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Dienstag, 3. Februar 2015

Von Lesungen und Geschlechtsorganen



In ganz eigener Sache ist zu Anfang des dienstäglichen Renfield-Posts auf eine Veranstaltung im Herzen Kreuzbergs hinzuweisen - die natürlich unmittelbar was mit der Renfield-Crew zu tun hat...

Am 07.02.2015 findet im Kremanski, Adalbertstraße 96, direkt am Kotti am Durchgang zur Dresdener Straße (an dieser Stelle bitte keine PEGIDA-Witze) eine Lesung von Gary Flanell und Alissa Wyrdguth statt. Gary liest Geschichten und Gedichte aus seinem (demnächst vergriffenen) Bestseller STUNTMAN UNTER WASSER. Alissa liest Geschichten und Gedichte,die noch kein Zuhause haben. Vielleicht gibt es sogar MUSIK!
Lassen wir uns überraschen.
Hier nochmal die grundlegenden Fakten:

SEID MAL STILL. UND HÖRT GUT ZU.
Lesung mit Gary Flanell & Alissa Wyrdguth
07.02.2015, ab 21 Uhr
@ Café Kremanski,
Adalbertstraße 96,
Berlin-Kreuzberg

Das an sich ist natürlich schon so geil, dass man's kaum bis zum Wochenende aushalten kann.
Noch viel geiler, sozusagen hyper-hyper-geil, ist aber die folgende Kolumne zu einem Thema, das uns alle angeht. Verfasst von einer Expertin, die sich im Rahmen ihrer akademischen Arbeit mit Schwänzen beschäftigt hat. Mit Penissen. Dem männlichen Glied. Schwengeln, Dödeln, Fleischpeitschen, Pimmeln, Beidln, Latten, Lümmeln, Piepmätzen, Schniedeln, Pullermännern, Muttermundkontaktbolzen, erhobenen Zeptern der Liebe und wie ihr es sonst noch nennen wollt.
Ursprünglich in RENFIELD Nummer 27 erschienen, packen wir dieses Highlight der letzten Ausgaben für alle Zu-Spätgekommenen nochmal hier auf den Blog.

All you ever wanted to know about circumcision but never dared to ask.
Von der Fachfrau für den Kenner.

Der Penis: Gegenstand pubertärer und postpubertärer Vergleiche und Kompensationen, Lieblingskritzelei auf Schulheften und fast jeder hat einen - so oder so.
Ich habe vor etwa einem halben Jahr angefangen, mich intensiv mit Penissen zu befassen. Quasi beruflich. Das ist nicht halb so anstößig wie es klingen mag, denn tatsächlich: der Anlass war eine wissenschaftliche Arbeit. Meine Masterarbeit.
Dieser Arbeit verdanke ich den weltbesten Partygesprächs-Opener: „Was machst du so?“ „Ich beschäftige mich mit Penissen“. Wer ein Faible für irritierte Gesichtsausdrücke hat, sollte das probieren. Frauen sind neugierig, Männer verunsichert. Aber jeder kann sofort einsteigen und mitreden (und wird das auch tun)! Ganz im Gegenteil zu meiner Bachelorarbeit, in der es um eine Kambodschanische Diktatur in den 1970er Jahren ging. Khmer Rouge? Kennt kein Mensch. Penis kennt jeder.


Doch dass meine Arbeit von Penissen handelt, ist nur die halbe Wahrheit. Denn das eigentliche Thema meiner Masterarbeit ist die Beschneidung. Ist die erste Irritation meiner Gesprächspartner verflogen, wähnen sie sich beim Penisthema wieder auf sicherem Boden, BÄÄM, bringe ich die Beschneidung ins Spiel. Während bei Frauen die Neugier in echtes, persönliches Interesse umschlägt (Was ist denn nun besser: Beschnitten oder unbeschnitten?), setzen die meisten Männer eine schmerzverzerrte Miene auf, als wollte ich ihnen höchstpersönlich mit einem scharfen Gegenstand zu Leibe rücken.

Besonders interlinguistische Gespräche fördern hier die absurdesten Geschichten zutage:
Ein amerikanischer Künstler, den ich von gelegentlichen Zusammentreffen kenne, fragte mich bei einem solchen Treffen, nach dem Thema meiner Masterarbeit. Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich die richtige englische Bezeichnung kenne und fragte ihn, ob es im Englischen den Begriff „Circumcision“ gebe. Sein irritierter Blick und die vorsichtige Antwort „There is. But I really dont’t know if you mean what you’re saying....“ bestätigten, dass ich goldrichtig lag. Inspiriert von diesem Wortwechsel verstrickten wir uns in einen Diskurs über sprachliche Missverständnisse. Dieser gipfelte in der Geschichte, wie er in seiner Anfangszeit in Berlin nach einem Fahrradunfall in eine Bar stolperte und in gebrochenem Deutsch fragte, ob er einmal die Toilette benutzen dürfe. Mit wirrem Haar, völlig verdreckt und wild gestikulierend erklärte er, er habe „bis zum Ellenbogen in eine Fotze gefasst“. Was er eigentlich sagen wollte war: er war bis zum Ellenbogen in einer Pfütze gelandet.
Zurück zur Beschneidung. Die kann, wie gesagt, unterhaltungstechnisch so einiges. Nach einer halbjährigen Probezeit, in der sie sich auf Partys wirklich gut bewährt hat, könnte ich es nun einmal mit Familienfeiern versuchen. Aber das ist eine andere Geschichte. Wer das auch mal ausprobieren möchte: Ich habe eine Liste mit 10 interessanten Fakten zur Beschneidung zusammengestellt, mit denen man auf dem Event seiner Wahl wunderbar glänzen kann. There you go.

10 Fakten zum Thema Beschneidung mit hohem Partygesprächspotential:
1. Etwa ein Drittel der männlichen Weltbevölkerung ist beschnitten.
2. Bei Neugeborenen wird die Beschneidung oftmals ohne Betäubung durchgeführt.
3. Zu den Nebenwirkungen der Beschneidung gehören unter anderem Penis-deformation, Zeugungsunfähigkeit, Spaltung oder Amputation der Eichel und Tod.
4. Die Vorhautverengung, die von Ärzten oft als Indikation zur Beschneidung angegeben wird, bildet sich oftmals bis zum 13. Lebensjahr von ganz alleine vollständig zurück.
5. Bereits die alten Ägypter praktizierten die Beschneidung.
6. Einige indigene Volksstämme in Australien praktizieren neben der Beschneidung auch die Subinzision – die Spaltung der Unterseite des Penis, inklusive der Harnröhre.
7. Muslime stellen mit knapp 70 % die größte Gruppe beschnittener Männer dar – obwohl die Beschneidung im Koran nirgends als religiöse Pflicht erwähnt wird.
8. In Deutschland ist die Beschneidung die bei Jungen am häufigsten durchgeführte Operation 9. Das 2012 erlassene Beschneidungsgesetz ist verfassungswidrig.
10. Es verstößt gegen Art. 3 des GG, nachdem alle Menschen vor dem Gesetz gleich, und Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Da die Beschneidung der männlichen Vorhaut per Gesetz erlaubt wurde, müsste demnach gleiches für die weibliche Klitorisvorhaut gelten.

Text: Nora Zu Pan

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