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Sonntag, 24. April 2016

Glückwunsch!


Mit Fanzines lassen sich eher schwer Preise gewinnen. Daran haben wir uns fast schon gewöhnt. Mit Hörspielen geht das schon eher.
Große Freude war deshalb im Renfield-HQ, als SubCult-Moderatorin Niki Matita, die auch regelmäßig für das Fachorgan für Krims&Krams&Rock'n'Roll schreibt, für ihr Hörspiel "LUX" den Publikumspreis in der Kategorie "Mikroflitzer" beim Berliner Hörspielfestival im Theaterdiscounter gewonnen hat.
Und sich gleich gegen die 14 von der Jury ausgewählten Mitbewerber durchgesetzt hat.

Zwei Bedingungen gab es für die Beiträge zum Mikroflitzer.
1. Durfte das Hörspiel maximal 60 Sekunden lang sein
und zweitens
2. musste es eine Schlagzeile der Titelseite der taz vom 1. April enthalten.

Anhören kann man sich "LUX" auf der Seite vom ersten Tag des Hörspielfestivals.
Haben die beiden hier auch schon gemacht...



Montag, 4. April 2016

Baboo, baboo!

The Baboons - The World is bigger than you

Alles Scheiße.
Wenn eine Rezension so beginnt, kann es eigentlich nur in zwei Richtungen gehen: Entweder ist die zu besprechende Platte wirklich totaler Mist und es fällt einem wirklich nichts anderes dazu ein. Oder man baut als Leser auf das retardierende Moment. Hofft, dass der Schreiber sich einen coolen Spannungsbogen ausgedacht hat. Einen Bogen, der von dem miesepetrigen Anfang zu einer total guten Kritik führt. Eine, in der sich am Ende alle lieb haben, in die Arme fallen und dazu läuft, als fiktiver oder ganz realer Soundtrack, die Platte, aus den Boxen, um die es im Text geht.

Bei THE BABOON SHOW, dieser Punkrock gewordenen Version von ABBA, ist es schwer, einen spannenden Rezensionsplot aufzubauen, der bis zum Ende durchhält. Dazu sind sie einfach zu nett und ihre Platten sind nie wirklich schlecht. Dafür werden sie ja auch geliebt. Sieben Platten haben sie seit 2005 draussen, Respekt vor soviel Output in recht kurzer Zeit. Denn die letzte Platte ist gerade mal zwei Jahre raus, dazwischen wurde nicht wenig getourt. Den Schwung der letzten Platte hat man dann mitgenommen und ist fix wieder ins Studio gegangen.



Und wie das bei schwedischen Bands so ist, sind sie alle so wirklich gut. Gut an ihren Instrumenten, gut im Songwriting, gut bei den Konzerten, sympathisch in den Interviews, selbstverständlich besteht die Band zur Hälfte aus Frauen (und es wird nicht mit dem peinlichen Spruch "Punk with female vocals" geworben) und die Videos zeigen, wie viel Energie in dieser Band steckt.
Sie sind also gut in allem. Damit reihen sie sich eigentlich in die Generationen von Punkbands ein, die eigentlich schon immer aus Schweden hier rüber schwappten.
Ihr seht, ich suche wie ein Wilder nach einem Makel an "The World is yours", aber es findet sich keiner. Gäbe es den Punkrock-ESC, THE BABOON SHOW wären sicher immer heiße Anwärter auf den Sieg.



Einzige wichtige Prämisse, um diese Platte gut zu finden: Man muss halt auf Rockmusik stehen. Denn das ist es nun mal, was sie machen. Punkrock mit Betonung auf Rock. Simpel und fix gerade aus, mit einer Sängerin, die Cecilia heißt und eine gut röhrendes Organ hat. Wäre Bonnie Tyler in den 80ern im besetzten Haus großgeworden, würde es genauso klingen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass THE BABOON SHOW simpel gestrickt sind. Aber das Problem, das ich mit ihnen und auch anderen Punkrockbands habe, ist: Es wird nicht viel Neues ausprobiert.

Die Songs sind kämpferisch und bringen live bestimmt den gesamten Club zum Beben. Aber es ist auch schnell klar, wie der Hase läuft, bzw. wie all diese Songs angelegt sind. Im fast immer gleichen Tempo und Rhythmus peitscht die Band durch die Songs, ebenso wie es Rockbands machen. Beim ersten Song "Class War " ist es noch ganz hübsch anzuhören, dass er in 1:47 durchgeknattert wurde. Beim darauffolgenden "I will go on" bleibt noch der kämpferische Refrain hängen, danach folgt solide Nicht-Unterscheidbarkeit. Aber genau das wird als Qualitätsmerkmal verkauft. Da ist es schon ein Point of interest, dass der Björn von MANDO DIAO dieses "schnörkellose und pure Punkrockalbum" (Zitat Infoschreiben) produziert hat und beim finalen Countdown "Lost you in a second" mit Cecilia ins Duett geht.



Was mich zum nächsten Punkt bringt: Die zitierte Schnörkellosigkeit. Warum ist das ein Qualitätsmerkmal und seit wann? Und sollte man als Band wie THE BABOONSHOW nicht nach sieben Platten mal Bock haben, ein paar Schnörkel einzubauen? Ich liebe Schnörkel im Punkrock. Deshalb sind einige meiner Lieblingspunkplatten die späten Werke von KINA, die "Grand Fury"Platte von den BELLRAYS, oder die "Get better"-LP von LEMURIA.

Das sind Punkplatten, die nicht so ganz simpel rüberkommen, bei denen immer noch eine gewisse Vielfalt am Start ist. Ich erwarte von keiner Punkband, dass sie bei der zweiten Platte gleich auf Krautrock umsteigt, aber seit wann schließen sich Punk und die Offenheit, mal was neues auszuprobieren so dermaßen aus? Vielleicht doch schon seit dem Ende der SEX PISTOLS? Ich befürchte schon.



John Lydon hat in seiner 2015 erschienenen Biografie "Anger is an energy" die Frage aufgeworfen, warum er denn die RAMONES brauche. Schließlich hätte er ja schon STATUS QUO. Etwas ketzerisch könnte man ähnlich fragen, wozu man 2016 noch zig Punkrockbands braucht, denn man hat ja schon die RAMONES. Eventuell weil immer neue junge Punkrocker nachwachsen und für die sind eben jetzt gerade THE BABOON SHOW die Punkrockerweckung sind. Sollen sie haben. Denn zum Abfeiern und SichmaldenKopfdurchpustenlassen ist dieses siebte BABOON SHOW-Platte definitiv gut geeignet. Nuff said.

(H wie Hatten was schon mal, aber schlecht ist das nicht, auf der von A bis Z reichenden Renfield-Rezensions-Skala)

"The world is bigger than you" ist am 11.03. 2016 auf Kidnap Music erschienen.

Gary Flanell