auch die Sprache vom Nachbarn können. Jedes Mal, wenn ich auf Urlaub in Polen bin, freu ich mich wie Bolle, wenn ich einen Kaffee bestelle und auch einen bekomme. Davon ab sind diese Zeilen, gesungen von der wunderbaren Baba Jaga, so sehnsuchtsvoll und zerbrechlich geworden, wie sie es sein sollen. Gothic Dub vom besten, Genre-Fetischist, nimm dies! Schreib sofort einen Wikipedia-Eintrag dazu mit diesem Song als Soundbeispiel! So düster sollte es werden. Manchmal ist es schwierig, die Stimmung eines Songs, wie ich ihn im Kopf habe, aufzunehmen. Quasi zu dokumentieren, das erfordert viel rumexperimentieren, viele Lieder mit durchaus löblich ernstem Anliegen klingen dann, wenn Beat und Sound ausgesucht wurden, plötzlich erschreckend scheiße. Echte Quatschtracks, bekommen auf einmal eine unheimliche Ernsthaftigkeit und keiner weiß, woran das liegen könnte. Also klar, weiß schon jemand. Aber ich nicht in dem Augenblick. Weiß dann nur: Nee, war jetzt nicht so geil. Aber hier passt vieles. So wie hier sollte es werden. So war es im Kopf und so ist es nun auf Band und in 1 und 0 gepresst, frisch vom Erzeuger. Voll bio aus mein Hirn, also sowas von Gary-Score A. ich glaub sogar den Beat war so ansatzweise so im Kopf. So ein bisschen vaporwavee-mäßig-i-wanna-be-sedated-like, schon schön so. Leicht kunstnebelig tröpfelt hier alles dahin, als würde man baren Fußes durch Dunst und Kondensat balancieren und das einzige, auf das zu achten wäre, ist die Balance auf dem glitschigen aber unsichtbaren Untergrund. Auf dem Barfußpfad des Unbewussten. Es muss was wunderbares sei, auf Valium mit der oder dem Liebsten auf dem Friedhof im Novembernebel verstecken zu spielen. Wenn man sich dann findet und knutscht und merkt, dass man eigentlich nur nach hause unter die Decke will, weil die Nässe in den Schlüppi kriecht. Aber echt zu zweit? Naja, weiß nicht. Vielleicht nächstes Mal. Jetzt erstmal solitär Lieblingsserie gucken. Oder doch zu zweit, aufeinander liegend, aber ohne ficken, nur so gemeinsam eingehüllt? So genau weiß man ja auch nicht, was man so will. Aber genau dann, im Vorgang des fiebrigen Herantastens, auf der konsensual durchtränkten Leinwand des von Vertrauen überschwemmten Erlebnisraumes, im gemeinsam erlebten Pulverschmauch der Unentschlossenheit, wenn kollektive Hitzefeuchtigkeit in der Kälte der Nacht zu einer schwül-begehrlichen Gefühlswolke kondensiert, dann könnte, sollte, müsste dieses Lied gesummt werden.
9. Europa (Ich kann nicht mit dir sein und auch nicht allein)
Bißchen größenwahnsinnig geworden, wie? Oder hyper-pathetisch? Oder beides, olle Kitsch-Kröte? Gleich mal einen Song Europa nennen, drunter machen wir es nicht, oder? Und dann so eine komische Andeutung über Zerrissenheit, von wem eigentlich? Den Kontinentaleuropäern? Sag bloß nicht den Briten? Oder sind's bindungsunfähige Großstädter*innen, denen hier Stimme verlehen wird? Jede*r einzelnen? Geht's hier um Geographie, in diesen zwei bis vier Zeilen, oder um Feelings oder um was ganz anderes? Schon klar, immer alles schön kryptisch halten, auch unter der Gefahr, dass eh nur heiße Luft dahinter steckt. Jaja, in Wolkenbildern kann jeder was sehen. Pareidolie up my ass, baby. Also, vielleicht geht es hier ja WIRKLICH um was. Ganz. Anderes. Vielleicht ist's einfach ein Liebeslied, mit Furzbass (nennt Herr Nals so), Glockespiel. D-moll-Arpeggio, einem seltsamen Beat (gibt's bestimmt einen Begriff dafür) und Hall auf dem Gesang. Alleine singen war blöd, mit den Punkrockkumpels passte es hier nicht. Und auf deutsch, och, komm nee, das macht doch der Typ schon. Polnisch passte gut. Einfach mal bei deepl den Text übersetzen. Englisch? Ja, klar, englisch. Englisch hätte man's machen können. Wäre aber ein bisschen platt geworden, ich bin ja nicht Mariah Carey. Französisch, das hätte auch gepasst. Aber irgendwie... nee. Alles so vorhersehbar. Musste polnisch sein. Weil das eine tolle Sprache ist. So schön schwer. Wahnsinn, da brechen wir uns alle einen ab, aber wär doch geil, wenn wir alle auch die Sprache vom Nachbarn können. Jedes Mal, wenn ich auf Urlaub in Polen bin, freu ich mich wie Bolle, wenn ich einen Kaffee bestelle und auch einen bekomme. Davon ab sind diese Zeilen, gesungen von der wunderbaren Baba Jaga, so sehnsuchtsvoll und zerbrechlich geworden, wie sie es sein sollen. Gothic Dub vom besten, Genre-Fetischist, nimm dies! Schreib sofort einen Wikipedia-Eintrag dazu mit diesem Song als Soundbeispiel! So düster sollte es werden. Manchmal ist es schwierig, die Stimmung eines Songs, wie ich ihn im Kopf habe, aufzunehmen. Quasi zu dokumentieren, das erfordert viel rumexperimentieren, viele Lieder mit durchaus löblich ernstem Anliegen klingen dann, wenn Beat und Sound ausgesucht wurden, plötzlich erschreckend scheiße. Echte Quatschtracks, bekommen auf einmal eine unheimliche Ernsthaftigkeit und keiner weiß, woran das liegen könnte. Also klar, weiß schon jemand. Aber ich nicht in dem Augenblick. Weiß dann nur: Nee, war jetzt nicht so geil. Aber hier passt vieles. So wie hier sollte es werden. So war es im Kopf und so ist es nun auf Band und in 1 und 0 gepresst, frisch vom Erzeuger. Voll bio aus mein Hirn, also sowas von Gary-Score A. ich glaub sogar den Beat war so ansatzweise so im Kopf. So ein bisschen vaporwavee-mäßig-i-wanna-be-sedated-like, schon schön so. Leicht kunstnebelig tröpfelt hier alles dahin, als würde man baren Fußes durch Dunst und Kondensat balancieren und das einzige, auf das zu achten wäre, ist die Balance auf dem glitschigen aber unsichtbaren Untergrund. Auf dem Barfußpfad des Unbewussten. Es muss was wunderbares sei, auf Valium mit der oder dem Liebsten auf dem Friedhof im Novembernebel verstecken zu spielen. Wenn man sich dann findet und knutscht und merkt, dass man eigentlich nur nach hause unter die Decke will, weil die Nässe in den Schlüppi kriecht. Aber echt zu zweit? Naja, weiß nicht. Vielleicht nächstes Mal. Jetzt erstmal solitär Lieblingsserie gucken. Oder doch zu zweit, aufeinander liegend, aber ohne ficken, nur so gemeinsam eingehüllt? So genau weiß man ja auch nicht, was man so will. Aber genau dann, im Vorgang des fiebrigen Herantastens, auf der konsensual durchtränkten Leinwand des von Vertrauen überschwemmten Erlebnisraumes, im gemeinsam erlebten Pulverschmauch der Unentschlossenheit, wenn kollektive Hitzefeuchtigkeit in der Kälte der Nacht zu einer schwül-begehrlichen Gefühlswolke kondensiert, dann könnte, sollte, müsste dieses Lied gesummt werden.
