Afropunk.com ist sicher eine der interessantesten Communities, die es im Netz gibt. Nicht vom quasi-exotischen Standpunkt eines Weißbrotes aus, wie ich eines bin. Das ist ja auch scheißegal, ob ich ein weißer Typ bin, der das gut findet. Vielmehr mag ich AfroPunk, weil die Menschen dahinter regelmäßig sehr gute und spannende Themen rund um Musik, Kunst, Subkultur und Politik (insbesondere wenn es um Rassismus und Sexismus geht) bearbeiten, alles eben alles aus der Sicht von und für PoC - und für Menschen, die mit ihnen sympathisieren udn sich für ihre Belange interessieren. Recht regelmäßig stellt die AfroPunk-Crew dazu noch ein Mixtape auf Soundcloud zusammen. Mittlerweile ist man der 27. Mix am Start und ich kann das Ding nur wärmstens empfehlen. Nicht nur, weil Ice-T und Body Count einen hübsch knalligen Anfang machen.
Dieses Blog durchsuchen
Donnerstag, 9. März 2017
Mittwoch, 8. März 2017
Schön, wenn (junge) Menschen Musik machen Pt. V
Greg Graffin - Millport
Es gibt da dieses seltsame Internetphänomen, bei dem irgendwelche Witzbolde Justin-Bieber-Songs um 800% verlangsamen und das so Erschaffene dann bei Youtube hochladen. Warum es gerade 800% sein müssen, bleibt unklar. Ist es irgendein Code, ein seltsamer Insider-Witz oder macht allein die absurde Vorstellung dieser Verlangsamung den Gag aus? Ich weiß es nicht. Beziehungsweise war ich mit wichtigerem beschäftigt, als das jetzt wirklich mal zu recherchieren. Justin Bieber hört sich in Super-mega-Monsi-Monster-Slo-Motion überraschend gut an. Natürlich ist vom Original eigentlich gar nichts mehr zu verstehen, der Song löst sich fast in Langsamkeit auf und verwandelt sich in irgendwas sehr seltsam sphärisches, das gut zum Vorglühen für ein SunnO)))-Konzert passen würde.
Als hier auf meinem Rechner also derart zum ersten Mal überhaupt was von Justin Bieber lief und mir diese Sache mit der Verlangsamung sehr gut gefiel, dachte ich an das neue Greg Graffin-Album. Es wäre natürlich ein eher lahmer Joke, wenn man annehmen würde, dass der gute Greg darauf irgendetwas auffahren könnte, was wie eine 800% langsamere Version von BAD RELIGION klingen würde.
Obwohl... so schlecht wäre der Witz nicht. Es wäre ehrlich gesagt ziemlich überraschend. Aber das mit der Überraschung ist bei Greg Graffin so eine Sache.
(Fun Fact am Rande: Wenn Greg nicht gerade als Evolutionsprofessor arbeitet, ist er doch wirklich Sänger der über jede Kritik erhabenen Melodycore-Urzeitechsen BAD RELIGION. Verrückt, ich weiß, aber so steht es geschrieben. Nicht nur hier.)
Alle neun bis zehn Jahre scheint der Turnus zu sein, den Graffin für ein Solowerk braucht. 1997 erschien "American Lesion", 2006 dann "Cold als Clay" und jetzt, es sind auch schon wieder elf Jahre ins Land gegangen, das dritte, "Millport". Es ist dabei kein großes Geheimnis mehr, dass er auf diesen Soloplatten seiner Leidenschaft für alten, sehr alten Country und Folk freien Lauf lässt. In dieser Hinsicht ist Millport (übrigens eine winzige Stadt auf einer winzigen Insel in Schottland. Und wahrscheinlich auch der Name von 20 winzigen Käffern in den USA, wo man noch glaubt, dass Donald Trump Amerika wieder groß machen wird. Noch so ein Fun Fact. Vielleicht auch einfach Fake News.)
Kennt man Graffins frühere Platten, ist Millport eigentlich genauso überraschend wie alle Bad Religion-Alben nach AGAINST THE GRAIN: Nämlich gar nicht. Es gibt viel Country und Folk, manchmal gemischt mit sehr mainstreamtauglicher Rockmusik. Den Überraschungseffekt dämpft auch die Tatsache, dass man Graffins typische Gesangsmelodien, (genau die, die er auch auf all den B.R.-Platten drauf hat) auch hier findet, nur eben mit reduzierter Instrumentierung.
