Sean Rowe – Madman
Für den dauergestressten Großstädter eignet sich einer wie Sean Rowe schon sehr gut als Projektionsfläche für verborgene “Zurück zur Natur“-Sehnsüchte und Landflucht-Träumereien, wie sie seit Eddie Vedders "Into the Wild"-Soundtrack jeder Metropolenbewohner kennt: Bärtiger Typ, bekennender Naturalist, einer, der sich schon seit geraumer Zeit sicher auf dem wilden Gelände von Americana, Folk und Country bewegt. Im Vergleich zum Vorgängeralbum „The salesman and the shark“ bietet das dritte Album "Madman" allerdings einige neue Ansätze.
Hatte der Mann aus Troy, New York, bisher noch einen Hang zu sehr düsteren und ausladenden Soundkonstruktionen, kommt „Madman“ um einiges kompakter daher. Rowes Bariton erinnert immer noch stark an Bruce Springsteen, wäre der nach seinem Nebraska-Album in einer Zeitschleife hängengeblieben und auch eine gewisser kauziger Duktus, wie man ihn von Tom Waits kennt, ist nicht ganz verschwunden. Die Songs selber wirken aber jetzt viel direkter und flotter. Mit „Downwind“ hatte Rowe schon auf der letzten Platte einen Song, den man sofort mitpfeifen wollte. Diese Leichtigkeit zieht sich immer öfter durch die neuen Tracks. Ruhige Folksongs wie „The drive“ oder „Razor of love“ durfte man auch schon früher auf einem Sean-Rowe-Album erwarten.
Überraschender ist dagegen, dass er auf „Done calling you“ oder „The real thing“ nun mit ZZ Top-artigen Riffs daherkommt und mit „Desiree“ ganz leichtfüßig in frühe Disco-Sphären eintaucht. Woher die plötzliche Leichtigkeit des Sean Rowe kommt, bleibt zu vermuten. Vielleicht liegt es an seiner Gewohnheit der letzten Jahre, nur mit der Gitarre in den Wohnungen von wildfremden Menschen spontan, aber extrem fokussiert aufzutreten. Möglicherweise hat auch die Geburt seiner Tochter dem zuweilen etwas eigenbrötlerisch daherkommenden Rowe gezeigt, dass das Leben nicht nur aus Schuld und Sühne besteht. Wäre beides nicht so ganz schlecht
(C, Gary Flanell, Anti Records)
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