Sonntag, 4. Dezember 2022
THANK YOU GARY MUCH - Die Ideen gehen aus
Zweite Seite, zweiter Song - und nach ein paar Tagen anderweitiger Beschäftigung hier wieder ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und wieder mal nur sanft korrigiert.
8. Die Ideen gehen aus
Um fünf Uhr ist es schon tiefste Nacht und nicht nur das, sondern auch der Nebel, der sich mit der Dämmerung über die Kleinstadt legt, drückt aufs Gemüt. Ich bin es nicht mehr gewöhnt, in Orten unterwegs zu sein, in denen am Sonntagnachmittag wirklich niemand auf der Straße ist. Songs zu der sonntäglichen Ödnis gibt es genug, als erstes fällt mir ein Oldie von ...But Alive ein: „Es sei denn du bist Snake Plisken“. Es wird gesagt, dass solch dröges Umfeld die Kreativität geradezu herauszwingt, einfach weil man andernfalls depressiv wird, mit der Folge eines Suizides ob der dräuenden Perspektivlosigkeit. Aber wer weiß, ob das so noch stimmt. Denn die Möglichkeiten sich abzulenken per remote control und social media und einen Sonntagabend OHNE hirntötendes Fernsehprogramm zu überleben, waren noch nie so gut. Aber auch dann konsumiert man, lässt Dinge auf sich einwirken, wird das Hirn klamm wie durch die feine Feuchtigkeit eines Nebels über dem Feld, lässt sich in angenehme Mürbidität fallen, anstatt selber zur Tat zu schreiten. Wo bleiben dann die Ideen? Vielleicht laufen sie wirklich durch trostlose Fußgängerzonen westdeutscher Bauart (überall die gleichen drögen rotbraunen Pflastersteine, die müssten doch bald mal aufgebraucht sein.), sehen den Einkaufszentren beim Verfall zu oder ergötzen sich an den leerstehenden Ladenflächen, wo vor 10 bis 20 Jahren noch tapfere Einzelhändler*innen ihre Existenz behaupteten. Lange her. Jetzt wird übers Netz bestellt und Kommando Einzelhandel geht in den Guerrillakampf, um den Kampf gegen den Internetgroßhändler No.1 nicht zu gewinnen, sondern zu bestehen. In all den Jahren in der großen Stadt mit all ihren Ablenkungsmöglichkeiten am Sam-, Sonn- und Feiertag habe ich komplett vergessen, dass der wochenendliche Rausch besonders einen Zweck hat: Am Sonntag so verkatert und erschöpft zu sein, das man den ganzen Tag verschläft. Aber man verpasst ja auch nichts. Jedenfalls nicht in Städten einer gewissen Größen/Nicht-Größenordnung. Was man verpasst, ist folgendes: Dunkelheit. Nebel. Leere Straßen. Dröge Weihnachtsmärkte. Geschlossene Restaurants. Verwaiste Bushaltestellen. Eilig um die Ecken huschende Fast-Food-Lieferanten. Dunkel-nasse Waldwege. Eine matschige Ausweglosigkeit, die Angst macht. In genau so einer Kulisse gehen Ideen aus, und es sei ihnen gegönnt. Sie gehen aus, sie wandern in die große Stadt und machen jenen Mist, den sie nur in der Großstadt machen können. Alles zocken, was es dort gibt. Vegane Currywurst, Fahrradhelm, EC-Automat. Und wenn sie zurück kommen, in die heimische Küche, wo die anderen Depressiven miteinander Spaghetti schlürfen, dann ist zumindest für ein Wochenende die Tristesse im November /Dezember überwunden.
Freitag, 25. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - Michel Piccoli
Nach kurzer Pause, geht es jetzt weiter mit Seite 2: Zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
7. Michel Piccoli
Niemand hat die Absicht, einen Polizisten zu essen. Ich weiß auch gar nicht, wie das geht. Kannibalismus ist nicht so mein Ding. Habe gehört, sie schmecken wie Hühnchen. Aber was weiß ich? Weder weiß ich wie Polizisten gebraten, geschmort, gedünstet, geröstet oder gekocht schmecken. Soll man ja auch nicht machen. Es könnte strafbar sein. Der Verzehr von Ordnungshütern und Kräften der Exekutive ist nicht gestattet. Gibt dazu bestimmt einen Paragrafen im Grundgesetz. Aber ween der Polizist/die Polizistin keine Uniform mehr trägt, und ich ihn oder sie DANN esse, ist es dann noch ein*e Polizist*in? Macht die Uniform erst den Geschmack, rauchig, moschusartig, alt-socken-schweißig, leicht buttrig-ranzig, das darunter liegende Aroma nach Bullenwanne, Pickelhaube und Schutzweste? Ich werde es nie herausfinden. Bin ja 3/4 Vegetarier und solche Mengen an Fleisch, wie da zu verzehren wären (guter Bulle kann sicher schon mal 90-100 Kilo wiegen) , kann ich schon lange nicht mehr ab. Außerdem wäre da noch die Frage der Haltung? Ich bin ja großer Verfechter von Freilandhaltung. Einfache Bodenhaltung ist einfach zu wenig. Ich will saftige Wiesen, auf denen sanfte Bullen stehen, die Köpfe gebeugt, die Nacken breit, den Rest der Welt mißtrauisch beäugend und nicht einmal ahnend, welches Schicksal sie erwartet. Am besten wäre für die zu Verzehrenden natürlich ein Gnadenhof. Wo sie - nach einem langen Leben im Dienste der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ihre letzten Jahre in Ruhe und Freiheit verbringen dürfen. Wo gehen all die Polizisten hin, wenn sie nicht mehr auf der Straße sind? Nach Hause, klar. Aber gibt es so Schwerpunktsiedlungen, wo Polizisten alle zusammen wohnen? Wie bei Copland? Das wäre ja was. Polizei-Stadt, nicht Polizeisiedlung. Kleingartenverein "Zur grünen Uniform", mit Kneipe "Am Blaulicht". Ecke Sirenensteig/Schlagstockstraße (nicht zu verwechseln mit olle Klopstockstraße). Da wohnen sie dann alle, alle Kontaktbereichsbeamten und Kripomenschen und Polizeihelikopterpiloten, Lederjacke-mit-Bündchen-Träger, all die Anwärter für den inneren und äußeren Dienst haben da alle ihr Einfamilienhaus mit Zaun und Wiese und am zan noch ne Hecke, warum, weiß keiner, und vorm Haus ein dunkles Nadelgehölz, das kein Licht ins gardinenbehangene Wohnzimmer lässt, und blickdicht nach innen ist. Was drinnen im Eigenheim passiert, weiß nur der Polizist und seine Frau und die Kinder. Ich weiß es auch nicht. Ich gehe hier nur ab und zu spazieren. Singend. Einen Grill und einen Sack Holzkohle hinter mir herziehend.
