Donnerstag, 10. Oktober 2024

Schön, wenn junge Leute Musik machen Pt.LXL

Manchmal langweile ich mich fürchterlich, wenn ich mich mit aktueller deutschsprachiger Musik beschäftige. Klingt alles nach dem gleichen Scheiß, nichts dabei, was die Wurst vom Teller zieht. Ist vielleicht auch das Ältere-Mann-Syndrom. Scheiß Punk. Viel gehört, viel gesehen, auf so einem snobby Kissen der Erwartungshaltungen ist es gar nicht so leicht, aus der dunklen Zelle der gepflegten Tristesse in den Palast der Euphorie getragen zu werden. Auf einer Sänfte, geschnitzt aus wohlriechenden Intarsien aus Aufregung und Neugier. Getragen von wohlgelaunten Einhörnern mit Regenbögen an den Hufen.

Aber diesmal ist es so. Gleich zwei Bands, die mindestens einen guten Song auf deutsch rausgepumpt haben. Ob das reicht, die ganze Platte zu kaufen? Ich weiß es nicht. Aber zwei gute Songs sind eine Menge wert, in Zeiten totaler Unübersichtlichkeit.

Da wären zunächst mal BASSED mit "Deutsche Praktiken". Geiles Intro mit hübscher Nikel-Pallat-Hommage, Song danach auch super. Haben die viel "Die Sterne" und anderes Hamburger-Schule-Zeug in Augsburg konsumiert? Klingt jedenfalls so. Guter Text, sehr tagesaktuell in Bezug auf den Rechtsruck und dazu gibt es ein schickes Video und ein cheesy Gitarrensolo am Ende. Wenn damit genug Leute erreicht werden, sehr gerne mehr davon.



Wir erinnern uns: Ich schrub von zwei Bands. Bevor ich mich wieder dorthin zurückziehe, wo den ganzen Tag aus Nostalgiegründen der Bro-Hymn-Remix von BASSNECTAR läuft, also hier das nächste Überraschungs-Ei.

Der Bandname ist nicht so ein Catcher, aber die Musik ist es: Die Rede ist von THE BACKYARD BAND. Das klingt wenig einfallreich oder gar experimentell, aber - solide. Scheinen diese Jungs (alles Jungs, auch im Video) auch zu sein. Erdige Typen, die völlig altmodischen Boogie-Garage-Punk-RocknRoll spielen. So Zeug, was komplett aus der Zeit gefallen ist. Dazu manchmal auch, und das ist das Schöne, Texte auf Deutsch. Kerniger Rock'n'Roll mit deutschsprachigen Texten, die Kombi ist schon wieder so alt, dass man sie für innovativ halten könnte. Ist sie natürlich nicht. Hol das Ouija-Board raus und frag Opa.

Hörbeispiel 1: Der sehr gute Song "Haltet einfach mal die Fresse". Und ja, wir bewegen uns hier in einem homosozialen Raum, also nur junge Männer, die auch sehr maskulin auftreten. Eine Truppe, die nur aus Jungsfreunden besteht, gemeinsam imm Proberaum abhängt und dort eben jungsmäßigen, angeprollten Quatsch macht. Klischee, Klischee, I know.
Aber ich denke, das sind welche von den Guten. Und "Haltet einfach mal die Fresse" singe ich schnell mit, weil auch hier gerade aktuelle Konflikte auf sehr alltagsnahe Weise thematisiert werden. Ist außerdem so eloquent, dass ich manchmal an den guten alten Dendemann denken muss. Ganz andere Mucke, ich weiß, aber so vom Gefühl under Rotzigkeit, die drin steckt,sehe ich Parallelen.

Die ganzen hard facts um das Album, welche Prominenz da wie und wann im Studio mitgeholfen hat - fuck it, diese Infos kriegt ihr auch so schnell raus.



Gary Flanell

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