BURNOUT OSTWEST - Bremer Schule
„Zehn Minuten“, sagt Gary, „Zehn Minuten, stell dir am besten die Uhr. Und wenn der
Alarm bimmelt, ists fertig.“ Nun denn also, was Gary sagt, ist wahrscheinlich kein Gesetz,
aber sicherlich ein prima Ratschlag, den man beherzigen und es einfach mal ausprobieren
kann.
Unpacking the Wundertüte. Es grüßt zunächst Golden Press aus Bremen und wirbt ins
Frühjahr 2024 vorschauend für einen neugierig machenden Katalog namens „Was soll das
Ganze?“, in dem anscheinend u. a. der Druck „Kunst bleibt beschissen“ zu finden ist.
Paradestart.
Dann erst einmal die Rückseite der Platte erwischt, mit ISBN-Nummer, dem
Hinweis, dass die Stadt Würzburg das Teil nicht gefördert hat und einer Liste von zehn
kryptischen Liedtiteln, die mal so wunderbar gar nix besagen. Mitgemacht und umgedreht.
Abrissszenenbildchen, Bandname, Titel und ein Als-ob-Aufkleber als Als-ob-Reklame oder
vielleicht auch nur, weil er gelb und auch ein krakeliger Fußball drauf ist. Und nun?
Zunächst mal auf den Moment warten, weiter müßiggehen und sich dabei nicht davon
beeindrucken lassen, dass auf der einen Seite Kati und Steffi per Alexa mit Udo Jürgens
den Sommer beschallen und auf der anderen Seite Achim nach vorherigem Dauerbetrieb
von Kärcher, Rasenmäher, Vertikutirer, Fön (?) und Knattermann 5000 nun die heimlich
besorgte, dann grinsend verlegte Russischweißeichenterrasse dauer- und dauer- und
dauer- und dauer- und dauerelektroschmirgelt, während vorne jemand unendlich baggert,
weiter hinten ein anderer seinen kläffenden Miniköter anschreit und oben drüber heulend
ein Bummsurlaubsbomber fliegt.
(Anm. d. Setzers: Glaube, dass man Bumsurlaubsbomber nur mit einem M schreibt, bin aber nicht ganz sicher, also lass ich das so stehen.)
BURNOUT, meintwegen sogar OSTWEST, so geht das auch, nicht mehr als nur kurz um
sich herumgehorcht und dabei noch nicht einmal weiter hochgerechnet, dass das alles
allenfalls ein klitzekleiner Ausschnitt von allem anderen heutigen Unglaublichen und
Nichtwahrseindürfenden ist.
„Heutzutage! Heutzutage!“ Widerstand! Nämlich die eigene
Lautstärke über den letzten Widerstand hinaus gedreht und dann im Sinne von „Haltet
doch alle mal bitte kurz eure Schnauze!“ zurückgedröht. Geht per Bremer Schule prima!
Allenfalls zwei Instrumente, eins davon ein Keyboard mit enervierendem NDW- oder
Schülerbandsound, eine zeternölige Stimme und textlich ohne Punkt und Komma
Feststellungen zur heutigen Innen- und Außenwelt, bei denen eine Entscheidung, ob man
über sie lachen oder weinen oder sich empören soll, irgendwie nicht möglich ist – die
nämliche Voraortskakophonie wird plattgemacht. Kati brüllt irgendwann, ob das denn wohl
sein müsste. Achim keckert und will wissen, „watt datt dann is“. Und sogar der Flieger ist
weg!
Ich bin entzückt.
Nach Runde #4 der Scheibe gelingt es problemlos, in die sinnfreien Grölrefrains
einzustimmen. „Kein Gott, kein Staat, nur Hildegard!“ lasse ich die Nachbarschaft wissen,
die sich überwiegend nun jedoch in die abgedunkelten Wohnzimmer zurückgezogen hat
und dort lieber im Schatten verdörrt, als sich dieses unvermittelte, schnörkellose und
unglaublich eingängige musikalische Anmeckern und Aufbegehren weiter zu geben.
Müssen sie selber wissen, ich wäre jetzt in guter Laune durchaus gesprächsbereit und gar
gäbe ein Bier aus.
Kati, Steffi, Achim und die anderen sind austauschbar, ich bin es ebenfalls, Musiktherapie
à la BURNOUT OSTWEST ist heuer aber alternativlos.
Die zehn Minuten sind rum. Ok, sogar ein paar mehr, weil ich zu zwanghaft bin, die
Vertipper und in der Unendlichkeit verglühende Schachtelsätze so usselig stehen zu
lassen. Egal.
Kurzfazit: feine Platte, grob, ungeschliffen, nervend, aber dann doch wieder nicht nervend,
tatsächlich jeder Hit ein Treffer, wie auf dem Cover versprochen. Und ob das Ganze was
mit Team Scheiße zu tun hat, weiß ich tatsächlich nicht, weil ich die nach wie vor nicht
kenne.
Felipe Nogal
BURNOUT OSTWEST - Bremer Schule ist jetzt raus und gibt es online hier. und auf Vinyl hier.
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