P.S.: Wer wissen will, was Michel Piccoli mit all dem zu tun hat, muss THEMROC gucken.
Montag, 21. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - Selten mach Ich Spaß
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
6. Selten mach Ich Spaß
Geistert schon sehr lange im Kopf herum, dieser Satz. Aufgeschnappt auf Mallorca, ja wirklich. Der Insel, die auch schöne Ecken hat. Geheimratsecken wahrscheinlich. Ich war bisher einmal dort, beruflich irgendwie. Habe mit einer Gruppe von Menschen mit Behinderungen dort Urlaub gemacht, auch schon ewig her. Da fiel dann der Satz und er fiel und fiel und fiel direkt in meinen Kpf, direkt ins Hirn. Blieb dort dann hängen, wie ein Schlüssel, der aus Versehen aus der Tasche fällt und die Stufen runter in den Keller purzelt, bis er auf dem letzten Absatz liegenbleibt. oder in einer unmöglichen Ecke verschwindet, von der man denken würde, da KANN er doch gar nicht hingefallen sein. Kann er aber doch. Der Schlüssel genauso wie der Satz. Der Satz blieb mir also im Gedächtnis, es war relativ schnell klar, dass es mal einen Song damit geben würde. Mehr Text muss auch nicht sein. So eine Zustandsbeschreibung, bzw. eine Wesens/Charakterbezeichnung reicht ja auch aus. Damit wäre dann alles gesagt. Es scheint, als wäre diese Eigenbeschreibung eine recht düstere. Selten Spaß machen und manchmal traurig sein. Aber wäre das schlimm? Blöde Witze über mich selber habe ich oft genug gemacht. Das ist ja auch kein Problem, so lange du dich selber ernst nimmt. und das, was du tust. Das war oft der Knackpunkt: Sich selber ernst nehmen, das eigene Tun und Handeln ist wichtig. Das kann auch das eigene Witze machen betreffen. Wenn du dich selber nicht ernst nimmst also nicht für voll, also dich selber für eine Witzfigur hältst, dann ist alles nix. Dann kannst du alles, was du vorhast, knicken. Das bedeutet wiederum nicht dass du das oder der einzige sein solltest, den du ernst nimmt, überhöhtes Ego, das zu viel Raum einnimmt, ist auch kacke. Das kannst du tun, indem du beispielsweise einen Blog voll schreibst, da ist genug Platz. Erwarte aber nicht, dass alle deine Ergüsse immer mit absolutem Interesse lesen, oder du dafür immer Resonanz bekommst. Musst du halt mit leben, mit dem Wagnis, dass du was schreibst, aber es keiner lesen will. oder dass du Musik machst, sie aufnimmst, sie dokumentierst, aber niemand will es eventuell hören. Reicht das? Reicht dir das? Musst du selber herausfinden. Aber nimm dich ernst, auch wenn du lustige Dinge tust, schreibst, sagst, singst. Karnevalsvereine, traditionelle wie alternative, machen es ähnlich. Sie wollen lustig sein, nehmen aber ihr Tun sehr ernst. Woher würde sonst die Sorgfalt kommen für all die Karnevalswagen, die Kostüme, die Tänze, die Reden, die Sitzungen? Sowas muss geplant sein und das nehmen sie ernst. Also: Feier deinen inneren Karneval, meinetwegen jeden Tag, aber mach keinen Witz aus dir. Wow, was ein 10-Minuten-Coaching.
Sonntag, 20. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - Trauriger Hund
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
5. Trauriger Hund
Ich mag Katzen lieber als Hunde. Wobei Hunde nicht schlecht sind. Schon süß. Davon ab hatte ich irgendwann die Ambition, einen sehr traurigen Song zu schreiben. Ich verstieg mich zu der Idee, den traurigsten Song ever zu schreiben. Cat content hilft da. Dog content wohl auch. Über Content zu sprechen klingt aber irgendwie scheiße, allein dieser Begriff, cat /dog content, als wäre das hier eine verschissene Werbeagentur. Der Hund, um den es geht, lebt mit seiner Familie auf der Straße. Man liebt sich und beißt sich. Ist aber insgesamt zufrieden. Hier was zu fressen, da schlafen und sicher ab und zu auch mal ficken. Leben funktioniert. Bis zu einem bestimmten Punkt. Da kommen die Menschen ins Spiel. Wobei die Menschen ja immer im Spiel sind, bzw. im Kontext als Akteur dabei, den die Hunde als gegeben annehmen und die Menschen als Faktor mit in ihre sozialräumliche Wahrnehmung einbauen. Aber eigentlich ist der Mensch aus Hundeperspektive ein Akteur, der da ist, aber halt nicht besonders stört. Bis zu diesem Moment, an dem von Menschen geschaffene Strukturen mit den Interessen des Hundes kollidieren. Menschliche Strukturen: Straße. Urbane Bebauung. Graben. Kein Hund braucht sowas. Nur Menschen denken sich sowas aus. Weil sie nicht mehr zu Fuß unterwegs sind. Sondern Gefährte erfunden haben (hier könnte man besser sagen "entwickelt". Kleiner Tipp: Sage nie, dass du was erfunden hast. Sage immer, du hast was entwickelt. Macht mehr Eindruck. Entwickler klingt nicht so nach wirrköpfigem, zerstreutem Professor. Weniger nach Daniel Düsentrieb, mehr nach Steve Jobs.), um sich damit fortzubewegen. Zum Fahren braucht man ebene Flächen, nicht breit, sondern lang. Die nehmen dann Platz weg. Den Platz, wo Tiere unterwegs sind. Der Hund zum Beispiel. Der Hund, um den es geht, ist übrigens ein sehr schöner Hund. Wäre ihm nicht was blödes passiert, wäre er in seinem Rudel ohne menschliche Einfluss sehr zufrieden gewesen. Miteinander rumtollen. Sich zärtlich in den Nacken beißen, In der Hitze aufeinander rumliegen. Gemeinsam Beute teilen. Achja, Tierromantik aus menschlicher Perspektive. Wahrscheinlich gibt es da ganz andere Prozesse, die ich nicht mal ansatzweise verstehe. Der Hund hat hellbraunes Haar. Recht kurz, struppig, obwohl es niemand trimmt. Kein Schnauzer, auch kein Schnauzer-Mischling. Halt eine schöne lange Schnauze, lange Beine, langer Schweif. Er ist dünn und das ist gut. Muskulös. Sehnig, aber nicht als Nazi-Ideal brauchbar. Als junger Hund waren seine Pfoten so niedlich dick und wirkten tollpatschig, aber nun ist er ein echter Kämpfer. Fühlt sich gut in seiner Crew. Würde nie was ändern, tut es aber dann doch. Nicht mal absichtlich, sondern weil die Umwelt ihn reinreißt. In Situationen, von denen er selber nicht weiß, wie er da rein und wie er wieder rauskommen wird. Einen Namen hat er nicht. Sowas machen nur Menschen. Trauriger Hund.
