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Donnerstag, 1. Mai 2025
Schön, wenn das Internet mein Herz bricht Pt. IIIX
CHRIS IMLER: THE INTERNET WILL BREAK MY HEART
“The Internet Will Break My Heart”: Der Titel und gleichnamige Start-Track weist den Weg in Chris Imlers neues Album, das vor wenigen Wochen auf dem Berliner Label Fun in the Church erschienen ist. Gekonnt und facettenreich bewegen sich die neun Songs im Spannungsfeld der Digitalisierung, die unseren Alltag oft intensiv durchdringt.
Im Titel-Track bringt der Dandy unter den Soundtüftlern die latente Überforderung und Entfremdung auf den Punkt, die mit ständiger Verfügbarkeit und WWW-Überfülle das wahre Leben prägt: “Ich umarme fremde Leute / Ich verliere meine Freunde / Ich erkenne sie nicht mehr wieder / Ich höre 100.000 Lieder.“ Wohin mit all dem Input? Kein Wunder, dass sich das singende Subjekt in Widersprüchlichkeiten verstrickt, wenn es an anderer Stelle heißt: “Ich will ja nicht nerven, aber ich muss / Ich will auf jeden Fall kommen, aber ich hab' keine Lust.”
Der treibende Stakkato-Rhythmus treibt auf die Tanzfläche, flirrende Sounds flattern herein, andere türmen sich rasch auf und flauen sanft wieder ab. Imlers Songs sind energetisch und entfalten ihre Dynamik im Wechselspiel ihrer Elemente – ob im Stop-and-go-Modus oder wie auf einer filmisch inszenierten Flucht wie in “Un Solo Corpo”.
Sein erzählerischer, monotoner Sprechgesang wirkt dabei als Konstante in unruhigen musikalischen Wechselbädern, in denen sich auch Momente der Stille einfinden. Auch ein Song wie “The Train Seems to Know Where I Go” lässt sich durchaus auch als Musikhörspiel charakterisieren, das beim Hören immer wieder überrascht. “Me Porn, You Porn” wiederum zitiert “Love Is a Battlefield” und führt mit soghaft vibrierenden Synthies in den Folterkeller der Lust.
“Agoraphobie” mit Naomie Klaus erfüllt mit sphärischem Sirren den Raum und verströmt melancholische, nervöse Vibes. Der titelgebende Begriff meint die Angst von Menschen vor Situationen, aus denen sie vermeintlich nicht entkommen können – etwa in Menschenmengen oder öffentlichen Verkehrsmitteln.
In “Let's Not Talk About The War” formuliert sich eine Sehnsucht nach der Zeit vor dem scheinbar allmächtigen Internet. Erinnerung statt webgesteuerter Gegenwart, aus der es kein Entrinnen gibt – höchstens in individualisierten Nischen, wie Imler im Schluss-Track “Boundless Love” formuliert: “Vielleicht sollten wir unsere eigenen Kanäle graben / unsere eigenen Sender und Empfänger haben”.
Bis es soweit ist, wird das hiermit empfohlene Album seine Hörer:innen vor allem weiter über digitale Plattformen erreichen. Oder auch live, denn Chris Imler ist auf Tour und – wer es noch nicht weiß: ein Energiebündel und Sound-Ereignis.
Stonebridge
Chris Imlers Album The Internet Will Break My Heart ist bei Fun in the Church erschienen erschienen.
Und auf Tour ist Mr. Imler in der nächsten Zeit auch noch:
10.05.25 Berlin, Säälchen (Release-Konzert mit Naomi Klaus)
15.05.25 London, New River Studios
17.05.25 Glasgow - Exit
Mehr Tourdaten gibt es hier.
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