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Mittwoch, 16. November 2022

THANK YOU GARY MUCH - AMHIG


Wie angekündigt, zu jedem Song auf dem "Thank You Gary Much"-Tape ein paar Liner-Notes, in 10 Minuten nach einer Free Writing Methode aufgeschrieben und nur sanft korrigiert.

4. AMHIG

Einfache Worte knallen manchmal richtig, direkt ins Herz und dann sind alle Laken blutig. AMHIG, All my happiness ist gone. Geklaut ist das, von David Berman, dem Typen von den Silver Jews und Purple Moutains. Silver Jews habe ich früher nie gehört, aber Freunde von mir. Besonders einer fand die richtig gut, der wohnt jetzt in einem winzigen Dorf auf dem Land. Was ich davon hörte, damals, war ok. Purple Mountains haben mich dann voll umgenietet, mitten ins Herz, mitten durch die Brust. Hätte auch keine Schutzweste was geholfen. So schön. Richtige Platte, richtiger Spieler, richtige Zeit, richtiger Ort. Berman übrigens tot, für die Uneingeweihten. Selbstmord. 2020, oder 2019 oder 2018? Ich guck jetzt nicht nach, scheiß auf Recherche, Wikipedia wird's wissen. All my happiness is gone. Muss sagen: Da ist was dran. Früher hatte ich prekäre Umstände, aber viel Zeit zum Aufschreiben und Ausmalen von Dingen (MALT! ALLES! VOLL!), vieles davon Mist, aber lustig, vieles monetär und nach ökonomischen Maßstäben grober Unfug. Aber darum geht es nicht. Wenn wir den Kapitalismus knacken wollen, müssen wir von diesen Maßstäben, ob etwas Geld bringt oder ob sich etwas verkaufen lässt, weg. Klaaaar, Geld IST wichtig, sogar sehr, aber es frustet, immer daran denken zu müssen und frisst Lebensfreude. Meine jedenfalls, weil ich mich nur eingeschränkt dem widmen kann, was wirklich gut ist. Also das Geld an sich ist nicht das Problem, aber der Erwerb. VGWA = Viel Geld, wenig Arbeit, da bin ich sofort dabei. Jetzt mitten im Erwerbsarbeitsleben drin. Ein Job und noch ein Job und ein ganzer Kladderaradatsch, der da mit dran hängt. Strukturen, auf die ich ehrlich gesagt gar keinen Bock habe: Urlaubsplanung Monate im voraus? Fuck. Fortbildungen hier und da? Fuck. Netzwerktreffen und permanentes Austauschen mit „super Leuten, die da ein total tolles Projekt machen“? Lass mich in Ruhe. Aber die Kekse sind gut. Ständige Reflexionen des eigenen Tuns und Supervisionen bis zu Migräne und Hirnblutung? Fuck. Teamsitzung, After-Work-Treffen, kollegiales Zwangs-Ankumpeln? Ich will ins Bett. Allein. Steuererklärung, weil "Da kannst du sicher was wieder kriegen." bzw. "Du verschenkst da echt Geld!" ? Dafür spare ich Zeit und Nerven, also: Fuck. Zielvereinbarunge? Bin ich ein Navi? Fuck. Monatsabrechnungen? Fördertöpfe? Budgetdingsbums? All that Jazz? Fuck. Ich hatte früher weniger Geld. Das war scheiße. Jetzt habe ich etwas mehr und regelmäßiger Geld, dafür weniger Zeit für die guten Sachen sowie einen Arsch voll Verpflichtungen und Kalendereinträge. Das ist auch scheiße. (Gibt's keinen Zustand, der nicht Scheiße ist? Muss ich den erst zu denken wagen?) Dazu Stress und auch weniger Lust auf alles und Verkrampftheit und weniger Gedankenkarussell, ob ich nicht noch was vergessen habe. Too many structures eat my brain, ihr Wanzen. Man könnte sagen: Gewöhn dich dran. Haben wir alle. Sorry, auch wenn ich diesen Affenzirkus mitmache, um irgendwie halbwegs anständig zu überleben. Dran gewöhnen werde ich mich nicht, das hat mit Mitte 20, Mitte 30 und Mitte 40 nicht geklappt. Wir wissen natürlich alle, dass so ein Rant nur Ausdruck großer Erschöpfung ist. Dann soll es so sein. Aber: Bietet sich der erste gute Ausweg aus diesem Irrsinn, dann bin ich weg, versprochen. Ist aber erstmal nicht in Sicht. Also keine Hoffnung. Das tut weh. Lohnarbeit nur dazu da, um irgendwie durchzukommen. Deshalb unterstreiche ich voll und ganz: All my happiness is gone. Berman, du alte Sau, hast alles richtig ausgedrückt. Ob du alles richtig gemacht hast, müsste diskutiert werden. Weil's so wahr ist, wird alles leider nicht besser. Was danach kommt, ist nur Hommage. Ich singe nur für dich, Berman. Aber echt lieb gemeint. Quizfrage: Das Leben ist a) scheiße b) nicht fair c) voll schön. Such dir was aus, aber quatsch mich nicht voll.

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