Mittwoch, 16. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - AMHIG
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
4. AMHIG
Einfache Worte knallen manchmal richtig, direkt ins Herz und dann sind alle Laken blutig. AMHIG, All my happiness ist gone. Geklaut ist das, von David Berman, dem Typen von den Silver Jews und Purple Moutains. Silver Jews habe ich früher nie gehört, aber Freunde von mir. Besonders einer fand die richtig gut, der wohnt jetzt in einem winzigen Dorf auf dem Land. Was ich davon hörte, damals, war ok. Purple Mountains haben mich dann voll umgenietet, mitten ins Herz, mitten durch die Brust. Hätte auch keine Schutzweste was geholfen. So schön. Richtige Platte, richtiger Spieler, richtige Zeit, richtiger Ort. Berman übrigens tot, für die Uneingeweihten. Selbstmord. 2020, oder 2019 oder 2018? Ich guck jetzt nicht nach, scheiß auf Recherche, Wikipedia wird's wissen. All my happiness is gone. Muss sagen: Da ist was dran. Früher hatte ich prekäre Umstände, aber viel Zeit zum Aufschreiben und Ausmalen von Dingen (MALT! ALLES! VOLL!), vieles davon Mist, aber lustig, vieles monetär und nach ökonomischen Maßstäben grober Unfug. Aber darum geht es nicht. Wenn wir den Kapitalismus knacken wollen, müssen wir von diesen Maßstäben, ob etwas Geld bringt oder ob sich etwas verkaufen lässt, weg. Klaaaar, Geld IST wichtig, sogar sehr, aber es frustet, immer daran denken zu müssen und frisst Lebensfreude. Meine jedenfalls, weil ich mich nur eingeschränkt dem widmen kann, was wirklich gut ist. Also das Geld an sich ist nicht das Problem, aber der Erwerb. VGWA = Viel Geld, wenig Arbeit, da bin ich sofort dabei. Jetzt mitten im Erwerbsarbeitsleben drin. Ein Job und noch ein Job und ein ganzer Kladderaradatsch, der da mit dran hängt. Strukturen, auf die ich ehrlich gesagt gar keinen Bock habe: Urlaubsplanung Monate im voraus? Fuck. Fortbildungen hier und da? Fuck. Netzwerktreffen und permanentes Austauschen mit „super Leuten, die da ein total tolles Projekt machen“? Lass mich in Ruhe. Aber die Kekse sind gut. Ständige Reflexionen des eigenen Tuns und Supervisionen bis zu Migräne und Hirnblutung? Fuck. Teamsitzung, After-Work-Treffen, kollegiales Zwangs-Ankumpeln? Ich will ins Bett. Allein. Steuererklärung, weil "Da kannst du sicher was wieder kriegen." bzw. "Du verschenkst da echt Geld!" ? Dafür spare ich Zeit und Nerven, also: Fuck. Zielvereinbarunge? Bin ich ein Navi? Fuck. Monatsabrechnungen? Fördertöpfe? Budgetdingsbums? All that Jazz? Fuck. Ich hatte früher weniger Geld. Das war scheiße. Jetzt habe ich etwas mehr und regelmäßiger Geld, dafür weniger Zeit für die guten Sachen sowie einen Arsch voll Verpflichtungen und Kalendereinträge. Das ist auch scheiße. (Gibt's keinen Zustand, der nicht Scheiße ist? Muss ich den erst zu denken wagen?) Dazu Stress und auch weniger Lust auf alles und Verkrampftheit und weniger Gedankenkarussell, ob ich nicht noch was vergessen habe. Too many structures eat my brain, ihr Wanzen. Man könnte sagen: Gewöhn dich dran. Haben wir alle. Sorry, auch wenn ich diesen Affenzirkus mitmache, um irgendwie halbwegs anständig zu überleben. Dran gewöhnen werde ich mich nicht, das hat mit Mitte 20, Mitte 30 und Mitte 40 nicht geklappt. Wir wissen natürlich alle, dass so ein Rant nur Ausdruck großer Erschöpfung ist. Dann soll es so sein. Aber: Bietet sich der erste gute Ausweg aus diesem Irrsinn, dann bin ich weg, versprochen. Ist aber erstmal nicht in Sicht. Also keine Hoffnung. Das tut weh. Lohnarbeit nur dazu da, um irgendwie durchzukommen. Deshalb unterstreiche ich voll und ganz: All my happiness is gone. Berman, du alte Sau, hast alles richtig ausgedrückt. Ob du alles richtig gemacht hast, müsste diskutiert werden. Weil's so wahr ist, wird alles leider nicht besser. Was danach kommt, ist nur Hommage. Ich singe nur für dich, Berman. Aber echt lieb gemeint. Quizfrage: Das Leben ist a) scheiße b) nicht fair c) voll schön. Such dir was aus, aber quatsch mich nicht voll.
