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Samstag, 6. Januar 2024

Schön wenn Garagepunks noch Garagepunk machen Pt. XIIX


Japanischer Garage-Punk hatte schon immer eine ganz eigene Faszination. Das lag sicher zum einen an der für europäische Hörer recht überdrehten Performance
und nunja, grellen, fast comicartigen Interpretation von Rock'n'Roll und Punk. Das hatte und hat immer großen Unterhaltungswert, dafür muss man sich nur mal auf einen Gig von GUITAR WOLF begeben. Und sicher liegt's manchmal auch an den Lyrics, die oft gar nicht zu verstehen waren, selbst wenn klar war, dass da irgendwie auf Englisch gesungen wurde. Was aber auch wieder egal war, denn: Einen Scheiß drauf geben, ob dich jemand versteht oder eben auch nicht nicht, das war Punkrock.

Neben GUITAR WOLF gab es noch die in den 90ern recht präsenten TEEN GENERATE aus Tokyo, die unzählige Singles und LP's auf Labels wie Crypt oder Estrus rausgebracht haben. Wer "Wild Zero", das Rock'n'Roll-Wunderwerk im Filmformat, gesehen hatte, der kannte auch diese Garage-Punks.
Was aus denen geworden ist? Gebe zu, dass ich mich das in den letzten Jahre kaum gefragt habe. Die werden schon irgendwo sein, aber eben nicht in meiner Lebenrealität, dachte ich.

Eine hübsche Überraschung, dass nun die ANGEL FACES (nicht zu verwechseln mit der ähnlich klingenden französischen Band aus den 80ern) um die Ecke kommen, denn damit schließt sich der Kreis zu TEENGENERATE. Deren Gitarrist Fink hat nämlich, so scheint es, eine neue Crew um sich geschart und jetzt haut man gleich mal ein knackiges Album und eine 7inch raus.
Musikalisch ist klar, wohin es geht, die machen jetzt keinen Glee-Doom oder experimentellen Wurst-Wave. Sehr frischen Garage-Rock präsentiert man. Als wäre es immer noch Mitte der 90er, die Lederjacke und das Ramones-Shirt in Größe M würden immer noch passen und Chucks wären immer noch das, was als Gesundheitsschuhe durchgehen würde.
Die Gitarre klirrt wunderbar schrammelig-dünn und früh-punkrockig, eigentlich alle Songs haben ein ordentliches Tempo und der Gesang von Hercules (SO muss ein*e Sänger*in heißen! Eigentlich sollte es in jeder fuckin' Garageband eine Person namens Hercules geben. Grüße an dieser Stelle an die Cockbirds. Habt alles richtig gemacht.) ist angenehm struppig.


Bei manchen Chören muss ich glatt an müllige TOY DOLLS nennen, ohne dass der Gesang zu Olga-esk wird. Ansonsten regieren Ramones-Riffs und - TEEN GENERATE-Beats, alles schön billo, aber nie so lederartig finster wie GUITAR WOLF, sondern sehr gut gelaunt, also wie gemacht für eine richtig geile Punkrock Party. Bei "I can't stop" gönnt man sich sogar eine Reminiszenz an Chubby Checkers Twist - twistig wird's dann aber doch nicht.
Das schöne ist nun einfach, dass das zwar alles wieder erkennbar ist, aber soviele Bands, die diesen Stiefel fahren, gibt's auch nicht mehr. Von daher große Freude, dass Fink und seine Bande am Start sind. Fast schon beruhigend sowas. Hoffentlich gibt's ANGEL FACE bald mal live zu sehen. Ich komm dann rum.

C auf der 26,5-teiligen bewertungs-Skala aus dem Renfield-Universum.

Gary Flanell

Das selbstbenannte Debut-Album vom ANGEL FACE ist auf Slovenly Records erschienen.

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