Wenn so ein gestandener Punkrocker eine Countryplatte raushaut, sollte man nicht erwarten, dass dabei automatisch ein etwas alternativ klingendes Americana-Album rauskommt.
Eher das Gegenteil ist der Fall und das ist vielleicht das Problem, dass ich mit "Millport" habe: Die meisten Songs sind so glatt und unauffällig, dass sie sicher auch ihren Platz auf einem Mainstream-Country-Sender zwischen Nashville und ehm, Nashville finden können. Mit "Backroads on my mind" und "Shotgun" sind gleich zwei unglaublich glatt gespülte Countryrock-Songs dabei, die noch nicht mal zum ironischen Doch-gut-Finden taugen.
Selbst die erste Single-Auskopplung "Lincoln's Funeral train" ist so ein pathetischer AOR-Schieber, den nicht mal Mike Ness auf seinen Countryplatten gewagt hätte. Die Banjo-Stomper "Sawmill" und "Echo on the hill" könnten sich auch die DropkickMcKenzies in den Hafenstädten dieser Welt ausgedacht haben. Genau die Musik, mit der man mich aus jeder Kneipe treiben kann.
Etwas unerwartetes gibt es dann doch noch: Dass der Evolutionswissenschaftler Griffin bei "Time of need" mal ganz tief in die Gospelkiste greift, mit fetten Backgroundchören und ganz viel Pathos, überrascht dann doch. Bevor zuviel Schmalz die Festplatte runterläuft, schiebt er zum Glück mit "Making time" eine lockere Country-Popnummer nach, die mit E-Gitarren und fetter produzierten Schlagzeug auch in einem Bad-Religion-Set gar nicht auffallen würde.
Aber das sind zwei Stücke, die ganz ok sind. Insgesamt, vom Schaukelstuhl auf der Veranda betrachtet, wenn man also alle 10 Songs zusammen nimmt, ist Millport leider nicht die Platte, dass ich empfehlen würde, würde mich jemand bei einem Barbeque nach einem herausragenden Countryalbum von einem bekannten Punkrocker fragen. Dazu ist sie zu nett und zu unauffällig. Ein wenig zu beiläufig. Was mir fehlt, ist eine latent desperate Stimmung. Oder ein ätzender Punk-typischer Humor. Und was das betrifft, geht eigentlich nichts über Jello Biafras "Prairie Home Invasion"-Kollabo mit Mojo Nixon. Und das Ding ist schon 23 Jahre alt, herrje.
L wie Low Brow ist irgendwie anders auf der 26-teiligen Renfield-Rezensionsskala.
Gary Flanell
Greg Graffin - Millport
erscheint am 10. März 2017 auf ANTI- Records.
Es gibt da dieses seltsame Internetphänomen, bei dem irgendwelche Witzbolde Justin-Bieber-Songs um 800% verlangsamen und das so Erschaffene dann bei Youtube hochladen. Warum es gerade 800% sein müssen, bleibt unklar. Ist es irgendein Code, ein seltsamer Insider-Witz oder macht allein die absurde Vorstellung dieser Verlangsamung den Gag aus? Ich weiß es nicht. Beziehungsweise war ich mit wichtigerem beschäftigt, als das jetzt wirklich mal zu recherchieren. Justin Bieber hört sich in Super-mega-Monsi-Monster-Slo-Motion überraschend gut an. Natürlich ist vom Original eigentlich gar nichts mehr zu verstehen, der Song löst sich fast in Langsamkeit auf und verwandelt sich in irgendwas sehr seltsam sphärisches, das gut zum Vorglühen für ein SunnO)))-Konzert passen würde.
Als hier auf meinem Rechner also derart zum ersten Mal überhaupt was von Justin Bieber lief und mir diese Sache mit der Verlangsamung sehr gut gefiel, dachte ich an das neue Greg Graffin-Album. Es wäre natürlich ein eher lahmer Joke, wenn man annehmen würde, dass der gute Greg darauf irgendetwas auffahren könnte, was wie eine 800% langsamere Version von BAD RELIGION klingen würde.
Obwohl... so schlecht wäre der Witz nicht. Es wäre ehrlich gesagt ziemlich überraschend. Aber das mit der Überraschung ist bei Greg Graffin so eine Sache.