Dienstag, 15. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - 2 Jahre oder weniger
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
3. 2 Jahre oder weniger
Auf dem Floß waren wir unterwegs, als das Ding in irgendeiner Playlist unbeabsichtigt abgespielt wurde. Sun Ra Bullock meinte, das wäre der Gary-Blues, die anderen rauchten einfach weiter. Vielleicht kommt der Eindruck durch das Tambourin, oder die 1-Ton-Orgel. Jedenfalls schunkelten wir genauso an einem sonnigen Mai-Tag dahin. Aber diese dräuende Routine, diese immergleiche Aussichtslosigkeit, die ringförmige Eintöngkeit, die soundgewordene S-Bahn ohne Ende und Anfang, die waren wir dann doch nicht. Schließlich konnten wir irgendwo anlegen. Das kann die Wüste Routine, durch die wir alle im Alltagsnebel schlendern, nicht. Da bist du drin, da gibt's keine Endstation, die fährt immer im Kreis und das irre ist: Du merkst das nicht. Hast du eigentlich auch so nicht bestellt, aber der alte mürrische Ober Schicksal knallt dir den Drink halt einfach auf den Tisch. Also sauf. Was anderes gibt’s nicht, besser wird’s nicht. Du weißt, dass das irgendwo ein Kreis ist, sowie alles irgendwie (Leben, Regenschirm, Rihanna-Platte, Papstkrone) aber merken tust du es nicht. Höchstens, wenn du mal hingucken würdest, du Irrer. Nach einer durchfeierten Nacht, da könntest du eventuell mal was merken. Wenn du ganz genau drauf achtest, oder mal eine ganze Runde drehst. Das passiert natürlich nie, denn die Zeit gibt dein Leben ja gar nicht mehr her. Gehetzt. Jeden Tag, bei Tages- und Nachtfreizeit. Nicht das alte Lied, aber das alte Thema. und es wird neblig, mein Gott, ist das neblig. Da gab es dieses Spiel, das wir uns ausgedacht, aber nie gespielt haben: Drink The Ring, nannte Schätzeken das. Ich könnte es eh nicht mehr spielen. Das Spiel geht so. Alle steigen an der gleichen Station ein, an jeder Haltestelle steigen alle aus und suchen die nächstgelegene Kneipe auf. Dort wird ein Bier getrunken. Dann verlässt man die Bar wieder, steigt in die nächste Ringbahn, steigt an der nächsten Haltestelle aus, sucht die nächste Kneipe auf und so weiter und sofort. Wer die meisten Stationen schafft, hat gewonnen. Ist dann Ring-König*in. Alle anderen haben verloren und müssen ohne Hilfe nach hause kriechen. Vielleicht schafft auch jemand alle Stationen, das stelle ich mir sehr spannend vor. Aber möglicherweise haben ein paar Neuköllner Kneipenkatzen das Spielchen schon mal mitgemacht und jeden Level durchgespielt. Statt Bier einen Schnaps an jeder Haltestelle, aber erstmal die nächste Bar dort finden, am Westhafen wäre das schon interessant, Jungfernheide hielte sicher auch ein paar spannende sozialräumliche Aneignungsexperimente parat. Oer wir verkaufen die Idee. Schätzeken, sag mir, wie wäre das? An irgendwelche Partytouristen, die ein Wochenende in der Stadt sind und von 48 Stunden die Hälfte in der Ringbahn saufend, am Ende vollgekotzt, eingepisst und eingekotet, mit einer Plastiktüte um den Hals und Edding-Penis-Tattos auf der Stirn wieder in den Flieger steigen. Wie wäre das, Schätzeken? Wäre das nicht schön?
Montag, 14. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - Mann mit der Torpedohaut
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
2. Mann mit der Torpedohaut
Wir reisen, wir reisen, wir reisen. Ein Punk-Boogie wie eine Fahrt durch unbekanntes Land. Hier Steppe, da meterhohe Schilfe, runter geht's und dann wieder hoch. Da, in der Ferne, diesig blaue, malerische Bergzüge, mit irgendwas bewachsen, das geduldige Büffel mit ausladendem Gehörn seelenruhig abfressen, tagein tagaus. Solche Berge sind das, an deren Fuß sich Strände befinden - ohne Surfdudes und ohne den kleinsten Partikel Mikroplastik. Die Sonne scheint darob, ein paar Wolken kreuzen den Weg, aber es ist nicht zu heiß. Wir kommen gut voran, liegt vielleicht an unserem Gefährt, das wir vor ein paar Tagen gemeinsam eingeschmissen haben, nachts um drei in dieser Bar, in der das Licht auch nüchtern seltsam blinkte, und auf dem wir jetzt durch die Dimensionen heizen. Ich trage einen Sombrero, einen strohgemachten, extra für mich geflochten und mit einer bestickten Banderole und ener blauen Feder unbekannter Herkunft geschmückt. Meine Hände mit dem Kunstleder des Lenkrads verschmolzen, die rechte Hand nur manchmal sanft den Schaltknauf mit dem Marienbildnis betätigend. Du neben mir, hübsch wie immer, süß, geheimnisvoll, zweiköpfig. Sphinxig. Deine schmalen Augen, die eher einer Viper angemessen wären, lachen mich an, alles ist gut. Im Mundwinkel hast du einen riesigen Pappbecher (1,5 l mindestens) Latte Macchiatto, mehr Schoko als Kaffee. Hauptsache Koffein. So brausen wir dahin, unter Brücken durch, über Paß-Strassen, die durch regenbogenartige Landschaften führen, immer weiter vorwärts. Pausen werden nur selten gemacht, an den Motels, an den Tankstellen, an den einsamen Grillstuben, wo im der Blechtonne seltsame Dinge vor sich hingaren. Vielleicht sind wir die ganze Zeit auch nur bekifft. Es wär nicht so wild, eigentlich eher förderlich, Reist sich eher noch besser. Runter und wieder rauf. Es ist alles ein bißchen wie bei Mario Kart, nur in echt. Bunte Straßen, lustige Gefährten, mit denen wir uns spaßige Rennen liefern. Kurve links, Kurve rechts, jetzt auf die Regenbogenstrecke. Bowser hinter mir, die Prinzessin deckt die rechte Seite, Vorsicht da kommt so eine komische Obstbombe, die wird uns voll raushauen, weich aus! Mann, was habe ich die Regenbogenstrecke geliebt! So wie diese Strecken ist das hier, Mann. Wie bei allen Strecken von Mario Kart, nur in Natur und man kann mal rechts ranfahren, aussteigen, sich alles angucken. Stell dir vor, du machst bei Mario Kart eine Pause auf dem Rastplatz und schaust dich mal eine Stunde in der Gegend um! Na, wie wär das? Wie wäre das, Mann? Wäre das geil? Und dann wieder los. Hoch, runter, rechts herum, links herum und auf dem Rücksitz brodelt ein Topf mit heißer Suppe vor sich hin.
Sonntag, 13. November 2022
THANK YOU GARY MUCH - Badewanne Selbstmitleid morgens
Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.
