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Donnerstag, 8. Mai 2025
Schön, wenn Hühnerherzen Lieder singen Pt. II (live)
ACHT EIMER HÜHNERHERZEN, SCHRENG SCHRENG & LALA, Frühjahr 2025 irgendwo in NRW
"Zehn Minuten", sagt Gary. "Stell dir am besten die Uhr. Und wenn der Alarm bimmelt..."
Ja, und wie nu? Am besten und einzig möglichen in Häppchen und Episödchen, Augenblickchen, Lider (sic!) runter, Lider rauf, schön peu a peu.
Mitte April in Toitschland. Deutlich über zwanzig Grad, keine Wolke am Himmel am frühen Abend. Es sitzt sich wohl gut im Biergarten des Bürgerhauses Stollwerk, wenn man ein Poloshirt und Sneaker hat und Limo aus der Werbung des passenden Stadtmagazins mag. Besser ist es allerdings auf der Bank eben vor diesem Abiturientenausflugslokal mit einem Kölsch aus der Flasche, die es im Kiosk hundert Meter entfernt für etwa eineinhalb Euro gibt. Allein die am Haltverbotsschild montierte Öffnenstation ist eine Reise wert.
"Endlich normale Leute", sagt der andere Bankhocker, der sich neugierig, aber irgendwie ein wenig scheu die nebenan feixenden Herrschaften von Schreng Schreng & Lala beguckt. Nach ein wenig umständlicher Alsobkonversation wird schließlich klar, dass er das eintrudelnde Konzertpublikum meint und nicht die Abiturienten. Was nicht klar wird, auch nicht nach seiner verbissenen Internetrecherche und schließlich schwindendem Datenvolumen und auch nicht viel später am Abend, ist, wen er wohl vor Jahren ebenfalls hier einmal gesehen und gehört hat. Jemand, eines dessen Lieder derweil immer im Stadion gespielt wird, wenn der FC Bayern gewinnt. Oder verliert? Und gegen wen überhaupt? Es scheint definitiv aber um Sport zu gehen, wie schön. Kommste aber schlussendlich nich drauf.
Bene Diktator liegt im Gras und macht ein Nickerchen. Dafür hat er eigens eine Decke dabei, wie schlau, denn Rasen ist ja nie einfach nur Rasen, da wohnen ja auch welche drin, und schlechtestenfalls erwischt man noch ganz was anderes mit dem Schulterblatt. Jedenfalls findet er es prima, in Berlin haben die ja im Moment noch eher Spätwinter als Frühfrühling und schon gar keinen Vorsommer. Er sagts anders, aber so in der Richtung. Und dann? Eine Woche später hängen bei ihm die Mandeln in Fransen, Dreck. Auch im Eitelsten ist dann doch was doof.
Musiziert wird im Obergeschoss, was sicherheitstechnisch bestimmt eine Herausforderung ist. Die Secs arbeiten emsig mit Flatterband und starren Blicken. Wenns einmal doch brennen sollte, klemmen die sich sicher zwischen die einzelnen Stufen, damit die Gäste die Treppen runterrutschen können wie bei einer Flugzeugevakuierung. Es gibt auch einen Fahrstuhl, der würde dann aber vermutlich auch fix beflattert. Von wegen Backofen, Schnellkochtopf usw.
Musiziert wird also da oben in einem Raum, der einen irgendwie wie Tanzschule anmutet. Hoch, weit, aulamäßig beleuchtet, links eine Ausschankbretterbude, rechts eine, vielleicht eine für die Damen und eine für die Herren, und oben herum eine Art Balkon oder Empore. Recht schal, es sei denn, der geneigte Bürger, für den das Haus war oder ist, ist Square Dance-Enthusiast.
Herr Mechenbier und Herr Paulus mögen einander doch, oder? Die Frotzeleien sind bestimmt nur Spässeken, Sprücheklopferei und Stimmungsmache. Wobei die leider etwas verpufft vor Ort. Jedoch wird schön gesungen und geschrammelt. Verspätete Assoziation zu Herrn Mechenbiers wiederholter, nicht ganz unberechtigter Befürchtung, er sei vom gestrigen Bier noch aufgedunsen: Dudelsack.
Mönchengladbach, Düsseldorf und jetzt also Köln. Und egal, ob draußen im Staub, versteckt in einer OT in einem Vorortwohngebiet oder nun im Sehrhochparterre - alles so wie bekannt und alles so gut. Schönes bleibt, SWR 4 hat wie immer recht. Und Gott sei dank betriffts hier Acht Eimer Hühnerherzen, die so da, wie sie ursprünglich dieser Welt erschienen sind, und hoffentlich ohne irgendwelche Überraschungen auch stets bleiben. Keine Eskapaden, keine chaotischen Experimente, sondern hochpräzise echtholzbasierte Lieder (sic!) und wohltuend Vertrautes. Dreißig Mal ists nervenbalsamierend geläufig und sowas von herrlich egal, von welcher Platte. Kennste eine, kennste alle – das ist hier nix Blödes, sondern unbedingt super!
Was das hier für eine Gegend ist, wird dann erst spät in der Nacht klar. Neben den Camp David-Figuren und den Sportgetränken auch blankgewichste Museen, was Boulevariges und Häuser, die architektonisch vielleicht, statisch aber so gar nicht funktionieren sollen. Und knapp zwanzig Schleifen fürs Hightechparkhaus, lovely. Deutlich günstiger alles zusammen natürlich als ein Gang zum Heilpraktiker und beileibe wirkungsvoller.
Die zehn Minuten sind um. Ich leg mich wieder hin.
Philipp "Der Rheydter der Apocalypse" Nussbaum
(hat auch alle Fotos hier gemacht)
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