(Fun Fact am Rande: Wenn Greg nicht gerade als Evolutionsprofessor arbeitet, ist er doch wirklich Sänger der über jede Kritik erhabenen Melodycore-Urzeitechsen BAD RELIGION. Verrückt, ich weiß, aber so steht es geschrieben. Nicht nur hier.)
Alle neun bis zehn Jahre scheint der Turnus zu sein, den Graffin für ein Solowerk braucht. 1997 erschien "American Lesion", 2006 dann "Cold als Clay" und jetzt, es sind auch schon wieder elf Jahre ins Land gegangen, das dritte, "Millport". Es ist dabei kein großes Geheimnis mehr, dass er auf diesen Soloplatten seiner Leidenschaft für alten, sehr alten Country und Folk freien Lauf lässt. In dieser Hinsicht ist Millport (übrigens eine winzige Stadt auf einer winzigen Insel in Schottland. Und wahrscheinlich auch der Name von 20 winzigen Käffern in den USA, wo man noch glaubt, dass Donald Trump Amerika wieder groß machen wird. Noch so ein Fun Fact. Vielleicht auch einfach Fake News.)
Kennt man Graffins frühere Platten, ist Millport eigentlich genauso überraschend wie alle Bad Religion-Alben nach AGAINST THE GRAIN: Nämlich gar nicht. Es gibt viel Country und Folk, manchmal gemischt mit sehr mainstreamtauglicher Rockmusik. Den Überraschungseffekt dämpft auch die Tatsache, dass man Graffins typische Gesangsmelodien, (genau die, die er auch auf all den B.R.-Platten drauf hat) auch hier findet, nur eben mit reduzierter Instrumentierung.
Wenn so ein gestandener Punkrocker eine Countryplatte raushaut, sollte man nicht erwarten, dass dabei automatisch ein etwas alternativ klingendes Americana-Album rauskommt.
Eher das Gegenteil ist der Fall und das ist vielleicht das Problem, dass ich mit "Millport" habe: Die meisten Songs sind so glatt und unauffällig, dass sie sicher auch ihren Platz auf einem Mainstream-Country-Sender zwischen Nashville und ehm, Nashville finden können. Mit "Backroads on my mind" und "Shotgun" sind gleich zwei unglaublich glatt gespülte Countryrock-Songs dabei, die noch nicht mal zum ironischen Doch-gut-Finden taugen.
Selbst die erste Single-Auskopplung "Lincoln's Funeral train" ist so ein pathetischer AOR-Schieber, den nicht mal Mike Ness auf seinen Countryplatten gewagt hätte. Die Banjo-Stomper "Sawmill" und "Echo on the hill" könnten sich auch die DropkickMcKenzies in den Hafenstädten dieser Welt ausgedacht haben. Genau die Musik, mit der man mich aus jeder Kneipe treiben kann.
Etwas unerwartetes gibt es dann doch noch: Dass der Evolutionswissenschaftler Griffin bei "Time of need" mal ganz tief in die Gospelkiste greift, mit fetten Backgroundchören und ganz viel Pathos, überrascht dann doch. Bevor zuviel Schmalz die Festplatte runterläuft, schiebt er zum Glück mit "Making time" eine lockere Country-Popnummer nach, die mit E-Gitarren und fetter produzierten Schlagzeug auch in einem Bad-Religion-Set gar nicht auffallen würde.
Aber das sind zwei Stücke, die ganz ok sind. Insgesamt, vom Schaukelstuhl auf der Veranda betrachtet, wenn man also alle 10 Songs zusammen nimmt, ist Millport leider nicht die Platte, dass ich empfehlen würde, würde mich jemand bei einem Barbeque nach einem herausragenden Countryalbum von einem bekannten Punkrocker fragen. Dazu ist sie zu nett und zu unauffällig. Ein wenig zu beiläufig. Was mir fehlt, ist eine latent desperate Stimmung. Oder ein ätzender Punk-typischer Humor. Und was das betrifft, geht eigentlich nichts über Jello Biafras "Prairie Home Invasion"-Kollabo mit Mojo Nixon. Und das Ding ist schon 23 Jahre alt, herrje.
L wie Low Brow ist irgendwie anders auf der 26-teiligen Renfield-Rezensionsskala.
Gary Flanell
Greg Graffin - Millport
erscheint am 10. März 2017 auf ANTI- Records.
Abonnieren
Posts (Atom)