1. Badewanne Selbstmitleid
Jetzt muss alles schnell gehen. Anziehen, Zähne putzen, Tee trinken, Brot essen. dann raus, Treppe runter, zur Haustür raus, schnell schnell. Der Tag wartet nicht, nicht auf dich, er rennt dir davon, du siehst ihn immer nur von hinten und hörst dieses höhnische, elsterhafte Keckern: dukriegstmichnicht, dukriegstmichnicht,dukriegstmichnicht, hahaha. zack, ist die Zeit davon gerauscht, niemand weiß wohin, vielleicht um die nächste Ecke, wahrscheinlich eher zum nächsten Punkt auf der To-Do-Liste. Friseur, Einkaufen, Fitnessstudio, zum Arzt (oft), zum Notar (nicht sooft), Bude putzen, eine Rechnung überweisen, Urlaub planen, Wochenende planen, Job planen, Essen planen, Sport planen, Entspannung planen, Serie schauen planen (Wofür? Plan kaputt, was dich kaputt macht), Freundin treffen. Freunde wollen auch getroffen werden, alle zusammen am besten jedes mal mitten ins Herz. Das heißt ja heute netzwerken, alles muss Nutzen haben, sogar Bier trinken in der Kneipe. Mit Menschen zusammen sein, die einem so gar nichts zu bieten haben, außer einer guten Zeit, ist verpönt, denn die sind ja netzwerktechnisch nicht nützlich. Freundschaft im 21. Jahrhundert. Manche schon so lange nicht mehr gesehen. Die Bandpiepel namens Zeit, Interesse, Konzentration, spielen dabei alle nicht synchron, nicht im selben Rhythmus, nicht mal in derselben Band, nicht im selben Proberaum, schon gar nicht auf dem selben Gig. Die kennen sich nicht mal wirklich. Mein Netzwerk? funktioniert super, schön dass du fragst. So. Alles analysiert, mit wem und wann man zusammen sitzt und Dinge tut. Alles muss Nutzen haben, kapier's doch endlich mal. Well, und dann zwischendurch ein Moment der Ausschöpfung einer Ruhe. Kurz an der Wand lehnen, aber nicht so, als würde man besoffen aussehen. Wie schön wäre es, sich einfach auf die stufen eines U-Bahnaufgangs zu setzen und für zwei Minuten die Augen zuzumachen. ich haue auf die Couch, dann ist der Kopf wieder an, war kurz defekt, weil immer immer immer immer immer immmer immer immerimmerimmerimmerimmerimmmerimmerimmmerimmerimmmerimmerimmerimmerimmerimmmer zu viel zu tun. immer. öfter in die tasten gehauen, ergibt das Wort einen guten shuffle. diese 5 Buchstaben. Mit ever geht das anders. ever ever ever ever ever ever ever ever ever ever, ever ever ever ever ever ever. Ever ever ever ever. Fast wie der Auftakt beim Anfang der Addams-Family-Titelmelodie. siempre noch schwerer. siempre, fast schon eins von diesen Breaks aus alten Soulsongs, die immer gecovert werden. ja, und so sitze ich beim Sonnenaufgang im Nebel, kloppe Buchstaben ins Plastik und das muss sein. So viele Dinge müssen sein aber Ruhe ist nicht zu finden. Gute Freunde wohnen jetzt ganz weit weg und wenn ich ganz weit sage dann meine ich das auch so. schon zig mal versprochen, mal vorbei zu kommen, aber für 2 Tage lohnt das nicht, so weit weg ist das, es müssten schon vier Wochen sein, ha, vier Wochen, wo sollen die herkommen am Stück. Wollte ich in solche Überlegungen je sein?
THANK YOU GARY MUCH - Gary Flanells erstes Solo-Tape
Aufgemerkt, liebe Freunde der rhythmischen Tanzmusik:
Nächste Woche Freitag wird das erste Solo-Tape vom Herrn Flanell veröffentlicht.
"THANK YOU GARY MUCH" heißt es, komplett weiß ist es, 11 Songs enthält es, auf 50 Exemplare limitiert ist es. Soweit die Fakten.
Nach Jahrzehnten des Fanzine Machens und in diversen musikalischen Projekten Involviert Seins (früher: ESEL, MERCEDES Z, SCEPTIC JAZZ, ELLA & GARY, heute: ATOMVULKAN BRITZ, KUNSTKACKE SOUNDSYSTEM), nun also erstmalig eine Auswahl dessen, was ich in den letzten Jahren aufgenommen habe.
Die 11 Tracks tragen allesamt eine große Portion Punk- und DIY-Spirit in sich, auch wenn es in musikalischer Hinsicht nicht alles Schrammelgitarre ist, sondern zuweilen etwas elektronisch daherkommt. Das meiste wurde in den eigenen vier Wänden eines Ost-Berliner Plattenbaus konzipiert, aufgenommen, arrangiert. Es gibt noch diverse Songs mit englische Lyrics, auf diesem Tape sind alle Texte allerdings komplett auf deutsch.
Bei der Realisierung dieses Tapes gab es Support von wirklich lieben Menschen, ohne die es nie so hübsch geworden wäre, wie es ist:
Baba Jaga hat wunderbare Vocals auf dem Track "Europa" eingesungen, Atomvulkan-Brudi Sun Ra Bullock seine subtilen Kaos-Pad-Echo-Skills auf "Die Ideen gehen aus" beigesteuert und Bernard Fruithagel, der großartige grafic artist, hat das hübsche stilvolle Coverdesign samit Banderole und Gary-Score A perfekt umgesetzt.
Und dann will ich noch Alissa Wyrdguth erwähnen, die mit klugem und wichtigem Feedback geholfen hat, manch peinliche Untiefe zu umschiffen.
Anhören und runterladen kann man sich alle Tracks des Tapes ab dem 18.11.2022 über die Bandcamp-Seite von JOHN STEAM RECORDS. Dort kann auch das Tape bestellt werden.
Einen Vorgeschmack gibt es jetzt schon, denn der Track "Michel Piccoli" wurde bereits am 11.11. veröffentlicht und ist hier hörbar.
In den nächsten Tagen werde ich den Renfield-Blog nutzen, um zu jedem Track auf "THANK YOU GARY MUCH" ein paar Liner-Notes zu hinterlassen.
Diese Texte werden nach einer Free writing-Methode verfasst.
Das bedeutet: Ich werde jedes Mal 10 Minuten ununterbrochen schreiben. Alles, was mir zum jeweiligen Song in den Sinn kommt. Wichtig ist es, nicht aufzuhören mit dem Schreiben. 10 Minuten lang. Dann ist Schluß. Jeder Text wird dann noch sanft orthografisch korrigiert, aber inhaltlich wird nichts verändert.
Los geht es mit "Badewanne Selbstmitleid morgens".
Hier schon einmal die Tracklist aller Songs des "THANK YOU GARY MUCH TAPES":
1. Badewanne Selbstmitleid morgens
2. Mann mit der Torpedohaut
3. 2 Jahre oder weniger
4. AMHIG
5. Trauriger Hund
6. Selten mach ich Spaß
7. Michel Piccoli
8. Die Ideen gehen aus
9. Europa
10. Woher ich komme
11. Badewanne Selbstmitleid abends
THANK YOU GARY MUCH von Gary Flanell erscheint am 18.11.2022 uf John Steam Records in einer limitierten Auflage vn 50 Tapes und als digitaler Download über die Bandcamp-Seite von JOHN STEAM RECORDS.
Am 18.11. ab 21 Uhr wird das Tape bei der JSR DOUBLE RELEASE PARTY im Trxteria Nova in Kreuzberg vorgestellt - gemeinsam mit der Veröffentlichung des Tapes "First We Tape Manhattan" von LUTZILLA (Indierock/Post-Punk, Berlin) und ATOMVULKAN BRITZ (Regressive Rock), DJ-Set by Untanzbare Zustände (Indie-Rock).
Nächste Woche Freitag wird das erste Solo-Tape vom Herrn Flanell veröffentlicht.
"THANK YOU GARY MUCH" heißt es, komplett weiß ist es, 11 Songs enthält es, auf 50 Exemplare limitiert ist es. Soweit die Fakten.
Nach Jahrzehnten des Fanzine Machens und in diversen musikalischen Projekten Involviert Seins (früher: ESEL, MERCEDES Z, SCEPTIC JAZZ, ELLA & GARY, heute: ATOMVULKAN BRITZ, KUNSTKACKE SOUNDSYSTEM), nun also erstmalig eine Auswahl dessen, was ich in den letzten Jahren aufgenommen habe.
Die 11 Tracks tragen allesamt eine große Portion Punk- und DIY-Spirit in sich, auch wenn es in musikalischer Hinsicht nicht alles Schrammelgitarre ist, sondern zuweilen etwas elektronisch daherkommt. Das meiste wurde in den eigenen vier Wänden eines Ost-Berliner Plattenbaus konzipiert, aufgenommen, arrangiert. Es gibt noch diverse Songs mit englische Lyrics, auf diesem Tape sind alle Texte allerdings komplett auf deutsch.
Bei der Realisierung dieses Tapes gab es Support von wirklich lieben Menschen, ohne die es nie so hübsch geworden wäre, wie es ist:
Baba Jaga hat wunderbare Vocals auf dem Track "Europa" eingesungen, Atomvulkan-Brudi Sun Ra Bullock seine subtilen Kaos-Pad-Echo-Skills auf "Die Ideen gehen aus" beigesteuert und Bernard Fruithagel, der großartige grafic artist, hat das hübsche stilvolle Coverdesign samit Banderole und Gary-Score A perfekt umgesetzt.
Und dann will ich noch Alissa Wyrdguth erwähnen, die mit klugem und wichtigem Feedback geholfen hat, manch peinliche Untiefe zu umschiffen.
Anhören und runterladen kann man sich alle Tracks des Tapes ab dem 18.11.2022 über die Bandcamp-Seite von JOHN STEAM RECORDS. Dort kann auch das Tape bestellt werden.
Einen Vorgeschmack gibt es jetzt schon, denn der Track "Michel Piccoli" wurde bereits am 11.11. veröffentlicht und ist hier hörbar.
In den nächsten Tagen werde ich den Renfield-Blog nutzen, um zu jedem Track auf "THANK YOU GARY MUCH" ein paar Liner-Notes zu hinterlassen.
Diese Texte werden nach einer Free writing-Methode verfasst.
Das bedeutet: Ich werde jedes Mal 10 Minuten ununterbrochen schreiben. Alles, was mir zum jeweiligen Song in den Sinn kommt. Wichtig ist es, nicht aufzuhören mit dem Schreiben. 10 Minuten lang. Dann ist Schluß. Jeder Text wird dann noch sanft orthografisch korrigiert, aber inhaltlich wird nichts verändert.
Los geht es mit "Badewanne Selbstmitleid morgens".
Hier schon einmal die Tracklist aller Songs des "THANK YOU GARY MUCH TAPES":
1. Badewanne Selbstmitleid morgens
2. Mann mit der Torpedohaut
3. 2 Jahre oder weniger
4. AMHIG
5. Trauriger Hund
6. Selten mach ich Spaß
7. Michel Piccoli
8. Die Ideen gehen aus
9. Europa
10. Woher ich komme
11. Badewanne Selbstmitleid abends
THANK YOU GARY MUCH von Gary Flanell erscheint am 18.11.2022 uf John Steam Records in einer limitierten Auflage vn 50 Tapes und als digitaler Download über die Bandcamp-Seite von JOHN STEAM RECORDS.
Am 18.11. ab 21 Uhr wird das Tape bei der JSR DOUBLE RELEASE PARTY im Trxteria Nova in Kreuzberg vorgestellt - gemeinsam mit der Veröffentlichung des Tapes "First We Tape Manhattan" von LUTZILLA (Indierock/Post-Punk, Berlin) und ATOMVULKAN BRITZ (Regressive Rock), DJ-Set by Untanzbare Zustände (Indie-Rock).
Dienstag, 1. November 2022
Schön, wenn Menschen Musik machen Part XXI
G31 - Die Insel der versunkenen Arschlöcher
Normalerweise trägt diese Review-Sekton ja noch das Adjektiv "junge" in bezug auf Menschen im Titel. Das lasse ich diesmal weg, aus Gründen. Denn das Bandfoto zeigt mir, dass G31 und ich ungefähr in der gleichen Alterskohorte sein dürften.
Also nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht im Stadium der senilen Bettflucht angekommen.
Das heißt ja nicht, dass man kein Musik mehr machen dürfe.
Punk mag vielleicht ein Nachwuchsproblem haben, aber es ist älteren Szenegraurücken ja nicht verboten, weiterhin Platten aufzunehmen und live zu spielen.
Sowas kann zuweilen ganz schön in die Hose gehen (denke ich manchmal, wenn ich z.B. aktuelle Exploited-Live-Mitschnitte sehe. Warum ich damit wertvolle Lebenszeit verschwende, sollte ich mich auch mal fragen) aber auch gut laufen.
Was mich zu G31 bringt.
Denn hier läuft's gut.
G31 haben im Mai 2022 ein zweites Album mit sehr lustigem Titel rausgebracht, und das sogar auf Vinyl.
Mir liegt nur die CD vor, aber die reicht, um einen guten Einblick zu bekommen.
Und gut ist der Eindruck von G31 auf alle Fälle: Denn souverän gespielten Deutschpunk mit gewitzten Lyrics, einfallsreichen Song- und Soundstrukturen kann ich mir zuweilen immer noch geben, gerne auch, wie in diesem Fall mit einer Sängerin.
Die Diskussion über die Sichtbarkeit und das zahlenmäßige Auftreten von Frauen in Sachen Punk ist immer noch aktuell und wichtig. Und jede Frau die sich in einer Band auf die Bühne stellt und Raum zwischen all den Typenbands einnimmt ist wichtig, egal ob sie in einer Crustcore-Combo den Bass schrubbt, in einer Gothic-Waveband Gitarre spielt oder wie hier, einer Deutschpunkband wichtige Impulse gibt - sie sind alle wichtig. Mehr davon ist immer noch nötig.
Das wäre als formales Kriterium für die Bewertung dieser Platte sicher zu wenig, aber die guten Texte (meine Faves: Sonne im Park, Revolution spielen) und die kraftvolle Stimme von Mitra ist nicht alles.
G31 wissen wie man aus bekannten Punkrockstrukturen noch einfallsreiche Songs stricken und die nach dem DY-Prinzip auch gut produzieren kann. Hinzu kommt, dass thematisch alles klar thematisiert wird, was man von einer (Hambrger) Punkband erwarten kann: Es geht gegen Nazis, gegen Bullen, gegen das ganze Scheiß-System. An all dem Abarbeiten geht anscheinden noch immer sehr gut.
Jetzt wären wahrscheinlich noch ein paar bekannte Namen als Name-Dropping wichtig, damit auch die einfachsten Gemüter diese Band genau einordnen können. Kommen jetzt.
Auf dem Waschzettel werden als selbstgewählte Referenzen SLIME, BUTTAT; RAZZIA, SCATTERGUN und ANTIKÖRPER (die wohl auch, weil AK-Gitarrist Peter jetzt bei G31 mitmischt) genannt. Das kann man so stehen lassen, so düser wie RAZZIA kommen G31 allerdings nicht rüber, sondern eher wie eine typische kämpferische HH-Punkband, die so auch gut in den 90ern auf St. Pauli einiges hätte abräumen können. Von Mitras Stimme her und der Art, wie sie singt, muss ich zuweilen auch an Hans-A-Plast denken, der Sound hier ist allerdings doch ein anderer.
(E) auf der 26-teiligen Renfield-Rezensionsskala.
Gary Flanell
"Die Insel der versunkenen Arschlöcher" von G31 wurde von G31 in Kooperation mit STERBT ALLE Records im Mai 2022 veröffentlicht und ist als LP im Gatefoldcover erschienen CD liegt auch bei).
G31 im Netz:
Auf Facebook
https://g31punk.org/
Normalerweise trägt diese Review-Sekton ja noch das Adjektiv "junge" in bezug auf Menschen im Titel. Das lasse ich diesmal weg, aus Gründen. Denn das Bandfoto zeigt mir, dass G31 und ich ungefähr in der gleichen Alterskohorte sein dürften.
Also nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht im Stadium der senilen Bettflucht angekommen.
Das heißt ja nicht, dass man kein Musik mehr machen dürfe.
Punk mag vielleicht ein Nachwuchsproblem haben, aber es ist älteren Szenegraurücken ja nicht verboten, weiterhin Platten aufzunehmen und live zu spielen.
Sowas kann zuweilen ganz schön in die Hose gehen (denke ich manchmal, wenn ich z.B. aktuelle Exploited-Live-Mitschnitte sehe. Warum ich damit wertvolle Lebenszeit verschwende, sollte ich mich auch mal fragen) aber auch gut laufen.
Was mich zu G31 bringt.
Denn hier läuft's gut.
G31 haben im Mai 2022 ein zweites Album mit sehr lustigem Titel rausgebracht, und das sogar auf Vinyl.
Mir liegt nur die CD vor, aber die reicht, um einen guten Einblick zu bekommen.
Und gut ist der Eindruck von G31 auf alle Fälle: Denn souverän gespielten Deutschpunk mit gewitzten Lyrics, einfallsreichen Song- und Soundstrukturen kann ich mir zuweilen immer noch geben, gerne auch, wie in diesem Fall mit einer Sängerin.
Die Diskussion über die Sichtbarkeit und das zahlenmäßige Auftreten von Frauen in Sachen Punk ist immer noch aktuell und wichtig. Und jede Frau die sich in einer Band auf die Bühne stellt und Raum zwischen all den Typenbands einnimmt ist wichtig, egal ob sie in einer Crustcore-Combo den Bass schrubbt, in einer Gothic-Waveband Gitarre spielt oder wie hier, einer Deutschpunkband wichtige Impulse gibt - sie sind alle wichtig. Mehr davon ist immer noch nötig.
Das wäre als formales Kriterium für die Bewertung dieser Platte sicher zu wenig, aber die guten Texte (meine Faves: Sonne im Park, Revolution spielen) und die kraftvolle Stimme von Mitra ist nicht alles.
G31 wissen wie man aus bekannten Punkrockstrukturen noch einfallsreiche Songs stricken und die nach dem DY-Prinzip auch gut produzieren kann. Hinzu kommt, dass thematisch alles klar thematisiert wird, was man von einer (Hambrger) Punkband erwarten kann: Es geht gegen Nazis, gegen Bullen, gegen das ganze Scheiß-System. An all dem Abarbeiten geht anscheinden noch immer sehr gut.
Jetzt wären wahrscheinlich noch ein paar bekannte Namen als Name-Dropping wichtig, damit auch die einfachsten Gemüter diese Band genau einordnen können. Kommen jetzt.
Auf dem Waschzettel werden als selbstgewählte Referenzen SLIME, BUTTAT; RAZZIA, SCATTERGUN und ANTIKÖRPER (die wohl auch, weil AK-Gitarrist Peter jetzt bei G31 mitmischt) genannt. Das kann man so stehen lassen, so düser wie RAZZIA kommen G31 allerdings nicht rüber, sondern eher wie eine typische kämpferische HH-Punkband, die so auch gut in den 90ern auf St. Pauli einiges hätte abräumen können. Von Mitras Stimme her und der Art, wie sie singt, muss ich zuweilen auch an Hans-A-Plast denken, der Sound hier ist allerdings doch ein anderer.
(E) auf der 26-teiligen Renfield-Rezensionsskala.
Gary Flanell
"Die Insel der versunkenen Arschlöcher" von G31 wurde von G31 in Kooperation mit STERBT ALLE Records im Mai 2022 veröffentlicht und ist als LP im Gatefoldcover erschienen CD liegt auch bei).
G31 im Netz:
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https://g31punk.org/
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